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Robert Golda (29) aus Datteln: „Vaters Erfolg war Fluch und Segen zugleich“
Landtagswahlen 2022
Am 15. Mai wird der Landtag gewählt. Wir stellen die Direktkandidaten im Wahlkreis Recklinghausen IV (Castrop-Rauxel, Waltrop und Teile Dattelns) vor. Heute: der FDP-Kandidat Robert Golda.
Robert Golda ist Landtagskandidat der FDP für den Wahlkreis 72 mit Castrop-Rauxel, Datteln (außer Ahsen und Ostleven) und Waltrop. Er rangiert auf Listenplatz 83 und gilt damit eigentlich als chancenlos, nach dem 15. Mai in den Landtag einzuziehen. Dessen ist sich der 29-Jährige durchaus bewusst. Dennoch: Golda ist zielstrebig und hat dabei einen langen Atem. Und das hat seine Gründe.
Landtagskandidat wurde wegen seiner polnischen Wurzeln gehänselt
Das Automobil-Museum „PACE by JP Performance“ in Dortmund: FDP-Kandidat Robert Golda (29) hat gerade eine Runde warme Zimtschnecken ausgegeben – köstlich. Er selbst verputzt nur etwa zwei Drittel des zuckrig-süßen Gebäcks, das letzte Drittel seiner Zimtschnecke überlässt er seiner Freundin Michelle. „Ich muss ein bisschen auf meinen Zucker achten“, sagt er. Er leide seit seiner Jugend an Diabetes Typ 1, erklärt er kurz und holt sich eine Flasche Cola Zero. Die ist zuckerfrei, das passt.
Die Zuckerkrankheit habe ihn anfangs sehr belastet, erinnert er sich. Hinzu kamen Hänseleien, „wegen meiner polnischen Wurzeln“, sagt er. Robert Goldas Vater kam in den 80er-Jahren mit einem rostigen VW Käfer und einer Handvoll D-Mark aus Polen nach Deutschland. „Mein Großvater hatte ihm das Auto und das Geld gegeben.“ Der habe seinem Sohn die Chance auf ein besseres Leben verschaffen wollen.
Vater kam ohne Ausbildung, aber mit dem Willen, es zu schaffen
Voller Tatendrang machte sich Robert Goldas Vater also auf den Weg in den Westen – ohne Ausbildung, aber mit dem festen Willen es zu etwas zu bringen. Sein Vater sei ohne abgeschlossene Ausbildung in Deutschland aufgeschlagen, sagt Robert Golda. Der Vater arbeitete unter Tage, knüppelte Schicht für Schicht und lebte sparsam. Etwa vier Jahre nach seiner Ankunft in Deutschland holte er seine Frau nach.
„Die kannten sich schon aus dem Sandkasten und waren ein Paar, seit sie 14 waren“, erzählt Robert Golda. Später habe sich der Vater von dem Ersparten nach und nach ein eigenes Unternehmen aufgebaut. „Mein Vater hat viel, sehr viel gearbeitet. Er wusste genau, was er wollte. Und darauf hat er hingearbeitet.“ Ja, sagt Robert Golda, sein Vater sei definitiv ein Vorbild. Immerhin lernte er aus nächster Nähe, was man schaffen kann, wenn man nur fleißig ist.
Als Teenager war Robert Golda dem Zusammenbruch nahe
Der Erfolg des Vaters war für den jungen Robert Golda Fluch und Segen zugleich. Denn auf der einen Seite fehlte es der Familie an nichts. Auf der anderen Seite waren die Erwartungen an ihn hoch. Stets sei er am Erfolg des Vaters gemessen worden. Hinzu kam, dass einige Mitschüler aus ihrem Neid und ihrer Missgunst keinen Hehl machten. „Drecks-Pollacke“, das sei noch eine der netteren Beschimpfungen gewesen, die er habe aushalten müssen, sagt er.
Die Zuckerkrankheit, die Anfeindungen in der Schule, eine krankheitsbedingte Sprachstörung, all das summierte sich irgendwann derart, dass Robert Golda im Alter von nur 16 Jahren kurz vor einem Zusammenbruch stand. Eine einschneidende Zeit für den Teenager. Ein Lehrer habe ihm damals sogar prophezeit, dass er es aufgrund der Sprachstörung zu nichts bringen werde. Was dann folgte, sollte das Leben von Robert Golda für immer verändern. Am Ende waren seine Zuckerwerte so schlecht, dass seine Ärztin befürchtete, er könne einen Herzinfarkt erleiden.

Robert Golda liebt Hamburger. Vor Corona war er mindestens einmal pro Woche in seiner Lieblings-Burgerbude in Dortmund. Das passte immer ganz gut, schließlich studiert er hier. © Sebastian Balint
Golda brauchte ein Jahr, um sich aus dem tiefen Loch, in dem er sich befand, zu befreien. Er beschäftigte sich mit Yoga, lernte auf seine innere Stimme, auf die Signale seines Körpers zu hören. Er lernte, sein Leben so zu strukturieren, dass der Stress nicht überhandnimmt, steckte sich Lebensziele – beruflich wie privat. Er beschloss, etwas aus seinem Leben zu machen und es allen Kritikern, aber vor allem sich selbst zu beweisen: eine Zeitenwende. Robert Golda nahm die Zügel für sein Leben fest in die Hand. Von nun an bestimmte er allein, wo es lang ging. Diese Phase seines Lebens sollte ihn für immer prägen: beruflich, privat und politisch.
Golda beschloss, sich in der Politik einzubringen, wollte mitgestalten, nicht allein durch Kreuzchen machen bei Wahlen Einfluss nehmen. Im Hause Golda wurde gewohnheitsmäßig CDU gewählt, das traf auch auf ihn selbst zu, sagt der Landtagskandidat. Letztendlich habe er sich aber für die FDP entschieden, „da gab es einfach die meisten Überschneidungen“, sagt er. Seit 2013 ist er Mitglied in der FDP.
Warum die FDP? Ihm gefalle der freiheitliche Grundgedanke seiner Partei. Ihm gefalle nicht, dass andere Parteien vor allem auf Einschränkungen, auf Verbote setzten. Er sagt, das Gegenteil müsse passieren. „Wir müssen Anreize schaffen, anstatt die Bürger sanktionieren“, sagt er.
Wer etwas leistet, soll dafür auch belohnt werden
Wer etwas leistet, der soll auch gewisse Vorteile genießen dürfen. So handhabt er es auch bei sich selbst. „Manchmal setze ich mir ein bestimmtes Ziel“, erklärt Golda. „Vorab lege ich schon fest, dass ich mir etwas gönnen werde, wenn ich dieses Ziel erreiche.“ Sich dann etwas zu erlauben, sei einfach ein gutes Gefühl.
Unterstützt wurde Robert Golda in der FDP von Anfang an von Georg Gunnemann, „dem Schorsch“, wie Golda den ehemaligen Vorsitzenden der FDP in Datteln liebevoll nennt, „mein Mentor, mein dritter Großvater“. Und vom „Schorsch“ habe er alles gelernt, um in der Politik zu bestehen.
Seit der schwierigen Phase im Teenageralter ist Robert Golda sehr diszipliniert. Seine Zeit plant er sehr genau, alles wird in einem Kalender festgehalten. Und der bestimmt den Tagesablauf des 29-Jährigen. „Meine Freundin guckt tatsächlich zuerst in den Kalender, bevor sie mich anruft“, sagt Robert Golda. Für sie ist das kein Problem – ganz im Gegenteil. Sie bewundert die Zielstrebigkeit ihres Lebensgefährten. Auch wenn das bedeutet, dass sich auch das Privatleben der beiden nach dem Kalender Goldas richtet. „Aber dann ist Privatzeit auch wirklich Privatzeit“, versichert Robert Golda.
Und wie ist er so privat, dieser zielstrebige junge Mann, der selbstständig im Investmentbereich tätig ist und für die FDP in den Landtag einziehen will? Seine Freundin beschreibt ihn als ehrlich, geradeheraus, zuverlässig und sensibel. „Das stimmt“, bestätigt Golda. Es komme durchaus vor, dass ihm beim Hören eines Hörbuches oder beim Gucken eines Filmes mal das ein oder andere Tränchen über die Wange rollt. Und wenn er sich wieder einmal überanstrengt habe, dann nehme sie ihren Freund einfach in den Arm. „Kuscheln hilft immer“, sagt Golda und tauscht verliebte Blicke mit Michelle aus.
Späte Genugtuung - Golda trifft seinen alten Lehrer wieder
Vor einigen Jahren traf er seinen alten Lehrer wieder. An der Lidl-Kasse. Den, der meinte, dass aus ihm nichts wird. Es sei ihm einfach ein inneres Bedürfnis gewesen, seinen Lehrer wissen zu lassen, dass dieser falsch gelegen hatte mit seiner Prognose. Er habe den Lehrer noch in der Warteschlange angesprochen und ihm gesagt, dass er ein Abitur mit dem Schwerpunkt Mathematik und Informatik absolviert habe, dass er Informatik und Robotik studiert und dass er mittlerweile Stadtverbandsvorsitzender der FDP in Datteln sei. Golda ließ den ehemaligen Pauker anschließend mit offenem Mund an der Kasse stehen und ging.
Geboren und aufgewachsen in Marl. Ich habe mehrere Jahre als freier Mitarbeiter sämtliche Ressorts im Erscheinungsgebiet des Medienhauses Bauer mit Bildern, Texten und Videos beliefert. Seit 2018 gehöre ich als Redakteur der Redaktion Datteln an. Ich bin von Haus aus sehr neugierig, politisch interessiert und immer auf der Suche nach einer guten Geschichte, die gerne auch ans Herz gehen darf. Privat interessiere ich mich besonders für die Kultur in all ihren Facetten, die Fotografie sowie die gemischten Kampfkünste Mixed-Martial-Arts (MMA).