Scholz oder Pistorius? Entscheidung zur Kandidatur in der SPD bis Montag erwartet

Scholz oder Pistorius?: NRW-Abgeordnete gehen auf Distanz zum Kanzler
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Update 21.22., 7.25 Uhr: Bis zu den Neuwahlen im Februar sind es weniger als 100 Tage. Die Zeit drängt also, einen geeigneten Kanzlerkandidaten zu finden. Die SPD will sich nun bis Montag (25.11.) entscheiden, wer die SPD zum Sieg führen soll. Wie die WAZ berichtet, deutet alles auf den Montag als Tag der Klarheit hin. Denn dann trifft sich die Spitze der Bundespartei in Berlin, Scholz und Pistorius werden an dem Gespräch teilnehmen.

Bis dahin will auch die NRW-SPD ein möglichst klares Stimmungsbild erstellen und die Parteiführung darüber informieren. Einen harten Beschluss zur K-Frage werde es aber in NRW nicht geben.

Update 20.11., 18.32 Uhr: In der Debatte um die SPD-Kanzlerkandidatur hat der stellvertretende SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende Achim Post (SPD) zur Eile gemahnt. „Wir brauchen eigentlich sehr schnell eine Entscheidung“, sagte Post in Düsseldorf und verwies auf die aufgeheizte mediale Debatte um Kanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius.

Die Entscheidung, mit wem die SPD ins Rennen gehe, müsse so schnell wie möglich getroffen werden. Zugleich müssten bei der Frage der Kanzlerkandidatur aber demokratische Prozesse gewährleistet sein, sagte Post, der auch Co-Vorsitzender der mächtigen nordrhein-westfälischen SPD ist.

So werde der größte SPD-Landesverband die Kandidaten-Frage heute im Präsidium, am Freitag im Landesvorstand und Samstag bei einem Parteirat besprechen, sagte Post. Beschlüsse der NRW-SPD seien aber nicht vorgesehen. „Am Schluss brauchen wir natürlich am besten eine konsensuale Entscheidung auf der Bundesebene.“

Ob die nordrhein-westfälische SPD als größter Landesverband eher für Scholz oder für Pistorius als Kanzlerkandidat ist, ließ Post offen.

K-Frage weiterhin unklar: Schaltkonferenz bringt keine Klarheit

Update 20.11., 6.24 Uhr: Gut drei Monate vor der angepeilten Neuwahl des Bundestages ist weiter unklar, wer die regierende SPD in den Wahlkampf führen wird. Aus einer Schaltkonferenz der SPD-Führung drangen am Abend keine Neuigkeiten nach außen. Auch mehrere TV-Interviews von Bundeskanzler Olaf Scholz zum Abschluss des G20-Gipfels brachten keine Klarheit. Scholz betonte mehrfach die Unterstützung der Parteispitze für ihn und hob die Geschlossenheit seiner Partei hervor. Der Kanzler wird heute Vormittag in Berlin zurückerwartet.

„Die SPD und ich wollen gemeinsam gewinnen“, unterstrich der Kanzler in der ARD und weiteren Interviews. Bei ProSieben/Sat.1 newstime betonte Scholz: „Ich kann mich über die Unterstützung und den Support der Parteiführung nicht beklagen. Da haben die sich sehr klar geäußert und diese Frage, die Sie gerade gestellt haben, sehr deutlich beantwortet.“ Bei ZDFheute live erklärte er: „Ich fühle mich auch sehr klar unterstützt. Ich fühle mich nicht alleine.“

Der Kanzler zeigte sich zugleich zuversichtlich, dass die Kandidatenfrage die Partei nicht zerreißt. „Sie werden erneut erleben, dass die SPD als Laden geschlossen steht“, sagte Scholz bei Welt TV. Im ZDF betonte er: „Machen sie sich keine Hoffnung, die SPD steht zusammen.“

SPD ringt um K-Frage

Update 20.11., 6.24 Uhr: Ungeachtet der Debatten um Verteidigungsminister Boris Pistorius als möglicher SPD-Kanzlerkandidat scheint Kanzler Olaf Scholz weiter von seiner erneuten Aufstellung durch die Partei auszugehen. Das machte er zum Abschluss des G20-Gipfels in Rio de Janeiro in Interviews teilweise deutlich.

„Kann mich über Unterstützung der Parteiführung nicht beklagen“

So sagte Scholz im Interview von RTL und ntv auf die Frage, ob der Kanzlerkandidat der SPD Olaf Scholz heißen werde: „Ich finde, dass die Diskussionen, die da jetzt geführt werden, völlig okay sind. Aber wir wollen gemeinsam gewinnen. Ja, so ist es.“ Bei ProSieben/Sat.1 newstime antwortete er auf eine fast wortgleich gestellte Frage: „Es ist doch völlig klar, dass wir da gemeinsam antreten wollen. Und ich kann mich über die Unterstützung und den Support der Parteiführung nicht beklagen. Da haben die sich sehr klar geäußert und diese Frage, die Sie gerade gestellt haben, sehr deutlich beantwortet.“

In einer Pressekonferenz und weiteren Interviews äußerte sich Scholz ausweichender. Die SPD und er wollten gemeinsam erfolgreich sein und die Bundestagswahl zusammen gewinnen, betonte er. „Wir wollen gemeinsam erfolgreich sein“, sagte er. „Gemeinsam, ich und die SPD.“ Auf die Frage nach seinen Chancen, Kanzlerkandidat zu werden, ging Scholz mit dieser Antwort nicht direkt ein. Im ZDF räumte Scholz zwar eine Diskussion innerhalb der SPD ein, sagte aber auf die Frage, ob er sich bereit mache, dass der Parteichef ihm morgen schlechte Nachrichten in Sachen Kandidatur überbringe: „Machen Sie sich keine Hoffnung, die SPD steht zusammen.“

Schalte der SPD-Führung

Am Abend wollte die Parteiführung in einer Schalte über die den Wahlkampf beraten. An dem Gespräch sollten die Parteivorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken, Generalsekretär Matthias Miersch und die stellvertretenden Parteivorsitzenden teilnehmen. Scholz sollte nicht dabei sein, sondern sich auf dem Rückflug vom G20-Gipfel befinden.

In der SPD war der Druck für eine Entscheidung in der Frage der Kanzlerkandidatur zuvor immer mehr gestiegen. Seit Tagen dauert die Diskussion an, ob der Amtsinhaber oder der in Umfragen wesentlich besser dastehende Verteidigungsminister der bessere Kandidat für die anstehende Neuwahl ist. Eine Sprecherin sagte, bei der Schalte am Abend handele es sich um „eine regelmäßige Telefonkonferenz mit den stellvertretenden Parteivorsitzenden zur Organisation des vorgezogenen Wahlkampfs in Bezug auf Daten und Fristen“.

Pistorius: Antwort kann schnell hinfällig sein

Pistorius sieht seine Beliebtheitswerte nicht als Verpflichtung gegenüber der eigenen Partei. Auf eine entsprechende Frage sagte er den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: „Nein. Dass meine Arbeit honoriert wird, freut mich. Und gleichzeitig ist die Frage, ob eine Partei diesen oder jenen Schluss daraus zieht, eine völlig andere.“ Die Frage, ob er glaube, dass Scholz dabei bleibe, als nächster Kanzlerkandidat ins Rennen zu gehen, beantwortete Pistorius mit „Ja“. Stünde er aber bereit, wenn das nicht so bleibt? „Ich beantworte grundsätzlich keine hypothetischen Fragen, weil eine Antwort, die ich heute gebe, übermorgen schon hinfällig sein kann“, sagte Pistorius.

Scholz sagte auf der Pressekonferenz in Rio, dass jetzt öffentlich über die Aufstellung der SPD für die Bundestagswahl diskutiert werde, sei angesichts der Situation normal. „Aber das ist für die SPD klar und auch für mich: Wir gehen in diese Wahl hinein, erfolgreich aus ihr herauszugehen.“ In dem Gespräch mit ProSieben/Sat.1 newstime erinnerte Scholz daran, „dass die SPD die letzte Bundestagswahl zum Beispiel gewonnen hat, obwohl auch vorher alle gesagt haben: Nach den Umfragen geht’s ja gar nicht. Ging doch“.

Schröder und Gabriel melden sich zu Wort

Unterdessen schalteten sich auch die früheren Parteigrößen in die Debatte ein. Der ehemalige SPD-Chef Sigmar Gabriel schrieb auf X: „An der Basis der SPD steigt jeden Tag der Widerstand gegen ein „Weiter-so“ mit Kanzler Scholz. Und der SPD-Führung fallen nur Beschwichtigungen und Ergebenheitsadressen ein.“ Ex-Kanzler Gerhard Schröder hält die Diskussion insgesamt für die SPD für schädlich. „Jede Debatte über einen amtierenden Bundeskanzler, den man nicht austauschen kann, schadet allen“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“.

„Nie etwas ausschließen“

Der Amtsinhaber will bei der am 23. Februar geplanten Neuwahl für die SPD erneut antreten, die SPD-Spitze und Kabinettsmitglieder der SPD unterstützen ihn bisher. Deutlich beliebter in Umfragen ist Pistorius. In den vergangenen Tagen hatten sich immer mehr SPD-Politiker auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene offen für eine Kandidatur von Pistorius ausgesprochen.

Er selbst äußerte sich am Montagabend bei einer Veranstaltung der Mediengruppe Bayern in Passau auf Nachfrage. „In der Politik sollte man nie irgendetwas ausschließen, ganz egal, worum es geht“, sagte er. Er sagte aber auch: „Da ich erstens ein zutiefst loyaler Mensch bin, zweitens in meiner Lebensplanung nie drinstand, Verteidigungsminister zu werden oder gar Bundeskanzler, werde ich ‚nen Teufel tun und mir jetzt sagen: Ich mache das, ich trete jetzt an. Nein, das werden Sie von mir nicht hören. Ich bin Parteisoldat.“ Pistorius weiter: „In meiner Lebensplanung findet das nicht statt und das muss auch ehrlich gesagt nicht sein.“

Thüringens SPD-Landeschef Georg Maier sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), Scholz werde in der Bevölkerung für das Scheitern der Ampel-Koalition mitverantwortlich gemacht, ohne dass er das zu verschulden hätte. „Vor diesem Hintergrund stellt sich natürlich die Frage, ob aus Sicht der Partei ein Wechsel bei der Kanzlerkandidatur nicht besser wäre.“ Der Bundestagsabgeordnete und Sprecher der SPD-internen Strömung Netzwerk Berlin, Armand Zorn, sprach sich für Scholz aus – das Netzwerk gilt neben der Parlamentarischen Linken und dem Seeheimer Kreis als eine von drei Strömungen innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion. „Jetzt gilt es, diese Arbeit mit Olaf Scholz fortzusetzen“, sagte Zorn der Deutschen Presse-Agentur.

„Notfalls in einer Nachtsitzung“ entscheiden

Aus Sicht des früheren SPD-Chefs Norbert Walter-Borjans sollte sich die Partei nicht mehr viel Zeit zur Klärung der K-Frage lassen. Die Verantwortlichen müssten „bitte rasch entscheiden“, forderte Walter-Borjans in der „Rheinischen Post“, „notfalls in einer Nachtsitzung.“ Nach bisherigem Plan soll die Entscheidung der Parteiführung bis zu einer „Wahlsiegkonferenz“ am 30. November fallen, auf der der Kanzlerkandidat präsentiert werden soll. Ein Parteitag am 11. Januar soll die Entscheidung dann noch bestätigen.

NRW-Abgeordnete stellen sich gegen den Kanzler

Erstmeldung: Einflussreiche Bundestagsabgeordnete aus der SPD halten die K-Frage in ihrer Partei noch nicht für entschieden. „Letztlich entscheiden die Parteigremien über die Frage der Kanzlerkandidatur, das ist auch der richtige Ort dafür“, erklärten die Vorsitzenden der NRW-Landesgruppe in der SPD-Fraktion, Wiebke Esdar und Dirk Wiese. Es gebe in der SPD eine Debatte über die beste politische Aufstellung für die Bundestagswahl. „Dabei hören wir viel Zuspruch für Boris Pistorius“, heißt es in einem gemeinsamen Statement.

Die Wortmeldung ist auch deshalb brisant, weil beide Abgeordnete Vorsitzende der mächtigen Strömungen innerhalb der SPD-Fraktion sind: Esdar ist Sprecherin der Parlamentarischen Linken, Wiese des konservativen Seeheimer Kreises.

In der SPD-Basis mehren sich Stimmen für eine Auswechslung des designierten Kanzlerkandidaten Olaf Scholz. Manche sehen bessere Chancen bei der Bundestagswahl, wenn die SPD den beliebten Verteidigungsminister Pistorius aufstellt. Die Parteispitze stellt sich aber deutlich hinter Scholz.

Dessen Ansehen sei stark mit der Ampel-Koalition verknüpft, geben Esdar und Wiese nun zu bedenken. Mit einigem Abstand werde seine Arbeit sicher wieder positiver beurteilt. Dennoch gebe es in der SPD jetzt eine Debatte, die sich auch in ihren Wahlkreisen wahrnähmen.

dpa

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