In der SPD rumort es: Wen schickt die Kanzler-Partei nach der Vertrauensfrage von Olaf Scholz im Bundestag und der Auflösung der Bundesregierung für die Neuwahlen im Februar 2025 als Kanzlerkandidat auf? Auch in NRW und dort im traditionell rot geprägten Ruhrrevier gibt es unterschiedliche Positionen bei der K-Frage.
Sollte man mit Kanzler Olaf Scholz auf den Effekt setzen, der ihn bei der letzten Bundestagswahl wider Erwarten und erst auf der Zielgeraden zum Wahlsieger und neuen Bundeskanzler machte? Oder sollte die Sozialdemokratie auf den Kandidaten setzen, der aktuell als beliebtester Politiker Deutschlands gilt, also Bundes-Verteidigungsminister Boris Pistorius?
Nach aktuellen Berichten, veröffentlicht überwiegend am Dienstagmorgen (19.11.2024), sind zwei Bundestagsabgeordnete mit einer Stellungnahme nach vorne geprescht, die zumindest in eine Richtung tendiert: „Im Zentrum steht die Frage, was die beste politische Aufstellung jetzt für diese Bundeswahl ist. Dabei hören wir viel Zuspruch für Boris Pistorius“, werden Dirk Wiese (aus dem Sauerland) und Wiebke Esdar (aus Bielefeld) dort zitiert.
Sie sind die Vorsitzenden der NRW-SPD-Landesgruppe im Bundestag. Es gebe Debatten in den Wahlkreisen darüber, heißt es in einem Schreiben der beiden Abgeordneten. Letztlich sei es aber Sache der Parteigremien, das zu entscheiden. Trotz dieser Anmerkung: Das Statement sorgt SPD-intern für Kritik. Es sei nicht mit der Landesgruppe abgesprochen und nicht in ihrem Namen getätigt worden, reagierte MdB Axel Schäfer aus Bochum gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Er kündigte eine Sondersitzung der Landesgruppe wegen dieser Positionierung an.
„SPD hat zwei geeignete Kandidaten“
Wir befragten zu diesem Thema am Dienstagmorgen Frank Schwabe. Der ist Bundestagsabgeordneter seit 20 Jahren, kommt aus Castrop-Rauxel und kandidiert auch für die Bundestagswahl 2025 wieder für den Wahlkreis Recklinghausen, zu dem neben Castrop-Rauxel auch Waltrop und ein Teil von Recklinghausen zählt. Wen würde er bevorzugen?
Der 54-Jährige, der seit vielen Jahren in den Bereichen Menschenrechte und humanitäre Hilfe und im Europarat engagiert ist, antwortet salomonisch: „Die SPD hat offensichtlich zwei geeignete Kandidaten.“ Olaf Scholz habe als Amtsinhaber das Land in schwierigen Zeiten und in einer schwierigen Regierungskonstellation führen müssen. Boris Pistorius habe als Verteidigungsminister vom ersten Tag an den richtigen Ton getroffen. „Deshalb gibt es eine hohe Zustimmung vieler Menschen, das sehe und spüre ich auch.“
Frank Schwabe am Dienstagvormittag gegenüber unserer Redaktion weiter: „Ich kenne beide ganz gut. Und schätze beide in ihrer sehr unterschiedlichen Art.“ Am Ende sei es „eine Führungsaufgabe der Parteiführung in Berlin, aus diesem Spannungsfeld und diesen unterschiedlichen Profilen etwas Gutes zu machen und der SPD einen Vorschlag zu unterbreiten“.
Die Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil sowie der neue Generalsekretär Matthias Miersch hatten sich zuletzt klar für eine erneute Kandidatur von Olaf Scholz ausgesprochen. Scholz will wieder kandidieren. Pistorius hält das Thema offen: Mehr als ein „In der Politik sollte man nie irgendetwas ausschließen“, das von Boris Pistorius am Montag bei einer Veranstaltung zu hören war, ist nicht aus ihnen herauszukriegen.
Ohnehin ist festzuhalten: In aktuellen Wahlumfragen, auch „Sonntagsfrage“ genannt, steht die SPD bei etwa 16 Prozent. CDU / CSU kommen dort auf 32 bis 34 Prozent, also mindestens die doppelte Anzahl an Stimmen. Wenn sich die Stimmung nicht noch erheblich dreht, wird die Union den nächsten Kanzler stellen. Und das wäre Friedrich Merz aus dem Sauerland.