Susanne J. (58) ist jetzt auf der Nordsee-Insel Föhr. Sie sich dort von ihrer Long-Covid-Erkrankung erholen. Bei uns schildert sie, was ihre Infektion vor über einem Jahr bis heute für sie bedeutet.

© Tobias Weckenbrock

Susanne J. (58) und Long Covid: „Ich bin einfach nicht mehr belastbar“

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Susanne J. (58) aus Castrop-Rauxel hatte im November 2020 Corona. Bis heute kämpft sie mit den Folgen. Dabei war sie stets fit, eine fröhliche und muntere Frau. Hier erzählt sie von Long Covid.

Castrop-Rauxel

, 14.01.2022, 19:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Wenn sie mit ihren Enkelkindern spielte, wenn sie mit ihrem Mann auf Radtouren ging, wenn sie ihren Job in einem Krankenhaus machte: Sie war munter, fit, zufrieden. Bis sie sich mit Corona infizierte. Dass sie nach der Infektion im November 2020 bis heute noch Probleme hat: Das hätte sie nie gedacht. In dieser Woche hat eine Kur auf der nordfriesischen Insel Föhr begonnen. Auf dem Weg dorthin hat sie uns ihre Covid-Geschichte erzählt:

„Wir sind oft weg, mein Mann und ich, sind ja viel unterwegs in der Welt – aber so eine Reha auf einer Insel ist doch schon was ganz Besonderes und hoffentlich hilfreich. Ich werde dort wegen Long Covid behandelt: Ich habe im Frühjahr 2021 einen Antrag auf die Kur gestellt. Im Sommer habe ich Bescheid bekommen. Corona hatte ich im November 2020.

Ich habe mich von oben bis unten kalt gefühlt, als es damals los ging. Ich wurde von Tag zu Tag schlapper, bis ich gemerkt habe: Jetzt kommt was Richtiges! Ich konnte nicht mehr arbeiten, konnte kaum noch lange wach bleiben. Da ist was Böses im Gange, das war mir klar.

Ich bekam Panik

Dann bin ich getestet worden und als ich angerufen wurde wegen des Positiv-PCR-Tests, da lag ich schon richtig flach. Ich konnte mich kaum auf den Beinen halten. Ich bekam die Diagnose, und da ging es mir noch mal richtig schlecht. Denn ich bekam Panik: Andere Leute sterben an Corona, das schoss mir durch den Kopf.

Wochenlang habe ich flach gelegen, habe so viel geschlafen wie noch nie in meinem Leben. Ich bekam schlecht Luft, hatte Herzbeschwerden, jedes Gelenk tat mir weh. Mit einer Erkältung kann man das einfach nicht vergleichen. Manche haben das so wie einen Schnupfen – ich nicht.

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Auch als ich den Nachtest mit dem negativen Ergebnis hatte: Es blieb was zurück. Schon diese Isolation war ganz schlimm für mich: Familie und Freunde haben mir geholfen, waren für mich einkaufen, mit dem Hund draußen. Mein Mann war bei mir, der hat sich bei mir angesteckt, er hatte aber Gott sei Dank nur Husten wie einen schweren Raucherhusten und Schnupfen – das war nach drei Wochen zum Glück wieder weg.

Ich bin oft erschöpft – bis heute

Heute geht es mir besser als vor einem Jahr, aber ich war am Ende vier Monate zu Hause, weil alles sehr anstrengend war. Ich konnte nicht arbeiten, keinen Sport mehr machen, dabei war ich immer so gern laufen. Die Luftknappheit ist bis heute geblieben. Sie ist nicht mehr so gravierend wie damals, ich bin aber oft erschöpft, kann nicht mehr so viel machen wie bisher, bin einfach nicht mehr belastbar. Das zeigt sich, wenn ich raus gehe, aber auch beim Arbeiten.

Würde ich heute joggen gehen, dann ginge das wohl wieder, aber danach wäre ich erst einmal richtig erschöpft. Ich brauche sehr lange Ruhephasen. Ich gehe heute nur noch große Runden mit meinem Hund spazieren, schon dann bin ich reichlich erschöpft, wenn ich zurück bin.

Dazu kommen Konzentrationsschwierigkeiten: Ich konnte monatelang nicht mehr lesen und fernsehen. Ich kann mich schwer darauf konzentrieren. Das war phasenweise sehr schlimm, denn ich habe immer gern und viel gelesen. Ich konnte auch nicht mehr richtig gucken, die Sehstärke war gemindert. Das hat sich aber zum Glück wieder entwickelt, und mit dem Bücherlesen habe ich nun auch wieder begonnen.

Meinen Arzt konnte ich immer anrufen

Mein Hausarzt hat mich damals sehr gut unterstützt: Er hat gesagt, ich solle mich schonen, ruhig verhalten, alles erst einmal abwarten und Schmerzmittel nehmen. Wir standen in ständigem Kontakt, ich konnte ihn immer anrufen, das war toll, da fühlte ich mich toll aufgehoben – auch wenn er nicht wusste, was die Lösung bei Covid-19 und Long Covid ist. Es gab ja damals auch noch keine Impfungen.

Er hat mir dann diese Kur empfohlen und das in die Wege geleitet. Auf Föhr ist eine Spezial-Klinik für Patienten mit Atembeschwerden und Long Covid. Man macht dort viel in Richtung Atemübungen und so etwas, oft draußen am Strand.

Die Abläufe in der Klinik auf der Insel wegen Corona sind etwas eingeschränkt, alles wird in mehrere Gruppen aufgeteilt. Aber ich verspreche mir davon, etwas über die Krankheit zu lernen. Vor allem hoffe ich, dass ich hinterher wieder belastbarer bin. Vor Covid haben wir lange Radtouren ohne E-Bike gemacht. Letztes Jahr war ich nach einer Tour mit einigen Kilometern und Gegenwind so erschöpft, da konnte ich eine Woche lang kaum noch irgendetwas machen.

Hier treffe ich andere, denen es geht wie mir

Ich bin nicht allein mit meinen Problemen, das hilft. Einer Bekannten geht es ähnlich: Sie war auch ein Jahr lang krank an Corona. Und auf Föhr treffe ich wohl auf andere, denen es geht wie mir.

Ich bin heute genesen, geimpft und geboostert. Ich kann aber diese ganzen Diskussionen übers Impfen mit Leuten nicht mehr hören: Ich dreh mich um und geh weg, wenn jemand sagt, dass Corona nicht mehr sei als eine Erkältung. Ganz ehrlich: Ich kann dann schwer an mich halten.

Susanne J. war noch nie auf Föhr. Überhaupt nicht auf einer Nordsee-Insel. Und an der Küste nur im Sommer. Sie bleibt drei Wochen in der Kur mit möglicher Verlängerungswoche.