Wenige Schul-Eingangsuntersuchungen: Grundschulen „mehr im Blindflug“

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Wenige Schul-Eingangsuntersuchungen: Grundschulen „mehr im Blindflug“

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Wegen Corona war nur rund ein Drittel der i-Männchen im Kreis bei der Einschulungsuntersuchung. Den Grundschulen fehlen dadurch Informationen. Schulleiter lösen das Problem unterschiedlich.

Castrop-Rauxel

, 14.08.2021, 17:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Im Kreis Recklinghausen sollen kommende Woche rund 5700 Kinder eingeschult werden. Aber nur 1576 waren nach Angaben des Kreises bei der Einschulungsuntersuchung. Also etwas weniger als ein Drittel. Der Grund: Corona. Denn während die übrigen U-Untersuchungen beim Kinderarzt stattfinde, ist ein Amtsarzt des Gesundheitsamtes für die Einschulungsuntersuchungen zuständigen.

Die Gesundheitsämter sind aber seit Beginn der Pandemie so überabeitet, dass man die Schuluntersuchungen hinten angestellt hat.

Normalerweise testet der Amtsarzt unter anderem die motorischen und koordinativen Fähigkeiten, das Seh- und Hörvermögen und die sprachliche Kompetenz der Kinder.

Schulen sind dieses Jahr im Blindflug

Der Wegfall vieler Untersuchungen bedeutet am Schuljahresbeginn vor allem einen höheren Arbeitsaufwand für die Grundschulen. Dass Kinder nach der Untersuchung noch ein weiteres Jahr in den Kindergarten gehen müssen, ist aber laut Kreissprecherin Svenja Küchenmeister selten.

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„Sie kommen so oder so mit Defiziten, wenn sie denn welche haben“, sagt auch Heike Wichmann, Leiterin der Erich-Kästner-Grundschule in Habinghorst. „Aber es ist in diesem Jahr ein bisschen mehr Blindflug, weil ich viel weniger Informationen über die Kinder habe. Die Förderung kann ich sonst besser anpassen.“

Elternberatungen der Kitas können helfen

Die Schulleiterin der Wilhelmschule in Rauxel, Angela Goldbach, sieht die Sache ähnlich: „Die Defizite sind im Vergleich zu anderen Jahren nicht größer geworden, sie wurden nur nicht entdeckt“, sagt sie. Für den Ausfall der vielen Untersuchungen hat sie Verständnis. „Die Leute beim Gesundheitsamt haben ja trotzdem gearbeitet, sie wurden nur an anderer Stelle gebraucht.“ Schade sei es dennoch. „Der Amtsarzt hat oft einen anderen Blick auf die Kinder als wir“, sagt Goldbach.

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Ein wenig Orientierung gäben die Elternberatungen der Kitas. „Die Kollegen nehmen das sehr ernst“, sagt Goldbach. „Aber man muss ehrlich sein. Auch diese Angebote haben im vergangenen Jahr nur eingeschränkt funktioniert.“ Denn wegen Corona seien nicht immer alle Kinder in der Kita gewesen.

Jan Hagedorn, Schulleiter der Schweriner Cottenburgschule, rechnet deshalb in diesem Jahr sogar mit einem erhöhten Unterstützungsbedarf in den ersten Klassen.

Doppelte Besetzung in den ersten Klassen

Dass die Untersuchungen ausgefallen sind und die Grundschulen im Dunkeln tappen, was den Förderbedarf der Erstklässler angeht, lässt sich jetzt nicht mehr ändern. Es gilt mit der neuen Situation umzugehen und im Unterrichtsalltag schnell zu erkennen, wo die Kinder Unterstützung brauchen.

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„Wir haben uns als Schule darauf eingestellt“, sagt Hagedorn. In allen drei ersten Klassen der Cottenburgschule seien die Lehrkräfte doppelt besetzt. „Wir hoffen, dass wir die Probleme der Kinder so erkennen und ihnen dann auch schnell helfen können.“ Heike Wichmann setzt an der Erich-Kästner-Grundschule auf die Betreuung durch eine Sonderpädagogin.

Schulspiel für i-Männchen

An der Wilhelmschule hat Angela Goldbach sogar einen alternativen Test mit den Kindern gemacht. Den gibt es hier, unabhängig von den Einschulungsuntersuchungen, jedes Jahr. „Wir hatten im Kreis Recklinghausen immerhin das Glück, dass die Kinder persönlich angemeldet werden konnten. So musste auch das Schulspiel nicht ausfallen.“

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Die Kinder bekommen bei diesem Spiel kleine Aufgaben. Zuerst müssen sie die Farben von Brettspiel-Püppchen richtig erkennen, später mit diesen Püppchen über ein Spielfeld reisen, eine Geschichte erzählen. Auch Wahrnehmung und Konzentrationsfähigkeit prüft Goldbach. Bei der Klassenbildung helfe das Spiel, weil sie ihre neuen Schüler und ihre Bedürfnisse so doch schon etwas besser einschätzen könne. Trotz der ausgefallenen Untersuchungen.