Es sieht so harmlos aus, das Castrop-Rauxeler Rathaus. Doch hinter der Fassade des Arne-Jacobsen-Baus verbirgt sich eine Sanierungssumme von mehr als 75 Millionen Euro. © Stadt
Stadtmittelpunkt
Hammer-Nachricht: Rathaus-Sanierung würde über 75 Millionen Euro kosten
Das FDP-Ultimatum und die Berichte unserer Redaktion zur Rathaus-Sanierung haben Wirkung gezeigt: Bürgermeister Rajko Kravanja nimmt Stellung, übt Selbstkritik, aber auch Kritik an der Politik.
Die FDP hatte der Stadtverwaltung am 4. Mai ein Ultimatum zur Herausgabe des Gutachtens zur Sanierung des Stadtmittelpunktes gestellt. Unsere Redaktion hatte darüber berichtet und Ungereimtheiten dargestellt, die sich in der Berichterstattung der Verwaltung in dieser Frage ergeben haben.
Nun hat Bürgermeister Rajko Kravanja darauf mit einem Brief an die Fraktionsvorsitzenden und einer äußerst umfangreichen Pressemitteilung reagiert. Wichtigste Botschaft darin ist aus Sicht Kravanjas, „dass die komplexe Erarbeitung von Entscheidungsgrundlagen für eine mögliche Rathaussanierung ein laufender Prozess ist, der längst nicht abgeschlossen ist“.
Ende 2014 hatte der Rat der Stadt die Verwaltung beauftragt, eine nachhaltige Erneuerung des gesamten Gebäudekomplexes „Stadtmittelpunkt“ zu prüfen und verschiedene Optionen durchrechnen zu lassen. Dazu wurde ein gemeinsames Projekt mit der NRW.Bank und dem NRW-Finanzministerium vereinbart.
Verwaltungsvorstand deckelte Kosten auf 60 Millionen Euro
Wie Kravanja nun erläutert, wäre „eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Sanierungsvarianten für den Forumskomplex inklusive Stadt- und Europahalle zu komplex geworden, weshalb der Verwaltungsvorstand 2016 beschloss, zunächst nur eine Betrachtung einer möglichen Rathaussanierung inklusive Tiefgarage und Ratssaal vornehmen zu lassen und zugleich das maximale Kostenvolumen angesichts der schon damals schlechten Haushaltslage auf maximal 60 Millionen Euro zu deckeln.“
Die von der NRW.Bank beziehungsweise dem Land geförderte erste „Erarbeitung von Entscheidungsgrundlagen“ habe seinerzeit sogar noch viele Aspekte außen vor gelassen, etwa Anforderungen in Sachen Ökologie, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Verwaltungsmitarbeiter. Trotzdem habe das Zwischenergebnis der Untersuchung „etwa 15 Millionen Euro über dem 2016 vom Verwaltungsvorstand gedeckelten Maximalbetrag“ gelegen. Also 75 Millionen Euro.
In die Sanierung der Tiefgarage musste die Stadt bereits viel Geld investieren. Die Sanierung des gesamten Komplexes ist anscheinend schwer finanzierbar. © Thomas Schroeter
Eine Summe, die nicht darstellbar gewesen wäre. Deshalb, so Kravanja, habe man diese Untersuchung nicht weiterverfolgt, sondern sei in die Prüfung weiterer Möglichkeiten eingestiegen, etwa die Frage, ob ein (Teil-)Abriss in Frage käme. Das aber sei von der Denkmalpflege des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) eindeutig verneint worden.
Neue Förderanträge mussten gestellt werden
2019 sei schließlich vom Rat beschlossen worden, zur gesamten Fragestellung ein Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept (ISEK) Stadtmittelpunkt aufzustellen, um Fördermittel generieren zu können. Nach Gesprächen mit dem NRW-Kommunalministerium und der Bezirksregierung Münster in Bezug auf einen Förderzugang des ISEK Stadtmittelpunktes zur Städtebauförderung sei aber deutlich geworden, so Kravanja, „dass zur Beurteilung der Förderfähigkeit zwei weitere vorgezogene Machbarkeitsstudien (...) erarbeitet werden müssen“. Dazu sei 2019 ein Förderantrag eingereicht worden, der 2020 bewilligt wurde.
Aus einem vorläufigen Endbericht der „Erarbeitung von Entscheidungsgrundlagen“, den Erkenntnissen des immer noch laufenden ISEK-Prozesses und den Machbarkeitsstudien sowie weiteren Informationen, die es etwa in den Bereichen Schadstoffbelastung, Digitalisierung, neue Arbeitswelten und Ökologie noch zu sammeln gelte, sei dann eine echte Kostenberechnung und eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung mit der NRW.Bank möglich, so Kravanjas Hoffnung.
Parallel dazu liefen Maßnahmen gegen den Sanierungsstau. Der Stadtrat hat in den vergangenen Jahren rund 16,1 Millionen Euro an Rückstellungen beschlossen, sodass notwendige Arbeiten umgesetzt werden konnten und auch künftig noch umgesetzt werden könnten. Dazu zählen laut Stadt etwa Sanierungsarbeiten in der Tiefgarage oder in den Toilettenanlagen.
Wie Kravanja gegenüber der Politik weiter erläutert, habe es in diesem Jahr bereits verwaltungsinterne Workshops gegeben, in denen es um diverse Aspekte der Stadtmittelpunkt-Problematik gegangen sei. Die Ergebnisse sollen der Politik in einem Workshop Ende Juni vorgestellt werden.
Völlig offen sei am Ende, wie unter Berücksichtigung der dann jeweils gültigen finanziellen Rahmenbedingungen und der konkreten Fördermittel eine Entscheidungsgrundlage der Verwaltung für den Rat der Stadt aussehen könne. Der Prozess, so ist aus Kravanjas Worten zu schließen, könnte sich noch über weitere Jahre hinziehen.
Keine Anfragen der Politik zu Zwischensummen
In sein Fazit der bisherigen Abläufe, das er im Schreiben an die Fraktionen formuliert, mischt Bürgermeister Rajko Kravanja ein bisschen Selbstkritik, aber auch ein bisschen Kritik an der Politik: „Immer wieder gab es Zwischenstände für die Politik, wenn auch selbstkritisch betrachtet diese hätten häufiger ausfallen können, selbst wenn es keine oder nur marginale neue Informationen gab. Zugleich ist festzustellen, dass es keine Anfragen seitens der Politik zu Zwischensummen gab.“
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