Mit einer frohen Botschaft konnte Bürgermeister Rajko Kravanja am Donnerstagabend die Sondersitzung des Haupt- und Finanzausschusses eröffnen: Der Hilfstransport ist in Nowa Ruda angekommen, die Dankbarkeit vor Ort sei riesig, so Kravanja. © Stadt Castrop-Rauxel
Ukraine-Krise
Überwältigende Hilfsbereitschaft und explodierende Gaspreise
Die Stadtgesellschaft funktioniert, die Flüchtlinge können kommen. So die Botschaft aus Castrop-Rauxel. Die Ukraine-Krise aber wird große Probleme bringen. Und nicht nur im Energiesektor.
Bürgermeister Rajko Kravanja und Mitglieder der Stadtverwaltung haben am Donnerstagabend in einer Sondersitzung des Haupt- und Finanzausschusses die Politiker über den Stand der Dinge in Sachen Ukraine-Krise informiert.
Die Flüchtlings-Situation in Castrop-Rauxel
Der Krisenstab, so Kravanja, tretet regelmäßig zusammen und koordiniere die Flüchtlings-Arbeit in der Stadt. Castrop-Rauxelerinnen und Castrop-Rauxeler böten unfassbar viel Hilfe an, seien es Sachspenden, Wohnungen oder andere Formen der Unterstützung.
Beim Wohnraum priorisiere man, um erst einmal die Wohnungen zu nehmen, die sofort verfügbar, eingerichtet und abschließbar sind. „Aber wir bereiten uns auch auf ein Worst-Case-Szenario vor, um zur Not auch große Mengen Flüchtlinge in Großunterkünften unterbringen zu können“, so der Bürgermeister.
Die Ausländerbehörde regele die Aufnahme der Menschen. Die Leistungen, die die Menschen erhielten, lägen ungefähr auf Hartz IV-Niveau. Bei der Auszahlung gehe man aber, beantwortete Kravanja eine Nachfrage von CDU-Stadtverbandschef Carsten Papp, rigider vor als etwa die Nachbarstadt Dortmund.
Kravanja: „Wir versuchen, allen zu helfen, die kommen. Es gibt aber, das wissen wir, immer auch Missbrauch, ob bei Corona-Hilfen oder der Flutopferhilfe.“ Daher gehe man etwas restriktiver als Dortmund vor und zahle „nicht mal eben einfach 600 Euro aus. Das halten übrigens die meisten Kommunen so.“
Die Situation beim Wohnraum für Flüchtlinge
Für Wohnraum kann die Stadt auch Miete zahlen. Nötig seien derzeit vor allen Dingen Wohnungen, die sofort und langfristig verfügbar seien.
Laut Susanne Köhler, Bereichsleiterin Migration, böten Wohnungsgesellschaften ebenso Wohnraum an wie Firmen, die möblierte Wohnungen für Beschäftigte haben. Dazu gebe es ganz viele Angebote von Privatleuten.
75 Flüchtlinge haben sich bisher bei der Stadt gemeldet, der Großteil davon ist bislang privat untergebracht. Noch musste die Stadt erst rund 10 Menschen unterbringen. Aber es werden noch viel viel mehr kommen, davon hatte sich der Bürgermeister schon bei der Facebook-Sprechstunde am Mittwochabend überzeugt gezeigt.
Zusammenarbeit mit Land, Bund, Organisationen
Die Zusammenarbeit vor Ort und in der Region klappe bisher hervorragend, so die Stadtverwaltung. Gut angelaufen sei etwa die Zusammenarbeit mit der Caritas, die erster Ansprechpartner der Stadt ist. Da habe man viel aus der Flüchtlingskreise 2015 gelernt, um Doppelstrukturen jetzt sofort zu verhindern.
Ein ausdrückliches Lob von Rajko Kravanja ging auf Nachfrage von Michael Breilmann (CDU) an den Landrat, der sofort zugesagt habe, dass das Gesundheitsamt eine zentrale Aufgabe bei der Gesundheitsversorgung der Menschen habe, die da kommen.
Was aber fehle, sei entsprechende Hilfe von Land und Bund. Da schloss sich der Bürgermeister der Forderung des Städtetages nach einem großen Flüchtlingsgipfel an. Kravanja: „In jeder Stadt gibt es einen Krisenstab, aber Land und Bund sehen da keinen Bedarf. Man muss das schon gut organisieren, denn da darf es keine punktuellen Belastungen einzelner Kommunen geben.“ Warum man da nicht von 2015 gelernt habe, verstehe er nicht.
Auswirkungen auf die Situation Castrop-Rauxels
Die explodierenden Energiekosten etwa werden auch die Stadt auf Dauer an vielen Stellen treffen, das sei jetzt schon klar, erläuterte Kravanja. EUV-Chef Michael Werner unterfütterte das mit schon ganz konkreten Auswirkungen:
Der drastisch steigende Dieselpreis sprenge alle Kalkulationen für die EUV-Flotte.Es gebe keine Erdgas-Tankstelle in der Region mehr, an denen die vorhandenen Erdgas-Fahrzeuge betankt werden könnten.Der Markt für Adblue, das man für die Dieselmotoren brauche, sei quasi leer gefegt.Mercedes habe angekündigt, dass es für Nutzfahrzeuge bald keine Bremsbeläge mehr gebe.Elektronische Steuerelemente für Fahrzeuge sind schon Mangelware. Wenn da etwas kaputt geht, gibt es keinen Nachschub.Für die Kettensägen, die der EUV im Einsatz hat, gibt es keine Ersatzteile. Denn die werden in der Ukraine produziert.Auswirkungen auf die Energieversorgung
Auch Stadtwerke-Chef Jens Langensiepen kam zu Wort: Die Lage an den Energiemärkten sei extrem angespannt, und das nicht erst seit der Ukraine-Krise. Seit Herbst 2021 seien die Preise an der Energiebörse um zum Teil 300 oder 400 Prozent gestiegen.
Hinzu komme jetzt angesichts des Krieges natürlich die massive Sorge, dass Lieferungen aus Russland ausbleiben könnten. Noch liefere Russland Gas, noch versichere Putin, dass sich das auch nicht ändere. „Was man auf eine solche Zusage geben kann, kann jeder für sich beurteilen“, so Langensiepen.
Aktuell aber müsse sich niemand Sorgen um die Versorgung machen, die sei bis in den Herbst hinein gewährleistet. Danach aber könnte es schwierig werden, wenn dann irgendwann doch das russische Gas ausbleibe.
Was klar sei: Von den hohen Preisen seien Privatkunden wie Geschäftskunden betroffen. Und daran werde sich auch nichts ändern, im Gegenteil: Man werde sich auf weiter steigende Preise einstellen müssen. Langensiepen: „Jetzt muss endgültig klar sein: Wir müssen uns auf Dauer unabhängig machen von russischem Öl und Gas und und die regenerativen Energien massiv ausbauen.“
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