855 Menschen in der Notunterkunft, schrieben wir im Dezember 2023. „Notunterkunft wegen Sturmwarnung geräumt“, berichteten wir am 22. Februar 2024. „Mehr Ladendiebstähle durch Notunterkunft“ hieß es im April 2024. „Am Ende des Tages nicht so lebenswert“, titelten wir im Mai 2024. „Neuer Spielplatz in der Notunterkunft“, lautete die Überschrift eines Berichts von Juli.
Und jetzt? „Bücher zum Weltkindertag“ heißt es in einer Pressemitteilung der Bezirksregierung Münster: Zwei Kosten voller Bücher und Spiele, dazu ein eigenes Buch für jedes Kind, das gerade in der Einrichtung in Habinghorst untergebracht sind. Die wurden nun überbracht.
Die Notunterkunft für Geflüchtete an der B235 in Castrop-Rauxel: Sie ist schon fast eine eigene kleine Welt in Castrop-Rauxel. Die Menschen können zwar heraus, und es gibt auch Ehrenamtliche, die dort Angebote unterbreiten. Aber so richtig Teil der Stadtgesellschaft ist die Zeltstadt auf dem brach liegenden Gelände der Stadt, wo mal eine neue Feuer- und Rettungswache und eine Bezirkssportanlage gebaut werden könnten, nicht.

„Fröhliche Gesichter am 70. Weltkindertag in der Notunterkunft (NU) Castrop-Rauxel“ meldet nun die Bezirksregierung: Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Stiftung Lesen habe am Freitag (20.9.2024) knapp 100 Kindern in der NU zum Weltkindertag mit Büchern und Spielen eine Freude gemacht.
Neben zwei großen Kisten voller Bücher und Spiele für die Kinderstube habe jedes Kind ein eigenes Buch geschenkt bekommen. Die knapp 50 Kinder bis sechs Jahre konnten sich über das Buch „Coco die Katze“ freuen. Die Eltern, die das Wimmelbuch gemeinsam mit ihren Kindern betrachten können, finden über einen Quellcode die Geschichte auch in ihrer eigenen Sprache. Etwa 50 Kinder der Altersgruppe sieben bis zwölf Jahre erhielten das Buch „Flug zum Mond“: ein Lese- und Rätselbuch.
Spielerisch deutsch lernen
Spielerischer Spracherwerb und Lesen seien wichtige Bestandteile für die Kinder zu Beginn einer gelungenen Integration. „Das ist für mich ein ganz emotionaler Moment, wenn ich in die glücklichen Gesichter der Kinder schaue“, sagte der Einrichtungsleiter der Bezirksregierung Münster, Georgios Panagiotopoulos, als er die Bücher an die Kinder aushändigte. „Wie schön, dass am Weltkindertag auch bei uns in der Flüchtlingseinrichtung Kinderherzen höher schlagen“, fand Mushtariy Mamadalieva, Umfeldmanagerin des Betreuungsdienstes DRK-Flüchtlingshilfe Westfalen-Lippe.

Am Weltkindertag waren 784 Bewohner und Bewohnerinnen in der Notunterkunft Castrop-Rauxel untergebracht, ergab eine Anfrage unserer Redaktion. Davon sind 53 Prozent alleinreisende Männer, 35 Prozent Familien und 12 Prozent alleinreisende Frauen mit oder ohne Kinder. 29 Prozent der Bewohner sind weiblich, 20 Prozent sind Kinder oder Jugendliche. Insgesamt seien aktuell 33 Herkunftsländer in der Einrichtung vertreten. Die vier häufigsten Herkunftsländer seien Syrien, Türkei, Afghanistan und Irak.
Über durchschnittliche Verweildauern, die unsere Redaktion anfragte, konnte die Bezirksregierung Münster nichts sagen. Wohl aber über das ehrenamtliche Engagement: Drei Ehrenamtler seien insgesamt zwölf Stunden in der Woche in der Notunterkunft tätig. Sechs Stunden entfallen auf Angebote der Jugendkunstschule. Dabei können minderjährige Bewohner musizieren, Kleidung gestalten, Möbel bauen, malen und basteln. Die anderen sechs Stunden sind Deutschkurse für erwachsene Bewohner für das A1-Sprachlevel.
Drei Anbieter unterbreiteten den Bewohnern laut Bezirksregierung Angebote außerhalb der Notunterkunft: Dazu gehören die Kochaktion von „Unser Habinghorst e.V.“, Deutschkurse und Bildungsangebote des „efb“ und weitere Angebote vom Verein „Engagement für Integration“ zu Integration, Sprach- und Kulturförderung, Sprachcafé, Frauencafé, niedrigschwellige Beratung und Begleitung für Erwachsene, Kinder und Jugendliche.