40 Jahre nach dem Bergbau in Castrop-Rauxel Wir haben unsere Kumpel doch schon längst vergessen

Wir haben unsere Kumpel doch schon längst vergessen
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Fabian Hollenhorst

Wenn das Steigerlied ertönt, dann wird selbst die härteste Ruhrpott-Seele weich. Wenn Herbert Grönemeyer in seinem Lied Bochum die Stimme erhebt, seine Blume im Revier besingt, die durch Grubengold „wieder hochgeholt“ wurde, dann grölen auch die jungen Generationen lautstark mit. Wenn die Castrop-Rauxeler von einer Reise heimkehren und den Erin-Turm erblicken, dann fühlen sie sich zu Hause. Die Bergbau-Tradition ist in unserer Region tief verankert.

Die Bergleute haben davon herzlich wenig: Die, die jahrelang auf Erin unter Tage eingefahren sind und noch nicht an Staublunge oder anderen Krankheiten gestorben sind, haben ein hohes Alter erreicht, sind krank, leben in Altersheimen oder müssen gepflegt werden. Wenige sind noch topfit.

2018 erhielten sie ihren letzten öffentlichen Ruhm, als endgültig Schicht im Schacht war, Deutschland sich von der Kohleförderung verabschiedete, da standen sie nochmal im Rampenlicht. Seitdem beherrschten Krisen die Öffentlichkeit – Corona, Ukraine-Krieg, Energie...

Und die Kumpel? Die rückten vom Rampenlicht zurück in den Schatten. Auch in Castrop-Rauxel. Einer Stadt, die mal fünf Zechen zählte, zehntausende Bergleute beheimatete. Die heute vielleicht ohne den Pütt keine eigene Stadt wäre. Den Kumpeln unter Tage haben wir im Ruhrgebiet, wir in Castrop-Rauxel, eine rasante Entwicklung in eine bessere Welt zu verdanken. Aber wir danken es ihnen heutzutage zu wenig.

40 Jahre Bergbau-Ende in Castrop-Rauxel ist kein „Jubiläum“, es gibt keine Feier, keinen offiziellen Akt. Aber in zehn Jahren, zum 50. Jahrestag, der für viele Kumpel kein Feiertag ist, sind viele mehr von ihnen schon nicht mehr da. Lasst uns sie gemeinsam nicht vergessen, lasst ihre Geschichten für ewig bestehen und die Bergbau-Kultur nicht sterben. Denn wie viele Jugendliche wissen heute noch, was ein Flöz oder ein Streb ist, wissen wie Kohle-Bergbau funktioniert? Dieses Wissen darf nicht aussterben. Die Kumpel werden es irgendwann – leider. Glückauf.

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