10-12 Trainingseinheiten pro Woche So viel Schweiß steckte Noel Jaschke in den Meistertitel

So viel Schweiß und Training steckt in Noel Jaschkes Meistertitel
Lesezeit

Er ist freundlich, zurückhaltend und sehr höflich. Keine Spur von Überheblichkeit. Dabei hätte Noel Jaschke aus Castrop-Rauxel einen guten Grund dafür, zumindest etwas Triumphgebaren an den Tag zu legen. Der 18-Jährige hat am Sonntag (1. Oktober) im Ruder-Einer die Landesmeisterschaft der Junioren gewonnen.

Titel fast aus der Hand gegeben

Es war nach hinten raus ein knappes Rennen. Noel gewann mit nur vier Zehntelsekunden Vorsprung den Landesmeistertitel über die 1000 Meter lange Distanz. „Mir war eigentlich bei der 700-Meter-Marke schon klar, dass ich zwischen mir und den anderen einigermaßen viel Wasser hatte, also eigentlich genug Abstand, um gewinnen zu können“, erzählt Noel Jaschke.

Dann konnte sich der bis dato Zweitplatzierte aber noch an ihn heranpirschen, erzählt Noel: „Im Vorlauf war der auch noch schneller als ich. Ich wusste, dass er stark ist. Und im Endspurt hat der dann auch wirklich nochmal einen rausgehauen.“ Fast hätte sein Verfolger ihn kurz vor dem Ziel noch eingeholt. „Da hab ich mich dann im Nachhinein über mich selbst geärgert, weil er mich da am Ende noch fast gehabt hätte.“ Aber Noel war der Titel – wenn auch knapp – nicht mehr zu nehmen.

Noel Jaschke gibt jemandem bei der Siegerehrung nach seinem Sieg bei der Landesmeisterschaft im Rudern.
Frischgebackener Landesmeister der U19-Junioren: Bei der Siegerehrung erhielt Noel Jaschke seine erste Goldmedaille. © Ruderverein Rauxel

Er ist jetzt offiziell der schnellste Einzel-Ruderer bei den Unter-19-Jährigen in ganz NRW. Besonders stolz sei seine Mutter gewesen, die bei dem Wettkampf in Krefeld mit dabei war. „Sie konnte gar nicht mehr aufhören, sich zu freuen“, erzählt Noel.

Mit der Erwartung zu gewinnen, sei er aber nicht hingefahren. „Dass es auch wirklich der Landesmeistertitel wird, darauf habe ich vorher nicht so viele Hoffnungen gesetzt, aber eine Medaille sollte es auf jeden Fall sein.“ Das hätten sein Trainer und er vor dem Wettkampf als Zielmarke gesetzt. „Dann zu gewinnen, war natürlich ein echt gutes Gefühl“, freut sich Noel.

„Der beste Mann, den wir haben“

Bei seinem Verein, dem „Ruderverein Rauxel 1922 e.V.“ (RVR) ist man mächtig stolz auf Noel. Sich im Ruder-Einer durchzusetzen, sei „irre kompliziert“ und die Konkurrenz groß, so der Ruderclub-Vorsitzende Matthias Stallmeyer im Gespräch mit unserer Redaktion. „Er ist unser aktuell unser schnellster Ruderer, kurz gesagt: Er ist der beste Mann, den wir haben.“

Aber auch darüber hinaus gönnt Stallmeyer seinem Ruderer den Erfolg: „Er ist wirklich ein super netter Typ und vor allem sehr fleißig. Er hat es sich wirklich verdient.“ Im Vorfeld der Meisterschaft sei das Trainingsprogramm hart, sagt Matthias Stallmeyer. „Da kommen gut und gerne mal zehn bis zwölf Trainingseinheiten pro Woche zusammen.“

Noel hält seine Goldmedaille in der Hand. Unten rechts steht ein Kasten Bier auf dem Boden.
Nach einem spannenden Ruderfinale in Krefeld konnte Noel seine Goldmedaille in Händen halten. © Ruderverein Rauxel

Der Landesmeistertitel war allerdings nicht einmal Noels größter Erfolg, zumindest wenn es nach ihm selbst geht. Ganz besonders stolz ist der 18-Jährige auf sein Abschneiden bei den Deutschen Meisterschaften 2021. Damals schaffte er es auf den dritten Platz im Doppel-Zweier der Junioren. So eine Medaille bei den Deutschen Meisterschaften sei schon ein ganz anderes Level als die Landesmeisterschaft, findet Noel.

Für den RVR ist es keine Seltenheit, dass dessen Ruderer bei Turnieren Spitzenplätze belegen. So startete zum Beispiel Malte Jakschik für den Castrop-Rauxeler Verein – und gewann zwei Mal olympisches Silber und wurde darüber hinaus noch dreimal Weltmeister. Dennoch betont Matthias Stallmeyer vom RVR: „Noels Sieg war für uns der größte Erfolg der letzten Jahre.“

Ruder-Motivation: Traumkörper

Zum Rudern gekommen ist der Castrop-Rauxeler aus Habinghorst übrigens eher zufällig. Wie er auf die Idee kam, weiß Noel noch genau: „Das war in einem Urlaub mit meiner Mutter. Da habe ich so ein paar Jungs gesehen und habe zu meiner Mama gesagt: ‚Ich will auch so breit sein wie die.‘ Tja, und das waren eben Ruderer.“

Seit mittlerweile rund sechs Jahren trainiert Noel nun beim Ruderverein Rauxel am Rhein-Herne-Kanal. „Obwohl es mir ja am Anfang eher um das körperliche Aussehen ging, hab‘ ich dann schnell festgestellt, dass mir das Rudern auch wirklich viel Spaß macht“, sagt der 18-Jährige. „Ich habe mich dann schnell in den Sport verliebt.“

Peu à peu zum Leistungssport

Er habe dann angefangen, immer häufiger zu trainieren. „Irgendwann war ich dann sieben Mal die Woche da. Das hat sich einfach so ergeben.“ Während der Leistungssport also Stück für Stück immer mehr Freizeit einnahm, hatte Noel aber natürlich auch noch die normalen Verpflichtungen eines Jugendlichen: Schule, Freundschaften pflegen, auch mal Spaß haben. Das sei nicht immer leicht zu vereinbaren, sagt Noel: „Dann musst du überlegen – treffe ich mich jetzt mit Freunden oder gehe ich zum Training? Diese Entscheidung muss ich eigentlich jede Woche treffen.“

Wenn seine Freunde ausgehen, muss Noel oft schon ins Bett. „Das Training macht halt nicht wirklich Sinn, mit nur vier Stunden Schlaf.“ Vielleicht störe es den ein oder anderen in seinem Freundeskreis manchmal schon, dass er häufig zugunsten seiner sportlichen Leidenschaft entscheide, vermutet Noel. Aber für seine engsten Freunde sei das kein Problem: „Die kennen und verstehen das und sagen mir auch, dass ich weitermachen soll.“

Noel sitzt auf seinem Ruderboot auf dem Rhein-Herne-Kanal.
Der Rhein-Herne-Kanal in Henrichenburg ist Noels Trainingsgelände. Hier hat er sich auf die Landesmeisterschaft vorbereitet. © privat

Den Sport aufzugeben oder zurückzustellen, um mehr Freizeit zu haben, kommt für Noel Jaschke aber auf keinen Fall in Frage. „Natürlich denkt man manchmal daran, wie das Leben dann aussehen würde. Aber ich verbringe die Freizeit lieber beim Training, als mich zu langweilen.“

Jetzt geht‘s an die Uni

Sowohl beim Training als auch in der Schule die notwendige Leistung zu erbringen, damit hatte Noel eigentlich keine Probleme. In diesem Jahr hat er sein Abitur am Ernst-Barlach-Gymnasium gemacht. Er sagt aber: „Das Rudern ist manchmal schon echt mit der Schule kollidiert. Das hat man dann am Ende auch am Abi-Schnitt gesehen.“

Ab diesem Jahr ist die Schule für Noel also passé – jetzt, ab Oktober, kommt es darauf an, den Sport und das neu begonnene Studium unter einen Hut zu bringen. An der Technischen Universität Dortmund studiert der Sportler jetzt Maschinenbau. „Mir lagen Mathe und Physik in der Schule“, sagt er. Das Studium werde auf jeden Fall hart, erwartet Noel. „Aber ich bin optimistisch, dass ich das hinkriege.“

Zunächst hatte er überlegt, zur Bundespolizei zu gehen. „Das machen viele andere, die ich aus der Ruder-Jugend kenne, weil es dort so ein Förderprogramm für Sportler gibt. Das wollte ich erst machen, aber dafür hätte ich in einem höheren Kader sein müssen.“

Ruderer Noel Jaschke aus Castrop-Rauxel sitzt im Ruderboot.
Er will sportlich künftig noch mehr Erfolge feiern: Noel Jaschke träumt davon, mit deutschem Trikot im Boot zu sitzen. © privat

Nur auf Leistungssport zu setzen, wie es ein Fußballspieler auf einem vergleichbaren Niveau vielleicht versuchen würde, hätte wenig Aussicht auf Erfolg. Denn finanziell ist im Leistungssport nicht viel zu holen. Für den Landesmeistertitel gab es keine Prämie, sondern „nur“ die Medaille. Auch bei Deutschen Meisterschaften gibt es im Rudern für Titelgewinne kein Geld. Das gehe erst bei Weltmeistertiteln los, sagt Noel. Etwas Geld wäre natürlich schön, aber dafür mache er es ja ohnehin nicht. Seit kurzem bekommt Noel eine Förderung von der NRW-Sportstiftung.

Fürs deutsche Team fahren

Obwohl er vermutlich nie (nur) davon wird leben können, will Noel jetzt weiter auf den sportlichen Aufstieg hinarbeiten. Ab der kommenden Saison wird er verstärkt in Essen trainieren. „Dann werde ich ja in die Alterskategorie U23 eintreten und ab dann vor allem am Landesstützpunkt in Essen trainieren.“ Seinem Heimatverein RVR bleibt er zwar weiter treu und plant, dort auch weiter das Krafttraining zu machen. „Aber auf’s Wasser werde ich dann eher in Essen gehen.“

Auf die Frage, was er im Rudersport noch erreichen will, hat Noel eine klare Antwort: „Ich würde schon gern international fahren, im deutschen Kader.“ Um das zu schaffen und vielleicht irgendwann einmal bei einer Weltmeisterschaft oder den Olympischen Spielen antreten zu können, müsste Noel Deutscher Meister oder Vizemeister werden. „Dan ist man automatisch dabei“, sagt er. Alternativ müsste er darauf hoffen, vom Deutschen Ruderverband für die Nationalmannschaft ausgewählt zu werden. Zuzutrauen wäre es ihm!

Riesenerfolg für Ruderer aus Castrop-Rauxel: Noel Jaschke (18) holt sich den Meistertitel

Vielfacher Weltmeister Malte Jakschik ist mit sich im Reinen und beendet Karriere

Warum der RV Rauxel sein Domizil seit 100 Jahren in Henrichenburg hat