
© Anke Klapsing-Reich
0 Promille und 100 Prozent Spaß verspricht die Rocknacht ohne Alkohol
Aktionswoche Alkohol
Alle zwei Jahre lädt die bundesweite Aktionswoche Alkohol dazu ein, über das eigene Konsumverhalten nachzudenken. 2019 haben die Organisatoren vor Ort dazu ein besonderes Event eingestielt.
Es ist ein Experiment. Ob´s funktioniert, werden die Suchtberatung und -behandlung der Caritasverbände in Dorsten und Haltern sowie die mitorganisierenden ortsansässigen Selbsthilfegruppen am 17. Mai erfahren. Denn an diesem Freitag geht im Pfarrheim St. Agatha, An der Vehme 3, ab 19.30 Uhr (bis 0.30 Uhr) hoffentlich so richtig die Post ab: „Wir laden zu einer alkoholfreien Rocknacht mit DJ, Tanzen, Cocktails und Erdbeerbowle ein“, freut Kirstin Damm (Suchtberatung Haltern) sich auf einen ausgelassenen Abend mit viel Spaß, leckeren Getränken und guten Gesprächen.
Ihre Dorstener Kollegin Barbara Heubach wedelt derweil mit dem quadratischen Rezeptheft, in dem vom Wachmacher, Sundance bis Fruity Fall die tollsten Cocktails zum Selbermixen beschrieben sind. Alle ohne Alkohol. „Uns ist es wichtig zu zeigen, dass man auch ohne Alkohol feiern und Spaß haben kann“, betont Barbara Heubach. Die Einladung zu dieser speziellen Rocknacht, die die Suchtberatung anlässlich der diesjährigen bundesweiten Aktionswoche (18. bis 26. Mai) anbietet, richtet sich nicht nur an betroffene Alkoholkranke, sondern an die ganze Bevölkerung.
Aktionswoche als Anlass, das eigene Konsumverhalten zu reflektieren
1,8 Millionen alkoholkranke Menschen leben in Deutschland, 1,7 Millionen konsumieren Alkohol missbräuchlich, 2,7 Millionen Kinder leben in Familien mit Suchtverhalten. „Die Aktionswoche ist ein guter Anlass, einmal über das eigene Konsumverhalten nachzudenken“, meint Karl-Heinz Berse, Fachbereichsvertreter der Caritas-Suchtberatung für Dorsten. Geht es nicht mal auch ohne oder mit weniger Promille? „Bei diesem Thema gibt es keine eindeutige Einteilung in Betroffene und Nicht-Betroffene. Alkoholabhängigkeit entwickele sich ja nicht von einem Tag auf den anderen, sondern auf einem langen Weg.“ Manchmal müsse nur ein Puzzleteil dazukommen, um die Kontrolle über die Droge zu verlieren, weiß der Fachmann.
Das können auch Berthold John (Selbsthilfegruppe Blaues Kreuz Dorsten-Wulfen) und Ludwig Teuber (Kreuzbund) bestätigen: „Für manche ist ihr Alkoholverhalten eine ständige Gratwanderung.“ Und sei man erst einmal in den Sog der Sucht geraten, sei es schwer, einen Weg daraus zu finden. „Partys, bei denen alkoholische Getränke praktisch Pflicht sind, werden da oft zu Stolpersteinen für den Alkoholkranken“, meint Berthold John.
Ins Gespräch kommen
Ludwig Teuber würde sich freuen, wenn Alkoholkranke und Nicht-Betroffene an diesem Abend einfach mal ins Gespräch kämen: über tolerantes Verhalten gegenüber denjenigen, die die Flasche Bier auf der Party ablehnen, über couragiertes Neinsagen, über reflektiertes Konsumverhalten und über Erfahrungen, dass man auch mit null Promille 100 Prozent Spaß haben kann. Und vielleicht kommt der ein oder andere ja auf den Geschmack, auf seiner nächsten Grillparty mal einen leckeren alkoholfreien Drink anzubieten. „Ich denke, damit wäre schon viel erreicht“, sagt Ludwig Teuber.
In Dorsten aufgewachsen, in Trier studiert, im Dortmunder Pressehaus „Reportage und Reise“ gemacht und 1999 zurückgekehrt. Seitdem begrüße ich die Leser gerne mit „Guten Morgen“-Glossen“ und anderen Geschichten aus dem Kultur- und prallen Alltagsleben.
