Es sind zumindest erste Tatsachen geschaffen worden. Aber das Gros der Fragen bleibt offen: Bürgermeister Rajko Kravanja hat auch in einer Verwaltungsratssitzung des EUV Stadtbetriebs trotz Nachfrage aus der Politik keine weiteren Details genannt zum Kauf der Tiny Häuser, die derzeit auf dem Gelände des Chemiewerks geparkt werden. Die FWI wollte mehr wissen zur Verwendung von Geldern von Land und Bund in Höhe von fast 1,6 Millionen Euro. Kravanja vertröstete auf Ende April.
Doch die Fragen türmen sich inzwischen: Warum kauft die Stadt 30 Chalets oder Tiny Houses zu einem Zeitpunkt, zu dem sie noch nicht eingesetzt werden? Wie passt zusammen, dass sie mit Schlafzimmern und Bädern quasi als komplett anschlussfertige und dann beziehbare Kleinstwohnungen ausgestattet sind, aber als Schulungsräume eingesetzt werden sollen? Und was hat das ganz mit Überlegungen zu tun, die Notunterkunft für Geflüchtete (NU) an der B235, eigentlich eine Übergangseinrichtung mit zeltartigem Eventhallen-Charakter, abzubauen und an selber Stelle eine Zentrale Unterbringungs-Einrichtung (ZUE) zu schaffen?

Im Januar habe die Freie Wählerinitiative diesbezüglich eine Anfrage an den Bürgermeister gestellt, erklärte Verwaltungsrats-Mitglied Harald Piehl von der FWI. Kravanja habe Ende Januar Rückmeldung dazu gegeben, dass noch eine interne Rückfrage zu diesem Thema ausstehe, die Antwort aber noch nicht da sei. Ergebnis nun: Der Bürgermeister sagte, er könne Ende April mehr darüber sagen.
„Wir sind verwundert darüber, dass das ganze Thema weder hier im EUV Verwaltungsrat noch im Stadtrat auftaucht und sich nun alle viele Gedanken machen, was stimmt und was nicht“, so Piehl. Fragen seien: „Wie teuer sind die Tiny Häuser? Wie viele sind es? Welche Nutzung ist vorgesehen? Was für Schulungen sollen darin vorgenommen werden? Sind die Häuschen überhaupt für Schulungen geeignet? Sind die Häuser möglicherweise koppelbar? Eine Menge Fragen, die bisher keiner beantwortet hat.“ Es heißt aus internen Kreisen: Kaufte die Stadt hier ein, ohne ein konkretes Konzept dafür zu haben? Schreibt sie das nun nachträglich auf Basis dessen, was gekauft wurde?

Rajko Kravanja sagte auf die Fragen von Harald Piehl im Verwaltungsrat, er habe die Fraktionen vorab informiert. „Genau an der Frage nach der Konzeption, die Sie zu Recht stellen, arbeiten wir noch. Ende nächsten Monats sind wir dann so weit, alle Fragen werden dann beantwortet. Da sind noch Fragen zu klären mit verschiedenen Stellen. Der Plan ist: Ende April steht das Konzept.“
Die Stadt mache hier keinen Alleingang. Es habe eine sogenannte interfraktionelle Runde im vergangenen Jahr dazu gegeben, so Kravanja. Dabei kommen Vorstands-Vertreter der Ratsfraktionen zusammen, meist einer aus jeder Fraktion, um auf kurzem Dienstweg schnell informieren zu können und Beschlüsse vorzubereiten. Hier soll es auch um Dringlichkeiten gegangen sein, die mit der Fördersumme zusammenhängen: Die Stadt Castrop-Rauxel erhielt demnach 1,581 Millionen Euro aus Mitteln zur Krisenbewältigung im Zuge des russischen Kriegs in der Ukraine. „Die Ziele, die wir damals besprochen habe, haben wir nun kommuniziert. Das Problem steckt möglicherweise im Detail“, so Kravanja im Verwaltungsrat. Klar sei aber: „Es sollte nie Wohnraum sein. Sie sollten immer für eine Betreuungssituation genutzt werden.“
Die Stadt-Pressestelle nannte unserer Redaktion gegenüber Verwendungszwecke wie „zum Beispiel für Kinder-Angebote oder Sprachkurse“ und bekräftigte das: „Die bisherige Innenausstattung war im Lieferumfang einfach mit drin. Der Kauf Ende letzten Jahres war eine gute Gelegenheit für die Stadt; die Module wurden nicht ‚maßgeschneidert‘ für Castrop-Rauxel. Küche und Bad bleibt drin, und die Betten kommen raus“, so Sprecherin Maresa Hilleringmann auf eine Anfrage unserer Redaktion.
„Module“ statt „Tiny Houses“
Die Stadtverwaltung selbst spricht auch nur von „Modulen“ statt von „Tiny Houses“. Ob ein modularer Einsatz möglich ist, ist aber unklar. Ebenso wie die Frage, ob sie dann möglicherweise an der Vördestraße im ehemaligen Waldstadion aufgestellt werden, wo gerade die verbliebenen Anlagen abgerissen werden. Ein Zusammenhang zu einer möglichen Neuaufstellung an der B235 in Sachen NU / ZUE gibt es jedenfalls offenbar nicht. Selbst wenn man Menschen fest in diesen Wohnungen unterbringen wollte: Es wäre maximal Platz für eine Familie mit vier Personen in einem solchen Tiny House, eher für zwei Personen. Bei 30 Modulen wären also 60 bis 120 Personen untergebracht.

Dass ein Zusammenhang besteht, ist aber mindestens seit Februar 2024 klar: In einer Ratssitzung wurde über einen Sachverhalt und eine Ratsvorlage beraten, aus der hervorgeht: „In der Verwaltung wurde in enger Abstimmung mit dem EUV der Plan entwickelt, dass zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten in Gestalt von modularen Bauelementen auf dem Grundstück des EUV an der Klöcknerstraße / B235 (Standort ehemaliges Kraftwerk) geschaffen werden.“
EUV-Vorstand Michael Werner stellte dafür eine Teilfläche des Geländes zur Verfügung, auf die eigentlich ein EUV-Bringhof gebaut werden sollte. Der Bringhof am Deininghauser Weg bei Lobbe habe sich als hinreichend erwiesen, darum könnten die modularen Bauelemente an der B235 / Klöcknerstraße werden, ist der Vorlage zu entnehmen. Daraufhin gab es eine Dringlichkeitsentscheidung noch vor Ablauf des 31.12.2023 zwischen Bürgermeister und einem Ratsmitglied, nach unserem Informationsstand Carsten Papp von der Oppositions-Fraktion CDU.
Was der konkrete Plan damit ist? Ende April wissen wir vermutlich mehr.