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Maximilian Großer (28) aus Datteln: Kritik an newPark beim Gassi mit Paula
Landtagswahl 2022
Am 15. Mai wird der Landtag gewählt. Wir stellen die Direktkandidaten im Wahlkreis Recklinghausen IV (Castrop-Rauxel, Waltrop und Teile Dattelns) vor. Heute: Maximilian Großer (Grüne).
Maximilian Großer wartet mit Paula am Wanderparkplatz Katenkreuz in Datteln. Paula ist eine ruhig-beobachtende Mischlingshündin, halb Schnauzer, halb Tibet-Terrier, vor einigen Jahren aus dem Tierschutz zur Familie gekommen, deren Mitglieder sie abwechselnd Gassi führen.
Diesmal ist es ein Gassi mit Presse-Begleitung: Beim gemeinsamen Spaziergang in der Haard soll es um Politik, aber natürlich auch um Persönliches gehen. Der Kommunalpolitiker Großer, zurzeit jüngstes Mitglied im Dattelner Stadtrat, ist jemand, der sich sehr für seine Umgebung interessiert. So auch für die Entwicklung des Waldes, den er seit seiner Kindheit kennt und mit dem er unter anderem die „Stadtranderholung“ der Kirche verbindet, an der er einst teilgenommen hat. Er habe sich erst jüngst mit dem zuständigen Förster über die Pläne für den Wald ausgetauscht, erzählt er.
Er führt zielstrebig zu einer Gruppe von Bäumen, die hier ursprünglich natürlicherweise nicht vorkommen, sondern einer „invasiven“ Art angehören, wie man sagt, in diesem Fall aus Japan. Hier, so schlägt er vor, könnten die Fotos für den Beitrag entstehen, hier will er auch die Entweder-Oder-Fragen fürs obligatorische Video-Interview beantworten.
28 Jahre alt und Student - aber mit Berufserfahrung!
Dann beginnt der eigentliche Gassi-Gang und das Kennenlernen. Die Eckdaten: 28 ist er also, Ratsherr seit der letzten Kommunalwahl, und er studiert. Moment mal - 28 und Student? Wer ohnehin den Grünen nicht so wohl gesonnen ist, der denkt vielleicht: Das passt ins Bild. Dauerstudent, noch nie richtig gearbeitet, aber will den Leuten die Welt erklären. Großer kennt solche Vorurteile. Aber: Es sind eben Vorurteile, es ist nicht die Realität. Er kennt die Arbeitswelt durchaus. Großer hat seinen Bachelor of Science in „Immobilienwirtschaft und -management“, dann im Referat Hochbau und Liegenschaften der Stadt Gelsenkirchen im gehobenen Dienst gearbeitet. Weil aber mit dem Bachelor-Abschluss die Karriereleiter relativ früh endet, packt er jetzt noch einen „Master of Engineering“ in „Green Building Engineering“ drauf. Damit ist er inzwischen fast fertig.
Wer meint, das sei doch wohl ein Nischen-Fach, der liegt erneut falsch – jedenfalls ist Großer davon überzeugt. Ein Blick in die Beschreibung des Studiengangs im Internet: „Studierende lernen in diesem Angebot mit dem Schwerpunkt ,Nachhaltiges Bauen‘, wie sie ein Gebäude sowohl nachhaltig planen und errichten, als auch anschließend ressourcenschonend betreiben.“ Ein hochaktuelles, wenn auch in seiner Bedeutung noch stark unterschätztes Thema vor dem Hintergrund der Energie-Diskussion, über dessen Relevanz er lange und mit offenkundiger Sachkompetenz berichten kann.
Der große Investor ist nicht in Sicht
Ein weiteres Thema, das Maximilian Großer umtreibt: der newPark. Der junge Grüne ist dabei sehr darauf bedacht, nicht industriefeindlich herüberzukommen. „Industrie ja! Aber auf bereits versiegelten Brachflächen, nicht auf ökologisch wertvollen Flächen“, steht auf seinem Wahl-Flyer. Beim Spaziergang erklärt Großer genauer, was er meint. Es gebe doch wahrlich genügend Flächen in der Region, die bereits versiegelt und mit Infrastruktur angebunden seien. Und es würden noch mehr, wenn im Zuge des Kohleausstiegs Kraftwerke stillgelegt werden.
Da brauche es eben keinen newPark, zumal man bis heute vergeblich auf ein großes ansiedlungswilliges Unternehmen mindestens in Tesla-Dimensionen warte, das Arbeitsplätze in beachtlicher Zahl in der Region schaffe. Wenn ein solches Unternehmen angeklopft hätte, davon ist Maximilian Großer überzeugt, dann hätte man doch gewiss davon erfahren. Hat man aber nicht. Großer bedauert, dass gerade auch in Datteln immer noch so starke Beharrungskräfte gibt, die von der newPark-Idee trotz veränderter Vorzeichen nicht lassen wollen.
Weitere Themen werden bei der Gassi-Runde erörtert, die Mobilitätswende zum Beispiel und die Reaktivierung der Bahn-Anschlüsse in Datteln und Waltrop. Immer ist Großer tief im Thema und klar in der Sache.
Dass Maximilian Großer keinen Listenplatz bei der Wahl hat, das grämt ihn nicht. Jedenfalls sagt er das. Er glaubt trotzdem, die grüne Sache voranbringen zu können und engagiert sich im Wahlkampf mindestens genauso stark wie Mitbewerber, die beste Aussichten auf ein Mandat am 15. Mai haben. Und er erwähnt Jan Matzoll, Grünen-Kandidat im Nachbarwahlkreis mit dem aussichtsreichen Listenplatz 26, der grüne Interessen aus der Region im Land gut vertreten werde und dem er nach Kräften helfen wolle.
Drei Kandidaten kennen sich schon aus dem Dattelner Rat
Was den Stil im Wahlkampf angeht, das wird im Gespräch schnell deutlich, setzt Großer auf Sachlichkeit, Respekt und die Kraft des guten Arguments. Dass drei der Kandidaten - Dr. Patrick-Benjamin Bök (CDU), Robert Golda (FDP) und er selbst - sich schon aus dem Dattelner Rat kennen und respektieren, ist da für ein faires Klima im örtlichen Wahlkampf förderlich. Und die Zeiten, in denen manche im Dattelner Rat einem Grünen lieber mal nicht die Hand gegeben haben, die seien zum Glück vorbei.
Nach dem Spaziergang-Termin mit dieser Zeitung sollten die ersten Podiumsdiskussionen folgen, wo die Kandidaten aufeinandertrafen. Da bestätigte sich der Eindruck: Deutlich in der Sache, aber respektvoll im Umgang sei über die Themen diskutiert worden, berichtet Großer. „Ich gehe davon aus, dass jeder aus seiner Perspektive das Beste für die Menschen in unserer Region erreichen will.“
Geboren und aufgewachsen in Gelsenkirchen-Buer, studiert in Bochum und Dublin. Wollte seit dem Schülerpraktikum in der achten Klasse nie etwas anderes werden als Journalist. Als freier Mitarbeiter seit dem 14. Lebensjahr eifrig darauf hin gearbeitet, den schönsten Beruf der Welt zu ergreifen. Dann in Osthessen zur Redakteursausbildung. Im Jahr 2006 von Osthessen ins Ostvest. Tief eingeatmet und mit Westernhagen gesagt: “Ich bin wieder hier, in meinem Revier.” Das geliebte Ruhrgebiet, das Ostvest, auch und gerade das kleine Waltrop: Fundgruben für Geschichten, die erzählt werden wollen. Immer wieder gerne.