Amprion reagiert nach Kritik Arndt Feldmann erklärt Konverter-Standort-Suche in Dorsten

Arndt Feldmann erklärt die Konverter-Standort-Suche in Dorsten
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Arndt Feldmann ist Gesamtprojektleiter für „Korridor B“ – eine geplante Stromleitung, die Windstrom ab Anfang der 2030er-Jahre von Norddeutschland nach NRW bringen soll. Kritik wurde in den letzten Tagen in Dorsten laut, weil Amprion in Nähe der Umspannanlage Polsum eine bis zu 15 Hektar große Fläche sucht, auf der ein Konverter den ankommenden Gleichstrom in Wechselstrom umwandeln soll.

Dass dafür landwirtschaftliche Flächen geopfert werden könnten, ärgert einen Anwohner, der im Planungsausschuss sagte: „Nach meiner Meinung gehört so etwas auf eine Industriebrache nach Scholven.“ Beim Uniper-Kraftwerk habe man eine solche Chance gesehen, sagt Feldmann: „Das Kohlekraftwerk sollte abgeschaltet werden und dieser durch fossile Brennstoffe erzeugte Strom durch erneuerbaren Strom, den Korridor B transportiert, ersetzt werden.“

Kraftwerk in Reserve gestellt

Es seien dazu auch intensive Gespräche geführt worden, „aber dann kam der Ukraine-Krieg dazwischen“. Aus Gründen der Netzstabilität sei das „Kraftwerk in die Reserve gestellt worden“. Ein Rückbau des Kraftwerks sei für Uniper damit erst einmal so nicht mehr möglich. Auch ein zunächst in Frage kommendes BP-Grundstück stehe nicht zur Verfügung, so Feldmann.

Auf einer Karte von Amprion ist um die Umspannanlage Polsum ein 5-Kilometer-Radius gezogen, innerhalb dessen nach Flächen gesucht wurde. Die markierten Potenzialflächen seien „nicht willkürlich ausgesucht“, sondern hingen von vielen Faktoren ab wie „Raumwiderständen“, so Feldmann. Siedlungen, Fremdleitungen, Naturschutzgebiete, technischer Umsetzbarkeit und mehr spielen dabei eine Rolle.

Sicherheitsabstände

Am liebsten würde Amprion den Konverter möglichst nah an das Umspannwerk bauen, was eine kürzere Anbindungsleitung zur Folge hätte. Aber laut Projektsprecher Tobias Schmidt gibt es in der Region viele Gas- und Ölpipelines, für die es Sicherheitsabstände gebe. Eine Verlegung dieser Leitungen sei vom guten Willen des Betreibers abhängig und mit zeitintensiven Genehmigungsverfahren verbunden.

Bei einer Fläche östlich von Altendorf, auf der Karte mit P8 gekennzeichnet, gebe es die Leitungsproblematik nicht, so Schmidt. Eine Entscheidung zugunsten einer Fläche ist aber noch nicht gefallen, sagt Feldmann. Man spreche mit Eigentümern und auch mit Uniper werde man noch einmal sprechen.

Enteignungen als letztes Mittel

Das letzte Mittel Enteignungen ist für Amprion immer die schlechteste Option. „Wir leben in einem Rechtsstaat und dafür gibt es, Gott sei Dank, hohe Hürden.“, erklärt Gesamtprojektleiter Feldmann. Auf der anderen Seite ist das „Korridor B“-Projekt von höchster Priorität. Wenn man keine Flächen erwerben könne, müsse es ein Planfeststellungsverfahren geben. „Diesen Weg streben wir aber nicht an. Wir suchen nach einer Lösung, die alle Parteien akzeptieren können und dabei rechtssicher ist“, so Feldmann.

Nicht verstehen kann der Altendorfer Ratsherr Andreas Vortmann (CDU), warum die Stromtrasse über Hunderte Kilometer als Erdkabel gelegt wird, aber vom Konverter zum Netzverteilpunkt Polsum eine Freileitung entstehen soll. Dahinter stecken laut Feldmann aber nicht die von Vortmann vermuteten „Knauserigkeitsgründe“.

Freileitung bei Wechselstrom

Der Grund sei, so Feldmann: „Das ist Wechselstrom.“ Der Gesetzgeber sehe für Gleichstrom-Leitungen Erdkabel vor. „Bei Wechselstrom soll man das als Freileitung bauen, außer bei Ausnahmetatbeständen.“ Dazu könnten etwa eine besondere Vogelart oder besondere geografische Gegebenheiten zählen“, so Feldmann. Eine Entscheidung sei in dieser Frage aber noch nicht gefallen.

Die Windader West soll Windstrom aus Norddeutschland ins Ruhrgebiet und zum Niederrhein transportieren.
Die Windader West soll Windstrom aus Norddeutschland ins Ruhrgebiet und zum Niederrhein transportieren. © Amprion

Neben dem „Korridor B“ könnte in rund zehn Jahren ein weiteres Großprojekt von Amprion den Dorstener Raum berühren. Mit „Windader West“ werden neue Leitungen bezeichnet, die Strom direkt aus der Nordsee (Offshore-Windparks) in den Westen Deutschlands bringen sollen. Projektsprecher Linus Dahm begründet die Notwendigkeit dafür mit dem künftigen Strombedarf, den allein „Korridor B“ mit insgesamt vier Gigawatt Kapazität nicht erfüllen können wird. Insgesamt acht Gigawatt soll die „Windader West“ zusätzlich transportieren: vier Gigawatt fürs Ruhrgebiet und vier für das Rheinland.

„Wir sind noch in einem sehr frühen Planungsstadium“, sagt Dahm, der noch keine endgültige Trasse präsentieren kann. Ob diese also durch Dorsten führen wird, ist noch völlig unklar. Das Raumordnungsverfahren soll im Frühjahr 2024 starten.

Konverter in Dorsten möglich

Ein Netzverknüpfungspunkt steht aber bereits fest: die Umspannanlage Kusenhorst bei Lippramsdorf im Städtedreieck Dorsten, Haltern und Marl. Auch dort werde ein Konverter gebaut werden müssen, sagt Dahm, wofür man in einem 10-Kilometer-Radius eine geeignete Fläche suche. Diese könnte auch in Dorsten liegen.

Im öffentlichen Teil der Sitzung der Ratskommission für Stadtentwicklung am 7. September ab 17 Uhr im Rathaus soll auch dieses Projekt neben dem aktuellen Stand beim „Korridor B“ vorgestellt werden. Wichtig ist Tobias Schmidt, dass Amprion stets ansprechbar sei. „Wer Fragen und Hinweise hat, kann jederzeit auf uns zukommen. Wir finden es besser, miteinander zu sprechen als übereinander.“ Infos und Ansprechpartner unter www.korridor-b.net.

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