Um 20.31 Uhr erfuhr Joachim Höck am Dienstagabend via Schulmail vom Landesministerium, dass alle Abiturprüfungen von Mittwoch (19.4.) auf Freitag (21.4.) verschoben werden. Betroffen sind die Schüler in den Naturwissenschaften Biologie, Physik, Chemie, in Informatik, Technik und Ernährungslehre. Vorher standen Stunden des Wartens und der Unklarheiten, denn seit 12 Uhr am Mittag lief es mit dem Herunterladen der Abituraufgaben vom Server des Landes NRW nicht wie geplant. Wir sprachen um 20.45 Uhr mit Höck.
Herr Höck, wie ist Ihr Stresslevel?
Bei uns geht es eigentlich. Wir konnten um 14.30 Uhr die Aufgaben doch irgendwie herunterladen, sind also anders als andere Schulen an die Klausuren herangekommen. Wir haben wie alle anderen Schulen auch immer wieder versucht, uns einzuloggen. Einmal hat es geklappt. Wir konnten dann so ab 15.30 Uhr mit unseren neun Kolleginnen und Kollegen die Auswahl der Aufgaben treffen, sie waren also so gegen 16.30 oder 16.45 Uhr mit allem durch. Wir haben dann alle Sachen in den Tresor einschließen können und ich musste nur noch warten, was in Düsseldorf passiert.
An anderen Schulen haben unseres Wissens Lehrer und Lehrerinnen bis 20.15 Uhr ausgeharrt.
Das stimmt, das habe ich auch mitbekommen. Für die Kollegen ist das eine blöde Situation, zumal viele selbst kleinere Kinder haben und nun ganz spontan Betreuung organisieren mussten. Aber noch blöder ist das ganze für die Schüler. Als die Panne durch die Presse ging, waren die Schüler ja sensibilisiert und wollten wissen, was ist. Wir haben aus der Schule versucht, in unseren Kurs-Chats zu beruhigen und zu sagen, dass die Klausuren normal stattfinden, wenn sie nicht noch abgesagt werden. Aber was in den Köpfen der Einzelnen vorgeht, ist schwer zu sagen.
Der neue Prüfungstermin ist dann am Freitag, also am 21.4., dann aber mit den alten Aufgaben, richtig?
Genau. Wir müssen nur sicher stellen, dass die heruntergeladenen Aufgaben zwei Tage geheim bleiben. Das sollten wir aber schaffen. Für die anderen Schulen findet der neue Download dann am Donnerstag um 12 Uhr statt. Mittwoch um 12 Uhr ist der Download bei uns für den Leistungskurs Pädagogik und den Leistungskurs Geschichte. Ich hoffe, dass sie in Düsseldorf schlau genug sind, ein bisschen was zu ändern an der Systematik. Ich vermute, dass sie sich hier selbst ein Bein gestellt haben.
Wie meinen Sie das?
Sie haben in diesem Jahr die Zwei-Faktor-Authentifizierung eingeführt. Man hat sich sonst immer mit einem Kennwort auf der Website eingeloggt. Dann hatte Zugriff auf die verschlüsselten Aufgaben und hatte für jeden einzelnen Termin einen Schlüssel. Diesmal war es erstmals so: Mit einem Passwort können wir uns einloggen, bekommen dann über die Dienstmail ein zweites Passwort, mit dem man sich wieder einloggen muss, um die verschlüsselten Aufgaben zu erhalten. Ich vermute, dass der Server mit der Doppelanforderung überlastet war. Das ist die einzige Erklärung, die ich habe.
Du bist betroffen von der Verschiebung einer Klausur und willst loswerden, was du darüber denkst? Schreib uns eine WhatsApp unter 02305/9230092 oder eine Mail an castrop@ruhrnachrichten.de.
Aber Sie konnten ja dann doch downloaden...
Ja, das interessante da: Zu dem Zeitpunkt war die zweite Passworteingabe nicht mehr nötig. Vermutlich haben sie am System gearbeitet, als klar war, dass es nicht rund läuft.
Insofern habe ich nun einen halbwegs angenehmen Abend vor dem Rechner verbracht und mit vielen Kollegen gechattet. Richtig blöde waren die Schulen dran, die gar nichts bekommen haben, wo Kollegen also um 20.30 Uhr nach Hause geschickt wurden. Das war ein echtes Kommunikationsdesaster.
Wie hätte man das aus Ihrer Sicht lösen sollen?
Eine Komponente ist ja: Der Server ist unter der vermeintlichen Last zusammengebrochen. Das Ministerium auf Entscheidungsebene musste nun aber überlegen: Was machen wir? Man konnte nicht einfach hingehen und den Nachschreibtermin für die Klausuren von Mittwoch nehmen, weil das Schuljahr zu kurz, das Zeitfenster zu eng ist. Denn es hätte dann ja einen weiteren Nachschreibtermin für die geben müssen, die dann krank gewesen wären. Die Klausuren, die Mittwoch geschrieben worden wären, gehen aber dieses Jahr in die externe Zweitkorrektur.
Was hat es damit auf sich?
Normalerweise wird jede Klausur nach der Korrektur durch den Kurslehrer von einem Fachkollegen derselben Schule zweitkorrigiert. Diesmal aber waren diese Klausuren von Dienstag als externe Korrekturen vorgesehen: Es muss also nicht intern in der Schule getauscht werden, sondern die korrigierten Klausuren müssen zu einem festen Termin an einer Schule eingesammelt und dann an eine andere Schule geschickt werden. Von einer anderen Schule zu uns. Dahinter steckt ein erheblicher organisatorischer Aufwand, der Zeit kostet. All das muss man berücksichtigen. Dann kommt noch dazu, dass sie bei all diesen Dingen die rechtlichen Fragen zu klären hatten: Was ist bei Widersprüchen der Schüler oder ihrer Eltern? Das wird man alles im Ministerium überlegt haben, von der Frage nach dem Image mal ganz abgesehen. Aber das Image ist eh im Eimer.
Vorausgesetzt, der Server läuft ab Mittwoch wieder normal: Alles gut am ASG?
Wir müssen nun intern den Freitag umorganisieren: Es muss ja Klausuraufsichten geben, das muss mit der Unterrichtsplanung abgeglichen werden. Die Vertretungsplanerin Frau Marczok muss nun einen komplett neuen Plan machen – das kostet Zeit und ist viel Arbeit.
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