
© Heike Doradzillo-Gehmeyr
„Stoppt Westfleisch!“ Mahnwache vor Fleischwerk in Oer-Erkenschwick
Coronavirus
Es ist nicht neu, dass in Oer-Erkenschwick Mahnwachen vor den Toren von Westfleisch stattfinden. Die Corona-Krise führt uns aber noch mehr vor Augen, warum. Heute ist eine neue Protestaktion.
Sie leben in Sammel-Unterkünften. Davor stehen weiße Lieferwagen-Transporter ohne Fenster im Fond, mit denen sie laut Beobachtungen von Silke Krieg, einer Grünen-Politikerin aus Oer-Erkenschwick, täglich zur Arbeit fahren. Die Bedingungen, unter denen Menschen leben, die bei Westfleisch arbeiten, sind offensichtlich mies - und ebenso offensichtlich ungeeignet, die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern.
Darum geht eine Initiative namens „Stoppt Westfleisch!“ heute (12.5.) wieder auf die Straße: In einer Mahnwache, angekündigt durch Heike Doradzillo-Gehmeyr, will man um 14 Uhr deutlich machen, dass man auch aus diesem Grunde nicht mit den Zuständen rund um dieses fleischverarbeitende Unternehmen einverstanden ist.
Der genaue Standort werde die Horneburger Straße /Ecke Industriestraße in Oer-Erkenschwick sein, so die Veranstalterin. Die Mahnwache war allerdings am Montagabend noch nicht von der Polizei genehmigt. „Nein zur Ausbeutung von Mensch, Tier und Natur“ soll der Titel sein.
Es ging um Tierleid und die Situation der Arbeiter
„Seit Bestehen der Bürgerinitiative haben wir immer wieder neben dem Tierleid auf die Situation der Werksvertragsarbeiter in der Fleischindustrie aufmerksam gemacht“, erklärt die Anmelderin, die in ihrem Schreiben sogar weiter geht und von „mafiösen Strukturen dieses ausbeuterischen Systems der Fleischmafia“ schreibt.
Zur Zeit der Corona-Pandemie komme das Ausmaß der ausbeuterischen und menschenverachtenden Zustände immer mehr ans Tageslicht. Es sei schrecklich und unverständlich, dass die Situation der Menschen erst jetzt Beachtung finde. „Mussten erst Menschen in hoher Zahl erkranken?“, fragt Heike Doradzillo-Gehmeyr.
1400 Mitarbeiter direkt oder indirekt
In der Tat: Ihre Initiative ist deutlich älter als das neuartige Coronavirus Sars-CoV2. Seit Jahren gibt es immer wieder Protestaktionen. Als zum Beispiel ein Schweinelaster in Henrichenburg auf dem Weg von der A2 zur Fleischfabrik umkippte und viele Tiere verendeten, gab es einen stummen Protest von vereinzelten Anhängern an der Unfallstelle. Viele Jahre ging es zuletzt um die Erweiterung des Werks, bei dem heute rund 1400 Arbeiter, teils bei Subunternehmen angestellt, tätig sind.
Auf der Facebookseite, gefolgt von über 1000 Facebook-Nutzern, herrscht gerade Hochkonjunktur: Ein Link nach dem anderen zu Medienberichten über die Zustände bei Westfleisch wird dort gepostet.
„Der Satz: Wer nicht gut zu den Tieren ist, ist auch nicht gut zu den Menschen, hat sich bitter bewahrheitet“, meint Heike Doradzillo-Gehmeyr. Und: Es bleibe zu hoffen, dass die Zustände dauerhaft geändert würden. „Wir wünschen allen Infizierten eine gute Genesung!“
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
