Tempo 10 zwischen Dortmund und Castrop-Rauxel „Wäre zu einfach, die Fahrbahn zu erneuern“

Tempolimit: 10 km/h auf der Oestricher Straße am Segro-Park
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Seit Jahren ist die Piste im Leser-Wettbewerb zur marodesten Straße in Castrop-Rauxel ganz vorne. In den vergangenen drei Jahren sorgte sie zusätzlich für Diskussionsstoff, weil sie für den Durchgangsverkehr gesperrt werden soll. Derweil gibt es Neuigkeiten von der Oestricher Straße in Castrop-Rauxel Deininghausen – direkt an der Stadtgrenze zu Dortmund-Oestrich.

Der städtische Eigenbetrieb EUV hat Anfang August 2024 damit begonnen, Schilder für ein Tempolimit aufzustellen. Demnach ist auf der Schlagloch-Piste jetzt nur noch eine Geschwindigkeit von 10 km/h erlaubt. Ein Zusatzschild nennt den Grund: Straßenschäden.

Die gibt es seit Jahren, für manchen gefühlt seit Jahrzehnten. Immer wieder fordern vor allem Anwohner eine Sanierung. Davon war zuletzt keine Rede mehr. Hoffnung schöpften Anwohner – auch am Langenacker, der Verlängerung auf Dortmunder Seite – auf die Entwicklung des Segro-Parks auf dem ehemaligen Kraftwerksgelände.

Sperrung für Durchfahrtverkehr

Mit der Levi-Baum-Straße entsteht eine neue Straße durch das Gewerbe- und Industriegebiet, die zumindest Autos und kleine Lastwagen aufnimmt. Der Schwerlastverkehr, zum Beispiel vom Gewerbegebiet Deininghauser Weg, soll nördlich des Segro-Parks über die Oststraße zur Autobahn 42 fließen. Vom Logistik-Park selbst sollen die Lastzüge über die Levi-Baum-Straße und den Langenacker zur Auffahrt Dortmund-Bodelschwingh fahren.

Im Rahmen der öffentlichen Beteiligung der Bauleitplanung für den Segro-Park versprachen die Verkehrsplaner den Anwohnern der Oestricher Straße und der Kreuzloh-Siedlung in Dortmund, die 1,6 Kilometer lange Verbindung baulich zu trennen. Der Busverkehr der Linie 361 wäre dadurch nicht eingeschränkt, könnte er wie bisher von der Oestricher Straße in die Westheide abbiegen.

Zuletzt hielten sich die Städte Castrop-Rauxel und Dortmund mit verbindlichen Aussagen zur Umsetzung dieses Versprechens jedoch zurück. Anwohner von Langenacker und Oestricher Straße klagen über Schwerlastverkehr zwischen Autobahn-Anschluss Bodelschwingh und Gewerbegebiet Deininghauser Weg, der schon um 5.30 Uhr einsetze.

Kleintransporter auf der Oestricher Straße in Castrop-Rauxel, im Vordergrund Schlaglöcher.
Der marode Zustand der Oestricher Straße ist seit Jahren unstrittig. © Uwe von Schirp (Archiv)

Dabei ist eine Durchfahrt für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen Gesamtgewicht verboten. Allein: Kaum ein Brummi-Fahrer hält sich daran. Und bei der Frage nach Kontrollen zucken Stadtverwaltungen und Polizeibehörden mit den Schultern. Ist die Begrenzung auf 10 km/h also ein zumindest kleiner Beitrag zur Lösung des Problems?

In Castrop-Rauxeler Facebook-Gruppen reichen die Reaktionen auf das Aufstellen der Schilder von massiver Kritik bis zu Hohn. „Wäre ja auch zu einfach, da endlich mal die Fahrbahn neu zu machen“, kommentiert eine Userin. „Demnächst dann nur noch zu Fuß.“ Ein Mann kommentiert: „Ist ja nicht erst seit gestern kaputt, die Straße.“

Viele User fragen: „Warum wird die Straße nicht endlich mal saniert?“ Womöglich habe die ausbleibende Sanierung einen Grund. „Bei Schäden am Auto, ist die Stadt fein raus“, mutmaßt ein Kommentator. „Bei einem 10 km/h Schild brauchen die sich nichts davon annehmen. Warnung wurde ja aufgestellt.“ Womöglich biete die Geschwindigkeitsbegrenzung durch Kontrollen ja Einnahmen für die Stadt, heißt es. „Ein Fall für Günter.“

Andere üben sich in Ironie. Ein User mutmaßt, die Oestricher Straße sei jetzt eine „Erlebnisstraße“ – bei 10 km/h werde man richtig durchgerüttelt. „Ist doch schön, wenn man zu Fuß schneller ist als mit dem Auto“, heißt es in einem weiteren Kommentar.

Anwohner sehen das erwartungsgemäß differenzierter. Thorsten Perbandt moniert seit Jahren den Zustand der Straße und die Raserei auf der schnurgeraden Piste. „Erst einmal finde ich es gut“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. „Wobei eine erneuerte Straße besser wäre.“ Er räumt jedoch ein, dass die Stadt Castrop-Rauxel kein Geld habe.

Es gebe ein paar Nachbarn, die selber gern schnell fahren. Die empfänden die Geschwindigkeitsbegrenzung als „Quatsch“. Der Großteil der Anwohner möchte indes weiterhin, dass die Oestricher Straße für den Durchgangsverkehr gesperrt werde.

Weniger Lastzüge

Daran hält auch Nenad Nemarnik fest. Er lebt am Langenacker auf Dortmunder Seite der Stadtgrenze. „Natürlich ist es keine Freude, so langsam zu durchzufahren“, erklärt er. Aber die Zahl der Schlaglöcher sei „wirklich immens“. Bei Autos käme es bei einem möglichen Unfall zu Sachschäden, Stürze mit E-Roller oder E-Bike hätten da ganz andere Folgen.

Bereits nach ein paar Tagen der Geschwindigkeitsbegrenzung habe er mehrere Effekte festgestellt. „Wir registrieren, wie viel weniger Lkw und Anhänger hier durchfahren“, berichtet Nenad Nemarnik. Andere würden es riskieren und würden „20 oder 30 fahren, wo sie früher mit 50 oder 60 gefahren sind“.

Warnschild Straßenschäden am Straßenrand vor Wohnhäusern am Langenacker.
Der Langenacker als Verlängerung der Oestricher Straße auf Dortmunder Stadtgebiet ist ebenso marode. © Uwe von Schirp (Archiv)

Die derzeitigen 10 km/h sind indes nur „eine vorübergehend geltende Sofortmaßnahme zur Verkehrssicherung“, schreibt Sabine Latterner, Pressesprecherin des städtischen Eigenbetriebs EUV, auf Anfrage. Das dürfte den einen zur Freud, den anderen zum Leid gereichen.

Denn bis spätestens Ende September soll die Fahrbahn „Straße im Rahmen der laufenden Unterhaltung mit Heißasphalt“ ausgebessert werden. Aufgrund der Ferienzeit sei das eher nicht möglich gewesen: zum Beispiel hatte das Asphaltmischwerk geschlossen. „Nach erfolgter Regulierung durch das Heißeinbauverfahren wird wieder Tempo 30 gelten.“

Die aktuelle Sofortmaßnahme habe keinen Einfluss auf den Planungsprozess, schreibt Sabine Latterner. Und kündigt an, dass die Oestricher Straße Thema in der nächsten Sitzung des Betriebsausschusses 3 sei.

Auf Dortmunder Seite der Stadtgrenze ist Tempo 10 km/h kein Thema. Für Geschwindigkeitsreduzierungen seien immer umfangreiche Einzelfallprüfungen notwendig, schreibt Stadtsprecherin Alexandra Schürmann auf Anfrage. „Eine Reduzierung der Geschwindigkeit auf Dortmunds Straßen kann nicht einfach nur deswegen erfolgen, um eine einheitliche Regelung mit der Nachbarstadt zu haben.“

Das Tiefbauamt habe den Bereich des Langenackers zwischen den Einmündungen von Kreuzloh und Westheide überprüft. Er sei als Tempo-30-Zone ausgeschildert. Zudem sei das Verkehrsschild „Achtung“ mit dem Zusatz Straßenschäden aufgestellt worden. Für die Kontrolle der Verbotseinhaltung im fließenden Verkehr sei die Polizei zuständig. Damit dürfte sowohl Tempo 30 als auch das Durchfahrtverbot für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen Gesamtgewicht gemeint sein.

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