„Der Stadtrat ist getäuscht worden“ Neuer Radweg in Merklinde nur eine teure Show?

Anwohner zu Radweg in Merklinde: „Der Stadtrat ist getäuscht worden“
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Die Hoffnung mancher Castrop-Rauxeler auf einen klimafreundlichen Umbau des Schwarzen Weges an der Lothringer Straße hat wohl ein Ende. Schon im vergangenen Jahr haben einige Anwohner die Pläne der Stadt Castrop-Rauxel für den Anschluss an die Bochumer Lothringentrasse stark kritisiert.

Nun die Gewissheit: Auch nach einem langen Kampf wird der stadtweite Rund-Radweg, der auch als „Grüne Acht“ bezeichnet wird, wie geplant geschlossen. Ulrich Böhne ist vom Vorgehen der Stadt Castrop-Rauxel geschockt. „Der Stadtrat ist getäuscht worden“, sagt der 59-jährige Bauingenieur.

Klima, Altlasten und Naturschutz

Eigentlich freut sich Ulrich Böhne über die Idee eines neuen Radwegs an der Lothringer Straße: „Ich bin für einen Radweg, aber nicht in der Art und Weise, wie er nun geplant ist“, sagt er bei einem Treffen am Dienstag (11.2.2024). Laut dem Bauingenieur, der sich auch selbst beruflich mit dem Thema Straßenbau beschäftigt, ist die geplante Umsetzung vor allem ein Problem fürs Klima.

Die geplante Asphaltierung, die angesetzte Breite des Radweges von 4,50 Metern und die dafür stattfindenden Rodungen würden der zu erwartenden Nutzung nicht gerecht werden. „Buntspecht, Fledermaus, Eichhörnchen und Co. verlieren durch die ausschweifenden Rodungsmaßnahmen ihr Zuhause“, meint der Merklinder. Böhne ist sich ebenfalls sicher, dass ein wassergebundener Radweg anstatt einer Asphaltierung die bessere Option vor allem für das Klima wäre: „Wir haben jetzt schon bei starken Regenfällen Probleme mit Überschwemmungen. Wenn nun eine Asphaltierung ohne eine angemessene Menge an Ablaufmöglichkeiten gebaut wird, dann haben wir bald ein sehr großes Problem.“

Hinzu kommt für den 59-Jährigen die Sorge über die falsche Nutzung des Radweges: „Wir können uns sehr gut vorstellen, dass bei einer Breite von insgesamt 4,50 Metern und dem frischen Asphalt viele Motorräder den Weg als Abkürzung zum Sportplatz nutzen werden.“

Damit dies nicht passiert, hat die Stadt Castrop-Rauxel die Durchfahrt bereits jetzt für den motorisierten Verkehr untersagt. Auf Nachfrage der Redaktion heißt es von der Stadt weiter: „Zusätzlich sieht die Planung verkehrslenkende Maßnahmen in Richtung Wittener Straße vor, sodass eine Einfahrt aus der Wittener Straße über den Jägerweg zukünftig verkehrsrechtlich unterbunden wird.“

Ulrich Böhne hat neben diesen Argumenten auch Angst um seine eigene Sicherheit: Im angrenzenden Bahndamm seien Altlasten und ein giftiges Ölkabel, die zunächst fachgerecht zurückgebaut werden müssten. Hier verlief früher die Werksbahn der Zeche Lothringen in Gerthe, die 1967 geschlossen wurde. „Bei Rodungen im Jahr 2003 musste insgesamt dreimal die Feuerwehr einen Brand bekämpfen. Wie wird bei der Menge an Bäumen, die nun gerodet werden sollen, unsere Sicherheit gewährleistet?“, fragt sich Böhne.

Ein Feldweg mit vielen Bäumen.
Viele Bäume sind an diesem Weg bereits mit grünen Markern versehen. Das bedeutet: Sie werden gefällt. © Tabea Bremer

Erste Maßnahmen für den Bau des Lückenfüllers

Vorgestellt worden sei der Radweg als Lückenfüller, genauer gesagt als Anschluss an die Fahrradtrasse aus Bochum. „Ich habe die 128 Seiten Beschluss gelesen“, sagt Böhne. „Am Ende ist es kein Anschluss direkt an den Bochumer Radweg, sondern ein kurzer Luxusradweg mit dem Ende an der Lothringer Straße und der Bövinghauser Straße.“

Die Stadt wehrt sich gegen diese Aussage: „Der Radweg wird direkt an den Verlauf auf Bochumer Stadtgebiet angebunden“, heißt es aus dem Castrop-Rauxeler Rathaus.

Tatsächlich wird der Radweg entlang des Jägerwegs und der Lothringer Straße gebaut. Im Umfeld wird der aktuelle Feldweg dort auch „Schwarzer Weg“ genannt.

Mittlerweile haben die ersten Rodungsarbeiten stattgefunden. Bis zum Sportplatz des SuS Merklinde werden die Bäume komplett gefällt. Ab dem sich dort befindenden Zaun betrifft es vereinzelte weitere Bäume: die Exemplare, die jetzt rot oder grün markiert sind.

Die Bäume, die gefällt werden, sind mit roten und grünen Streifen markiert.
Die Bäume, die gefällt werden, sind mit roten und grünen Streifen markiert. © Tabea Bremer

Die Stadt prüft klimaschonende Maßnahmen

Für Anwohner steht der klimaschonende Aspekt im Vordergrund. Die Stadt Castrop-Rauxel verweist auf ein Gutachten: „Eine Kompensation für die Maßnahme Lothringentrasse ist ermittelt und mit der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Recklinghausen sowie dem Landesbetrieb Wald und Holz abgestimmt worden“, heißt es aus der Pressestelle. „Eine vormals landwirtschaftlich genutzte Fläche in Pöppinghausen ist dafür nachhaltig aufgeforstet worden.“ Das ist acht Kilometer Luftlinie weiter nördlich.

Bezüglicher einer Austrocknung der Vegetation und Brandgefahr erkennt die Stadt keine Gefahren. Gemeinsam mit der Unteren Bodenschutzbehörde werde man baubegleitend Altlasten am Bahndamm und die Folgen der Rodung beobachten.