Im gesamten Ruhrgebiet hat die Zahl der überschuldeten Haushalte weiter abgenommen. Das gilt auch für Castrop-Rauxel. So weit die gute Nachricht. Doch im Vergleich zum Ruhrgebiet steht die Europastadt deutlich schlechter da. In Teilen der Stadt gilt jede siebte Privatperson über 18 Jahre als überschuldet. Und die Aussichten sind schlecht.
Schaut man in die Zahlen, die Creditreform für 2022 herausgibt, steht Castrop-Rauxel am Ende einer Kette. Die Schuldnerquote ist höher als im Kreis Recklinghausen (12,26 Prozent), diese ist wiederum höher als in NRW (10,05) Prozent, das schlechter dasteht als Gesamtdeutschland (8,48 Prozent). Aufgelistet werden die Zahlen nach Postleitzahlen. Und da zeigen sich Unterschiede innerhalb der Stadt.
Am wenigsten von Verschuldung betroffen sind die Castrop-Rauxeler, die im Postleitzahlengebiet 44581 wohnen, also im Norden der Stadt mit Henrichenburg und Ickern. Hier beträgt die Schuldnerquote 10,46 Prozent, vor einem Jahr war es 10,72 Prozent. 1666 Menschen sind hier betroffen.
Rauxel und Habinghorst
Die Postleitzahlen 44575 und 44577 stehen mit 13,15 Prozent (Vorjahr 13,14) und 13,31 (13,99) schlechter da. Am häufigsten kommt es zur Überschuldung im Postleitzahlenbereich 44579. Hier in Rauxel, Habinghorst, Bladenhorst Pöppinghausen und Teilen von Ickern hat sich, ganz gegen den Trend, die Prozentzahl sogar minimal um 0,03 Prozent auf 14,54 Prozent verschlechtert. 1954 Menschen sind hier laut Creditreform betroffen. In allen vier PLZ-Bereichen sind es insgesamt 7867 Menschen.
Hauptauslöser für Überschuldung sind laut Creditreform Arbeitslosigkeit, Erkrankung, Unfälle oder unwirtschaftliche Haushaltsführung. Männer sind weiterhin in rund 61 Prozent der Fälle betroffen.
Zur Einordnung der Castrop-Rauxeler Zahlen: Bezirke mit den niedrigsten Quoten finden sich in Essen-Heisingen (3,39 Prozent) und Bochum-Stiepel mit 3,74 Prozent, das ja treffenderweise von seinen Bewohnern Königreich Stiepel genannt wird. Die vier stärksten Schuldnerbrennpunkte liegen in Duisburg, auf Platz 5 liegt die Dortmunder Nordstadt. In allen fünf Bereichen sind mehr als 25 Prozent aller Personen über 18 Jahren überschuldet.
Zeitenwende angekündigt
Als Gesamtstädte bilden Herne und Gelsenkirchen mit jeweils über 16 Prozent überschuldete Privatpersonen das Schlusslicht. Sie gehören zu den zehn deutschen Städten mit der höchsten Überschuldungsquote.
In absoluten Zahlen: Hier führt in NRW Duisburg mit 65.007 Überschuldeten, gefolgt vom Kreis Recklinghausen mit 62.879 Überschuldeten. Allerdings gab es im Kreis einen überdurchschnittlichen hohen Rückgang um 11.811 Personen im Vergleich zum Vorjahr.
Die positiven Überschuldungsraten für die Jahre 2021 und 2022 dürften nicht darüber hinwegtäuschen, dass die deutsche Gesellschaft auch aus der Perspektive der Überschuldungsforschung vor einer „Zeitenwende“ stehe, so Creditreform. „Nicht nur Deutschland sieht sich mit zwei großen und historisch einmaligen Krisen konfrontiert: der Corona-Pandemie und dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. In Verknüpfung führen beide zu einer dramatischen Belastung der finanziellen Möglichkeiten der deutschen Bevölkerung.“
Weniger können sparen
Galoppierende Energiepreise würden private Haushalte zunehmend unter finanziellen Druck setzen, da sie die Kosten für Heizen, Warmwasser und Strom kaum noch bezahlen könnten, heißt es im Schuldneratlas. Zugleich sei der Anteil der Verbraucher in Deutschland, die regelmäßig etwas sparen konnten, von 70 Prozent im Jahr 2020 auf nur noch 50 Prozent gesunken.
Auch die Mitte der Gesellschaft gerate zunehmend unter Druck. Gerechnet wird deshalb auch mit einem Anstieg der Überschuldungszahlen in der Zukunft. 5,88 Millionen Menschen waren es 2022 in Deutschland. 600.000 mehr sei nicht unrealistisch.
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