
Mitglieder des Baukreisels zeigten ihren Förderern am Mittwoch, was sie schon in der Einkaufspassage am Wulfener Markt an Wiederverwertbarem gefunden haben. © Petra Berkenbusch
Abriss-Gebäude in Wulfen: Was kann man noch gebrauchen?
Wulfener Markt
Stimmen und Steine sammeln Architektur-Studierende und Montessori-Schüler in dieser Woche am Wulfener Markt. Bevor die Ruine abgerissen wird, werden wiederverwertbare Materialien gerettet.
Muss das wirklich alles weg? Ist gar nichts mehr davon zu gebrauchen? Diese Fragen stellen sich in dieser Woche Architekten, Architektur-Studenten und Mädchen und Jungen der Montessori-Reformschule in der Bauruine Wulfener Markt. Und öfter, als der Laie erwarten würde, „bergen“ sie aus dem großen Komplex brauchbares Material, das an anderer Stelle wiederverwertet könnte, wenn sich Abnehmer finden.
Einer, der schon seit Wochenbeginn mit 24 Schülerinnen und Schülern vor Ort klopft und hämmert, ist René Höffken, Lehrer an der Montessori-Reformschule. „Mit unserer Schülerfirma beschäftigen wir uns ja mit Upcycling“, erläutert der Lehrer das Projekt. „Dafür suchen wir immer Material.“ Aber auch der Hausmeister der im Um- und Aufbau befindlichen Schule sowie die Kunstlehrerin hätten schon ihre Fühler nach einigen Dingen ausgestreckt.

Luca und Ole von der Montessori-Reformschule betätigen sich als „Steineklopfer“. © Petra Berkenbusch
Welches Material kann bei Levis verbaut werden?
Von einem Besucher versprechen sich die Initiatoren einen richtig großen „Deal“: Julian von Hodenberg entwickelt für das Unternehmen Delta den neuen Standort von Levi’s in der Wulfener Nachbarschaft. Er sucht nach Möglichkeiten, Teile des Abrissmaterials im Neubau des Jeanskonzerns wiederzuverwenden. Pflastersteine oder Geländer zum Beispiel, und damit eine Kreislaufwirtschaft für Gebäude anzustoßen.
Diese Idee findet auch Baudezernent Holger Lohse spannend: „Wir unterstützen die Idee gerne, die die Vereine Baukreisel, Ruhrmoderne und Stadtverbesserung hier in dieser Woche verfolgen. Wir werden auf Dauer zur Rettung des Klimas nicht daran vorbeikommen, auch beim Bauen mehr auf Nachhaltigkeit zu gucken.“ Eine Zukunfts-Vision, die nicht nur der Stadt, sondern auch der Sparkasse Vest eine Fördersumme für das Projekt wert war.
Schon beim Bauen an den späteren Abriss denken
Der Nachhaltigkeitsgedanke bewegt auch Jonathan Schmalöer vom Baukreisel. Der junge Architekt erklärt, dass das Wühlen im Abrissbau den Studierenden auch Erkenntnisse für Neubauten bringe: „Hier sind zum Beispiel die Terrakotta-Bodenplatten so fest verklebt, dass man sie teilweise nur mit dem Bohrhammer lösen kann. Dabei gehen sie jedoch oft kaputt. Hätte man sie damals von vorneherein anders verlegt, könnte man jetzt mehr von ihnen retten.“ Zum Beispiel für Levi’s.

Die blauen Lampen haben Wiedererkennungswert und wurden vorsichtig abmontiert. © Petra Berkenbusch
Aber auch Privatleute dürfen Material aus der Einkaufspassage nutzen. Am Samstag (27. August) findet der Abschluss der „Sommerschule Stimmen und Steine“ statt, von 13 bis 17 Uhr werden bei Kaffee und Kuchen die Ergebnisse präsentiert und das „Warenangebot“. Für größere Mengen wird es einen Bauteilkatalog geben. Um 17 Uhr beginnt das gemeinsame Sommerfest.
Während des Wochenmarktes am Freitag (26. August) suchen die Studierenden noch einmal den Kontakt zu den Wulfenern, von denen sie wissen möchten, was das Gebäude ihnen bedeutet hat und was sie mit der Ladenpassage und den Wohnungen dort verbindet. Wer will, darf sich dann sicher das eine oder andere Erinnerungsstück mitnehmen.
Geboren und geblieben im Pott, seit 1982 in verschiedenen Redaktionen des Medienhauses Lensing tätig. Interessiert an Menschen und allem, was sie anstellen, denken und sagen.
