
© Tobias Weckenbrock
Parteien haben Blühwiesen als Wahlkampfmittel für sich entdeckt
Naturschutz
Blühwiesen sind angesagt. Landwirte legen sie teilweise mit Fördermitteln an. Parteien verschenken Samentütchen. Und eine Castrop-Rauxeler Initiative geht mit Patengeld in die zweite Blühsaison.
Blühwiesen sind auf einmal total in. Wurde man vor ein paar Jahren noch milde bis spöttisch belächelt, wenn man Wildwiesen dem Zierrasen vorzog, gehört es heute zum guten Ton, sein Herz für Bienen wenigstens mit einem Quadratmeter Natur zu beweisen.
Sogar Werbeträger-Produzenten und mit ihnen einige Parteien, die in Castrop-Rauxel gerade im Wahlkampf stehen, haben Tütchen mit Blühsamen für sich entdeckt. Eine Firma wirbt damit auch offen im Netz: „Bald sind wieder Wahlen, wählen Sie hierfür den richtigen Werbeträger – eine Blumensamentüte. Egal welche Partei sie vertreten - CDU, SPD, Grüne, Bündnis 90, FDP, Die Linke oder sonstige Wählergemeinschaften – erzeugen Sie Aufmerksamkeit.“
Ökologie ist angesagt, wenigstens ein bisschen, so sieht es aus. Welche Tütchen von welcher Partei das beste Resultat bringt, wird sich allerdings erst weit nach der Landtagswahl am 15. Mai zeigen. Für eine Wahlentscheidung zu spät also, sollte sich die Samenmischung später als Ausfall erweisen. Der Samen aus mindestens zwei Tütchen, so hat ein Selbstversuch ergeben, gehen immerhin aber schon an. Von welchen Parteien, sei verschwiegen.
Immer mehr Landwirte setzen auf Blühstreifen
Neben den Parteien gibt es aber auch Initiativen, die sich abseits von Wahlkampfgetöse mit dem Thema Blühwiesen auseinander setzen. Wie viele andere Städte auch hat Castrop-Rauxel Blühstreifen und Blühwiesen als Möglichkeit entdeckt, Bienen, Schmetterlingen und anderen Kleinsttieren eine Nahrungsmöglichkeit im Ballungsraum zu bieten.
Auch Landwirte setzen inzwischen auf blühende Randstreifen. Die Landwirtschaftskammer NRW weist darauf hin, dass Blühstreifen insbesondere Bestäubern und Insekten ein vielfältiges Blütenangebot böten. „Darunter befinden sich auch viele landwirtschaftliche Nützlinge, die einen Beitrag zur biologischen Schädlingsbekämpfung leisten“, so die Landwirtschaftskammer.
Für landwirtschaftliche Betriebe gibt es in Nordrhein-Westfalen sogar Möglichkeiten, Blühstreifen im Rahmen von Förder-Programmen anzulegen, mit den Blühstreifen also sogar noch (mit)finanziert werden. Was allerdings etwa der Naturschutzbund (Nabu) Deutschland durchaus kritisch begleitet. Denn gerade bei schmalen Streifen entlang der Felder bestehe die Gefahr, dass Pestizid-Ausbringungen auch die Blühstreifen erreichen.
Naturschützer warnen auch davor, dass längst nicht jedes Samentütchen, dass inzwischen auch in Supermärkten oder Discountern zu haben sind, ökologisch sinnvoll sind. Nicht heimische, einjährige Blühmischungen lieferten Futter allenfalls für Alleskönner wie Honigbienen und Hummeln, würden aber kein Futterangebot für seltene und gefährdete Wildbienen oder gar die Raupen unserer Schmetterlinge liefern.
Interessengemeinschaft geht in die zweite Blühsaison
Die „Interessengemeinschaft CR-Blühwiese“ will da bewusst einen anderen Weg gehen. Sie hat 2021 erstmals Paten für eine Blühwiese an der Oststraße in Zusammenarbeit mit Landwirt Ulrich Dingebauer gesucht. Dort habe man Saatgut speziell für gebietsheimische Wildkräuter eingesetzt. Exotische Hingucker wolle man nicht verwenden, da ihr Nutzen für die bei uns heimische Insektenwelt viel geringer sei.
Die Paten, so bilanziert die Interessengemeinschaft jetzt, hätten 3681,04 Euro eingezahlt. Davon habe man 154,27 Euro für ein Info-Banner an der Oststraße ausgegeben, 2677,50 Euro an Ulrich Dingebauer gezahlt für Saatgut, Arbeitsleistung und Erlösausfall sowie 40,04 Euro für sonstige Kosten ausgegeben.
Den Überschuss von 809,23 Euro will man in weitere Blühprojekte investieren. Denn auch 2022 soll wieder eine Bürger-Blühwiese an der Oststraße eingerichtet werden. Mithilfe des Überschusses will man zudem zusätzlich neue und mehrjährige Bürger-Blühwiesen im Erin-Park einrichten. Wer sich als Blühwiesen-Pate einbringen will, findet alle Infos unter www.cr-bluehwiese.de.
1961 geboren. Dortmunder. Jetzt in Castrop-Rauxel. Vater von drei Söhnen. Opa. Blogger. Interessiert sich für viele Themen. Mag Zeitung. Mag Online. Aber keine dicken Bohnen.
