Schadstoffe in der Wohnung: Verbraucher werden im Unklaren gelassen

Verbrauchertipp

In Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale NRW veröffentlichen wir regelmäßig Ratgeber, Tipps und rechtliche Einschätzungen rund um Haus und Garten. Heute geht es um Schadstoffe.

Ruhrgebiet

, 01.06.2021, 14:55 Uhr / Lesedauer: 2 min
Welche Inhaltsstoffe hat die Wandfarbe? Was steckt in meinem Vinylboden? Sind die Kügelchen im Sitzsack gefährlich? Viele Fragen von Verbrauchern bleiben unbeantwortet.

Welche Inhaltsstoffe hat die Wandfarbe? Was steckt in meinem Vinylboden? Sind die Kügelchen im Sitzsack gefährlich? Viele Fragen von Verbrauchern bleiben unbeantwortet. © picture alliance/dpa/dpa-tmn

Ganz gleich ob Möbel, Küchengeräte, Wandfarbe oder Baustoffe für das Haus: Wer etwas für sein Haus oder seine Wohnung anschaffen möchte, kann beim Kauf oft nicht abschätzen, ob ein Produkt Schadstoffe enthält.

Die Crux: Materialangaben und eine vollständige Liste aller Inhaltsstoffe sind bislang meist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Die im Januar gestartete europaweite SCIP-Datenbank für Produkte mit besonders besorgniserregenden Schadstoffen ist bislang noch nicht für den öffentlichen Zugriff freigegeben.

Inhaltsstoffe werden nicht richtig angegeben

Hersteller und Produzenten sollten nach Ansicht der Verbraucherzentrale NRW generell angeben müssen, welche chemischen Substanzen in ihren Produkten verwendet wurden. Das gilt vor allem für solche Inhaltsstoffe, die als besonders besorgniserregend gelten, weil sie krebserzeugend, erbgut- oder fruchtschädigend wirken oder unfruchtbar machen können.

Die neue europäische Scip-Datenbank, in die Unternehmen seit Anfang 2021 verpflichtend Produkte mit besonders besorgniserregenden Schadstoffen eintragen müssen, ist daher ein Schritt in die richtige Richtung. „Die öffentliche Freigabe dieser Daten ist allerdings überfällig“, sagt Kerstin Effers, Chemikerin der Verbraucherzentrale NRW.

Europäische Datenbank enthält Millionen Einträge

Dabei wäre das ein echter Schritt: Es gibt bereits mehr als fünf Millionen Einträge, mit deren Hilfe sich Verbraucher ab sofort beispielsweise vor dem Kauf eines Sofas oder einer Luftmatratze informieren könnten, ob das Produkt gesundheitsgefährdende Schadstoffe enthält.

Eine umfassende gesetzliche Regelung für die Nennung aller verwendeten chemischen Inhaltsstoffe und Materialien gibt es bislang nicht. Wichtige Basisinformationen, etwa aus welchem Kunststoff ein Fußbodenbelag besteht, welche Weichmacher er enthält oder welche Flammschutzmittel einem Sofa zugesetzt wurden, fehlen den Verbrauchern bei der Kaufentscheidung.

Hinzu kommt, dass Kunden nicht selten mit umweltfreundlich klingenden Informationen in die Irre geführt werden. So geben einige Hersteller an, dass sie auf einen gesundheitsschädlichen Stoff wie etwa Bisphenol A verzichten. An deren Stelle verwenden sie stattdessen teilweise ähnlich schädliche Ersatzstoffe in ihren Produkten, die aber nicht gekennzeichnet werden.

Darüber hinaus kann auch die Verwendung werbewirksamer Materialbezeichnungen verharmlosend wirken, etwa, wenn bei einer Bratpfanne anstelle der Kunststoffbezeichnung „PTFE (Polytetrafluorethylen)“ nur ein Handelsname verwendet wird, der die Anti-Haft-Wirkung der Beschichtung bewirbt.

Beispiel: Viele Sitzsäcke fallen bei der Prüfung durch

Ein Beispiel sind auch Sitzsäcke, die sich gerade in vielen Kinderzimmern finden. Bei denen, so die Verbraucherzentrale, sollte man unbedingt auf Schadstoffprüfsiegel achten, da oft Materialien zum Einsatz kommen, die bekanntermaßen schadstoffverdächtig sind.

Die meisten Sitzsäcke fielen bei der Prüfung durch Ökotest durch. Sitzsäcke sind mit Polystyrolkügelchen gefüllt, die Styrol ausgasen können. Styrol kann das Nervensystem schädigen und reizend auf Augen und Atemwege wirken. Außerdem kann es vermutlich das ungeborene Kind schädigen. Die Styrolkonzentration in der Raumluft sollte 0,030 mg/m3 (Vorsorgerichtwert I des Umweltbundesamtes für Innenräume) nicht überschreiten.

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Wichtig ist aber vor allen Dingen, dass das gesamte Produkt schadstoffgeprüft ist, nicht nur das Füllmaterial oder der Bezugsstoff. Oder man entscheidet sich von vornherein für unbedenklichere Materialien wie Bezugsstoffe mit dem GOTS (Global Organic Textile Standard)-Siegel und alternative Füllmaterialien wie Getreidespelz. Kissen, die mit Getreidespelz gefüllt sind, sollten immer trocken sein und regelmäßig gelüftet werden, da sonst die Gefahr der Schimmelbildung besteht.

TIPPS DER VERBRAUCHERZENTRALE

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