Die Altendorf-Ulfkotter leben gern in ihrem Ortsteil. Allerdings wünschen sie sich mehr Einkaufsmöglichkeiten, vermissen eine bessere Verkehrsanbindung und mehr Angebote für Jugendliche.

Altendorf-Ulfkotte

, 16.04.2019, 05:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Familie Breil schätzt die guten sozialen Kontakte, die Gemeinschaft im Dorf. „Meine beiden Männer im Haus kennen hier wirklich jeden Trecker“, sagt Tanja Breil (45). Die Vertretungslehrerin und OGS-Pädagogin an der Kardinal-von-Galen-Schule ist in Altendorf aufgewachsen, „ich war hier immer fest verwurzelt, war immer in mehreren Vereinen aktiv“. Das habe sie geprägt, betont sie.

Diese Heimatverbundenheit, sie gilt auch für Ehemann Markus Breil (47), der jenseits des Erdbaches in Ulfkotte groß geworden ist: Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, Major im Schützenverein. „Dass hier jeder jeden kennt“, findet auch er gut, aber: „Es ist blöd, dass man für jedes Päckchen Zucker ins Auto steigen muss.“

Der Ortsteil-Altendorf-Ulfkotte aus der Luft betrachtet.

Der Ortsteil-Altendorf-Ulfkotte aus der Luft betrachtet. © Hater/Kleine-Vossbeck (LSV)

Tanja und Markus Breil - er ist Industriemechaniker und bei der hiesigen Firma „Agrarservice Nachbarschulte“ beschäftigt - leben mit Sohn Tim (18) und den beiden Töchtern Maja (15) und Tia (11) in Altendorf-Ulfkotte, im Jahr 2002 hatten sie auf dem Hof-Grundstück der Eltern von Markus Breil ein Haus gebaut. In der Ferne grüßt im Süden die Kraftwerks-Silhouette von BP/Ruhr-Öl, im Norden ist weit hinten die Hürfeldhalde zu sehen. „Stört uns nicht“, sagen die Breils, „mit dem Anblick sind wir aufgewachsen“. Und links und rechts der Straße ist eh alles schön grün.

Dass Altendorf-Ulfkotte schwer abseits vom Schuss und so ländlich liegt, das sorgt zum einen für gute Bewertungen in unserem Ortsteil-Check. Für die Sauberkeit im Dorf gibt es gute Noten, ebenso wie für die Sicherheit und die Ruhe. Es gibt wenig Autoverkehr im Dorf, aber es gibt Kritik von den Umfrage-Teilnehmern, was den Zustand und den Ausbau der Radwege angeht.

„Entlang der Altendorfer Straße Richtung Polsumer Weg müssen die Kinder direkt an der Straße fahren“, bemängeln auch die Breils. Das habe auch die Politik immer wieder moniert, erklärt der Dorstener CDU-Chef Ludger Föcker, der in Altendorf-Ulfkotte lebt: „Aber die zuständige Landesstraßenbaubehörde ist leider der Meinung, dass die Verkehrsbelastung zu gering für einen teuren Radwegebau sei.“

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bbbb © Verena Hasken

Gute Noten gibt es für das Sportangebot, „Fußball beim SV Altendorf, Tennis, Tischtennis, Mutter-Kind-Turnen, Reiterhöfe“, zählt Tanja Breil auf. Und da es hinterm Haus einen Reitparcous gibt, kann Tochter Tia dort auf dem Familienpferd „Münter“ ihre Runden drehen. Familienfreundlich sei das Leben im Dorf, allerdings: „Die Kindergartenplätze werden langsam eng“, weiß Pädagogin Tanja Breil. „Und das Wohnangebot könnte auch besser sein.“

Das Gemeinschaftsgefühl im Dorf wird groß geschrieben, wie hier beim Schützenfest.

Das Gemeinschaftsgefühl im Dorf wird groß geschrieben, wie hier beim Schützenfest. © Anke Klapsing-Reich.

Markus und Tanja Breil wissen von einigen, die gerne in Altendorf bauen oder eine Miet-Wohnung nehmen würden. CDU-Politiker Ludger Föcker weiß um die Situation. Er sagt aber, dass über die städtische Wirtschaftsförderung ein neuer Anlauf gestartet werden soll, das schon ewig geplante und bislang wegen ungelöster Grundstücksprobleme auf die lange Bank geschobene Baugebiet „Ortsmitte Nord“ endlich verwirklichen zu können.

„Altendorf muss größer werden“, fordert auch Steffen Schirmacher-Rohleder, anders sei die nötige Infrastruktur nicht zu gewährleisten. Er gehört zur neuen Führungsriege des Vereins „Altendorf trifft sich“, in dem sich Vertreter aller Vereine aus dem Dorf regelmäßig treffen und der seit anderthalb Jahren die Stadteilkonferenz organisiert. Die Initiative will nach seinen Worten demnächst konkrete Vorschläge vorstellen, wie das Dorfleben mithilfe von Förderprogrammen gestärkt werden könne.

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Denn dass Altendorf-Ulfkotte schwer abseits und so ländlich liegt, dass sorgt zum anderen auch für schlechte Bewertungen in unserer Umfrage. Zum Beispiel punktet Altendorf-Ulkotte in den Bereichen „Gesundheit“ und „Nahversorgung“ im Vergleich zu anderen Dorstener Stadtteilen unterdurchschnittlich.

Negativpunkte gab es wegen der Nahversorgungssituation: Altendorf hat keinen Laden, sondern nur eine Bäckerei.

Negativpunkte gab es wegen der Nahversorgungssituation: Altendorf hat keinen Laden, sondern nur eine Bäckerei. © Michael Klein

Zwar hält im Gebäude der Mehrzweckhalle seit geraumer Zeit ein Arzt zweimal die Woche Sprechstunden ab, „aber wenn die Kinder oder man selbst an einem der anderen Tage Fieber oder was anderes hat, kann man ja nicht immer warten, bis er wieder offen hat“. Und beim Einkaufen sieht es auch nicht besser aus. „Wir haben zwar eine Bäckerei im Ort, aber mittags hat die leider zu“, sagt Markus Breil.

Das wurde positiv bewertet

Die Lebensqualität: „Das wundert mich nicht“, sagt Markus Breil über die 9 von 10 Punkten, „durch die Vereine hier wird eine Menge für die Leute geboten“. Er nennt es „Feiern für den guten Zweck“, denn oftmals werden die Überschüsse in soziale oder andere Dorf-Aktivitäten gesteckt - wie zuletzt das Frühlingsfest. Alle drei Jahre findet das Schützenfest statt, und um die Zeit dazwischen nicht zu lang werden zu lassen, organisiert der Schützenverein noch weitere Veranstaltungen wie das Bataillonsfest oder das Kinderschützenfest. Die elfjährige Tia Breil ist amtierende Kinderschützenkönigin, ihre Schwester Maja war eine ihrer Vorgängerinnen.

Doch das ist noch lange nicht alles. Denn der Verein „Altendorf Ulfkotte trifft sich“ organisiert auch zahlreiche Veranstaltungen im Dorf: Das Altendorfer Wintermärchen mit Weihnachtsmarkt und Rodelbahn, den begehbaren Adventskalender der Kolpingfamilie und den „Tag des Vorlesens“, an dem alle Akteure im Dorfe beteiligt sind. Kulinarisch geht es beim Dorffrühstück zu. Die benachbarten Landwirte versorgen das Dorf und seine Gäste mit Leckereien aus ihren Betrieben.

Die Grünflächen: 10 und 10 Punkten, Bestwert. Das liegt sicherlich auch daran, dass seit geraumer Zeit der Dorfpark nahe des Sportplatzes Zug und Zug zum Schmuckstück entwickelt wird. Einen Kritikpunkt aus unserer Umfrage will der Verein „Altendorf trifft sich“ aufnehmen „Wir wollen den Bolzplatz dort wieder vernünftig herrichten“, so Steffen Schirmacher-Rohleder.

Für die Grünanlagen im Ortsteil gibt es Bestnoten, was sicher auch am Dorfpark liegt.

Für die Grünanlagen im Ortsteil gibt es Bestnoten, was sicher auch am Dorfpark liegt. © Michael Klein

Wenn in ein paar Jahren der geplante Erdbach-Grünzug quer durch den Stadtteil geht, soll Altendorf-Ulfkotte um eine weitere attraktive Fläche reicher sein. Und dann ist da ja noch die Hürfeldhalde, die RAG und RVR als Bauschutt-Deponie nutzen wollen. „Doch die Politik im Ortsteil ist dagegen“, sagt Sephan Erbe aus dem Altendorfer SPD-Vorstand: „Wir wollen, dass die Bürger die Halde so schnell wie möglich als Naherholungsgebiet nutzen können.“

Das wurde negativ bewertet:

Angebote für Jugendliche: „Das ist hier halt ein Dorf“, sagt Tim Breil (18). Er studiert inzwischen in Osnabrück Agrartechnik, kommt jedes Wochenende zurück nach Hause. Da die Aktivitäten für die Jugend in Altendorf eher mau sind, ist er mit Freunden selbst aktiv geworden: Auf dem elterlichen Hof eines Freundes hat sich seine Clique einen Raum ausgebaut, in dem die Gruppe regelmäßig trifft.

„Ansonsten müssen Taxi Mama oder Taxi Papa ran“, sagt seine Mutter Tanja Breil. Vor allem wenn die ältere Tochter Maja sich in Dorsten mit ihren Schulfreunden vom Gymnasium Petrinum trifft oder zu ihrem Tanztraining nach Marl muss. St. Ursula-Realschülerin Tia (11) betont, dass sie mit den einmal monatlich stattfindenden Veranstaltungen des Jugendtreffs im Pfarrheim „sehr zufrieden ist“. Demnächst stehen eine Radtour, Minigolf und eine Rallye durchs Dorf an.

Verkehrsanbindung: Mit dem Auto geht es schnell nach Dorsten, Marl oder nach Gelsenkirchen, mit dem Bus wird es schon komplizierter. Tim Breil hat am Hans-Böckler-Berufskolleg in Marl sein Abitur gemacht, „das war schon schwierig, da hinzukommen“.

Die öffentliche Verkehrsanbindung mit dem Bus ist nicht besonders gut. Immerhin soll es bald einen Taxibus nach Marl geben.

Die öffentliche Verkehrsanbindung mit dem Bus ist nicht besonders gut. Immerhin soll es bald einen Taxibus nach Marl geben. © Michael Klein

Eine gute Nachricht für die Altendorfer wird sein, dass die Vestische demnächst auf Antrag des SPD-Ortsvereins in einer zweijährigen Testphase eine neue Taxibus-Linie zwischen Altendorf-Ulfkotte und Marl-Polsum einrichten wird - und zwar auf der Linienführung des jetzigen Schulbusses zwischen Altendorf und Polsum. „Von da aus kommt man dann gut nach Marl“, betont Stephan Erbe, „viele Altendorfer orientieren sich dort eher hin als nach Dorsten“.

Seniorenbetreuung: Dass es nur fünf Punkte gibt, verwundert unsere Gesprächspartner ein wenig. Tanja Breil verweist auf die Angebote der Kirchengemeinden, die mehrfach wöchentlich stattfinden, Ludger Föcker auf die Seniorengruppen, die sich regelmäßig zum Radfahren und anderen Aktivitäten treffen. „Und dann bieten wir ja auch den Senioren-Einkaufsbus zum Nahversorgungszentrum Händelstraße an“, betont Steffen Schirmacher-Rohleder: „Das werden wir noch ausweiten.“

Historie

134 Jahre lang Gehörte Altendorf-Ulfkotte zu Marl

Das Gebäude der ersten Schule in Altendorf.

Das Gebäude der ersten Schule in Altendorf. © Privat


Bereits im Mittelalter werden im Abgabeverzeichnis des Stiftes Xanten „Hulslar (später Ulfkotte) et Aldendorpe“ genannt. Mit dem Kauf einzelner Höfe wird die Stadt Dorsten im 15. und 16. Jahrhundert Grundherr in Altendorf-Ulfkotte. Um 1800 wird die erste Schule errichtet, die heutige Kardinal-von-Galen-Schule folgt 1966. Von 1841 an gehört Altendorf-Ulfkotte als selbstständige Gemeinde mit eigenem Bürgermeister zum neu gegründeten Amt Marl, kehrt aber 1975 im Rahmen der kommunalen Neuordnung in den Schoß der Stadt Dorsten zurück. Gleichzeitig kommt der frühere Kirchhellener Ortsteil Tönsholt zu Altendorf-Ulfkotte. 1988 wird die Mehrzweckhalle als Sport- und Veranstaltungsort eröffnet. (Quelle: Geschichtsstation Altendorf-Ulfkotte)