Dirk Hagenbrock ist auf dem Weg von Frohlinde nach Schwerin nicht immer so entspannt.

© Dieter Düwel

Von Frohlinde in die Altstadt: Mieses Urteil in Düwels Radwege-Check

rnEpisode 1

Radfahren in Castrop-Rauxel – oft eine Zumutung. Viele nehmen da lieber das Auto. Bestes Beispiel: die Strecke von Frohlinde nach Castrop. Unsere Testfahrt ist Episode 1 im neuen Radwege-Check.

Castrop-Rauxel

, 02.04.2022, 11:55 Uhr

Dirk Hagenbrock würde gern öfter mit dem Rad von seinem Wohnort Frohlinde in die Castroper Innenstadt fahren. Nach einigen Versuchen hat er aber die Nase voll: „Das ist mir zu gefährlich. Ich werde lieber das Auto nehmen, auch wenn der Liter Sprit 2,20 Euro kostet.“


Der 53-Jährige macht keinen Hehl aus seiner Enttäuschung über die Castrop-Rauxeler Planer: „Die Förderung des Radverkehrs hat bisher total versagt. Ein für die Radler fahrbares und sicheres Konzept kann ich nicht erkennen“, sagt er. Er habe den Eindruck, dass sich die Stadtplaner nur für ein Foto aufs Rad setzen, aber die Strecken nie selbst testen.

Wir machen eine solche Testfahrt mit Dirk Hagenbrock und nehmen die Strecke unter die Lupe. Es ist Episode 1 unserer neuen Serie „Dieter Düwel macht den Radwege-Check“, zu der wir Vorschläge anderer Problem-Strecken gern entgegen nehmen (s. Infokasten).

Melden Sie uns Ihre Problem-Strecke

Welche relevante Radweg-Strecke in Castrop-Rauxel bereitet Ihnen Sorgen? Dieter Düwel fährt sie gern in unserem Radwege-Check mit Ihnen ab. Melden Sie sich: castrop@lensingmedia.de / Betreff: Radwege-Check

Ausgangspunkt: die Einmündung der Hubertusstraße in die Dortmunder Straße, deren Ausbau für den Radverkehr ausdrücklich im Nahmobilitätskonzept der Stadt Castrop-Rauxel ausgewiesen ist. „Hier fängt das Problem schon an“, meint Dirk Hagenbrock. „Es gibt keinen Radweg, die Radfahrer müssen auf der Straße fahren. Meistens wird es sehr eng, weil Pkw und Kleintransporter an beiden Seiten der Straße parken. Oft sind auch Lkw und Busse unterwegs. Da bleibt kaum Platz für Radfahrer.“

Jetzt lesen

An der Ampelkreuzung mit der Wakefieldstraße wartet das nächste Problem. Ein Pfeil auf einem kleinen Hinweisschild 100 Meter vor der Kreuzung empfiehlt Radfahrern, sich links zu halten, um auf den Radweg hinter der Ampel zu gelangen. Völlig offen bleibt, wie sie dahin kommen sollen. Es fehlen Schilder oder Markierungen für Radfahrer.

Leichte Entspannung und vor allem Sicherheit bietet der asphaltierte Radweg auf der Westseite der Dortmunder Straße. Die Ein- und Ausfahrt am Golfclub ist sehr übersichtlich, wie Dirk Hagenbrock bestätigt: „Autofahrer und Radler können sich hier frühzeitig sehen.“

Die kurzzeitige Entspannung ist auch nötig, da mit der „SoDa-Brücke“ das nächste Hindernis auf Radfahrer wartet. Hagenbrock erläutert vor Ort die gefährliche Situation: „Theoretisch haben hier Radler Vorfahrt. Aber die Fahrzeuge, die aus Merklinde kommen, stoppen selten an der vorgeschriebenen Haltelinie. Sie rollen gleich bis zur Sichtlinie durch. Außerdem sorgt die Brücke dafür, dass Radfahrer für Fahrzeuge aus Richtung Schwerin erst sehr spät zu erkennen sind.“

An der „SoDa-Brücke“ kann es für Radfahrer brenzlig werden. Nicht alle Autofahrer warten an der Haltelinie.

An der „SoDa-Brücke“ kann es für Radfahrer brenzlig werden. Nicht alle Autofahrer warten an der Haltelinie. © Dieter Düwel

Erschwerend kommt hinzu, dass hier viele Lastwagen zum Merklinder Gewerbegebiet rollen. Trotzdem verliert Dirk Hagenbrock nicht den Humor: „Ich lege mich natürlich nicht mit einem 40-Tonner an.“

Vor eine neue Aufgabe wird der Radfahrer am alten Schweriner Bahnübergang gestellt: Hier endet plötzlich der Radweg. Es gibt keine Hinweisschilder oder Markierungen, wie man weiter fahren kann. „Es bleibt mir nichts anderes übrig, als mich zwischen die Autos zu drängeln“, so der Frohlinder Hobbyradler, der sonst gern an der Emscher und am Rhein-Herne-Kanal mit dem Rad unterwegs ist.

Zu einem gefährlichen Abenteuer kann dann die Fahrt durch das Schweriner Zentrum werden. Vor und hinter dem Kreisverkehr gibt es auf der Dortmunder Straße weder Radwege noch Schutzstreifen. Es herrscht vor allem werktags reger Autoverkehr. Aus dem Ansatz eines rot eingefärbten Radwegs aus dem Kreisel heraus kann der Radfahrer nur kurz Hoffnung schöpfen: Nach rund 50 Metern ist von dem Radweg nichts mehr zu sehen. Er endet hinter parkenden Autos.

Hinter dem Schweriner Kreisel endet der kurze Radweg und Radler müssen sich in den Autoverkehr eingliedern.

Hinter dem Schweriner Kreisel endet der kurze Radweg und Radler müssen sich in den Autoverkehr eingliedern. © Dieter Düwel

„Wie so oft endet ein Radweg auf der Straße. Hier herrscht an Werktagen viel Verkehr. Die Leute machen ihre Besorgungen, parken und fahren los. Radfahrer müssen sehr wachsam sein“, sagt Dirk Hagenbrock. Immerhin: Hier ist die Fahrbahn teilweise sehr breit, teils sogar zweispurig.

Wie gut für Radfahrer, dass kurz danach der angenehmste Streckenabschnitt unserer Testfahrt bevorsteht: Der Radweg den Schweriner Berg herunter ist auf beiden Seiten von der Fahrbahn sichtbar getrennt und rot eingefärbt. Bergab kann man getrost schon mal mit 40 km/h sausen. Es geht also auch anders.

Auf dem Radweg am Schweriner Berg fühlen sich Radfahrer sicher.

Auf dem Radweg am Schweriner Berg fühlen sich Radfahrer sicher. © Dieter Düwel

Dieter Düwels Fazit im Radwege-Check:

Das ist zu viel Stückwerk! Hoffen wir, dass sich zwischen Frohlinde und Castrop bald etwas tut. Vor allem die Anschlüsse und Übergänge an den einzelnen Passagen müssen dringend überarbeitet werden. Nach dem Nahmobilitätskonzept sind alle Stadtteile in das kommunale Radverkehrsnetz einzubinden. Es muss dem Alltagsradverkehr dienen. Spätestens dann gäbe es auch für Dirk Hagenbrock keinen Grund mehr, die Fahrt mit dem Auto dem Rad vorzuziehen. Er kann vielleicht noch warten, das Klima leider nicht. Darum ist es höchste Zeit.

In meinem Radwege-Check werde ich mir in den kommenden Wochen weitere Problemstellen anschauen. Ich freue mich auf Ihre Hinweise. Nur wer Probleme anspricht, kann auch hoffen, dass sie angepackt werden. Wir werden es auf konstruktive Weise tun.

Jetzt lesen