Eine Gruppe schaut sich Ausdrucke von Plakaten zur Landtagswahl 2022 in Waltrop an.

© Markus Weßling

Was taugt die Parteien-Werbung in Waltrop, Datteln und Castrop-Rauxel?

rnWahlplakate im Check

Jetzt hängen sie wieder, die Wahlplakate – am 15. Mai ist Urnengang fürs Landesparlament. Wie gut gemacht ist die Werbung für die Kandidatinnen und Kandidaten in Waltrop, Datteln und Castrop-Rauxel?

Waltrop, Datteln, Castrop-Rauxel

, 20.04.2022, 05:55 Uhr / Lesedauer: 3 min

Claus Bollrath, Chef der Werbeagentur „Jacques D.“ am Waltroper Schmiedeweg, ist seit mehr als 35 Jahren im Geschäft. Ein Kinderteppich mit Tiermotiven hat seiner Agentur neulich einen begehrten Branchenpreis in Istanbul eingebracht. Der Clou: Wenn man mit einer Handy-App die Tiere in den Fokus nimmt, erwachen sie zum Leben: Man sieht sie dreidimensional, und sie sprechen. Sogar in verschiedenen Sprachen. Mit Referenzen wirbt „.Jacques D.“ nicht auf seiner Internetseite, dabei ließe sich manch prominenter Kunde durchaus nennen. Die Drogeriekette Rossmann zum Beispiel.

Unbefangener Blick auf die Plakate

Für politische Parteien hingegen hat die Agentur bisher nicht gearbeitet. Da würde man sich zu sehr in einer Richtung festlegen und vielleicht andere Kunden abschrecken, meint der Chef. Aber so können Bollrath und seine Kollegen ganz unbefangen einen Blick auf die Plakate werfen, mit denen die örtlichen Kandidaten in Waltrop, Datteln und Castrop-Rauxel zur Landtagswahl am 15. Mai um Stimmen werben.

SPD: Schriftart ist nicht glücklich gewählt

Um es vorwegzunehmen: Richtige Begeisterungsstürme gab es in keinem Fall.

Das Plakat, das SPD-Kandidatin Lisa Kapteinat zeigt, fällt bei den Fachleuten alles in allem durch. „Da könnte ,Brille: Fielmann‘ drunterstehen“, lästern die Agentur-Leute über das insgesamt eher steril wirkende Foto der Kandidatin, das die Sehhilfe recht stark betont.

Wahlplakat Lisa Kapteinat (SPD)

Keine Begeisterung entfachte das Lisa-Kapteinat-Plakat bei den Experten aus Waltrop. © Martin Pyplatz

Stattdessen steht aber „Für euch gewinnen wir das Morgen“ drunter – in einer unglücklich gewählten Serifen-Schriftart. „Das kann man aus der Entfernung schlecht lesen“, sagt Bollrath. Dass man eine gut lesbare Schriftart aussucht – das, meinen die Leute vom Schmiedeweg, sollte doch eigentlich Standard sein.

Lob für die FDP-Fotos: „So macht man das heute!“

Es gibt aber auch Lob. Für die Art und Weise zum Beispiel, wie die FDP ihre Kandidaten fotografiert hat. „So macht man das heute“, sagt Agentur-Mitarbeiterin Denise Stelter und schaut sich das Plakat mit dem kunstvoll ausgeleuchteten Foto des Spitzenkandidaten Joachim Stamp an. Nach demselben Prinzip ist das Plakat mit dem lokalen Kandidaten Robert Golda aus Datteln aufgebaut. Während Stamp aber eher staatstragend nur mit einem angedeuteten Lächeln in die Kamera blickt und keine Zähne zeigt, sind sie bei Golda zu sehen. „Zähne zeigen funktioniert nicht bei jedem“, weiß Agentur-Mitarbeiterin Stelter. Ein guter Fotograf oder eine gute Fotografin wird erkennen, wer den Mund lieber geschlossen halten sollte und bei wem ein leicht geöffneter Mund gut aussieht.

Wahlplakat Robert Golda (FDP)

Zähne zeigt Robert Golda (FDP) auf seinem Wahlplakat. © Martin Pyplatz

Noch nicht sicher zu sein scheint sich die Partei, in welcher Farbwelt sie eigentlich unterwegs sein will, also welche Farbe für die FDP stehen soll. Das scheint von Wahl zu Wahl zu wechseln. In diesem Zusammenhang fallen Claus Bollrath die Schwarzweiß-Fotos von Parteichef Christian Lindner ein, die einst bei einer Bundestagswahl immerhin aus der Masse herausstachen.

Keine Begeisterung fürs Grünen-Plakat

Während die landesweit gezeigten Themen-Plakate der Grünen („Noch können wir das Klima wählen“ mit Windrad-Motiv und Kind auf den Schultern seines Vaters) durchaus auf Wohlwollen beim „Jacques D.“-Team stoßen, gilt das nicht für das lokale Wahlplakat, das Maximilian Großer zeigt: Die Kleidung mit Strickpulli unterm Jackett eher unvorteilhaft, die Ausleuchtung nicht gut, die Schrift eine ganz andere als bei den Themenplakaten, die „Peter-Lustig-Sonnenblume“ (Denise Stelter) in der Ecke auch kein Gewinn.

Wahlplakat Maximilian Großer (Grüne)

Auch fürs Wahlplakat von Maximilian Großer (Grüne) hatten die Experten von „Jacques D.“ wenig übrig. © Martin Pyplatz

„Das Plakat scheint sich an Menschen zu wenden, die noch gar nicht alt genug sind zum Wählen“, ätzt Claus Bollrath.

Jetzt lesen

Und die CDU? Das Plakat mit deren lokalem Kandidaten Patrick-Benjamin Bök aus Datteln lässt die Agentur-Leute mit einem Schulterzucken zurück. Nicht toll, nicht schlecht. Dass der Mann, der da vom Foto lächelt, „unbequem“ sein soll, wie der Slogan darunter behauptet, das zeige sich jedenfalls nicht auf dem Bild.

Wahlplakat Patrick-Benjamin Bök (CDU)

Dass dieser Mann "unbequem" ist, zeigt das Foto nicht, sagen die Experten über das Plakat des CDU-Kandidaten. © Pyplatz

Überhaupt, die Slogans: Die sind auch in diesem Wahljahr wieder eher schlichter Natur. „Das wendet sich an Leute, die sich nur oberflächlich mit Politik beschäftigen wollen“, sagt Agentur-Mitarbeiter Thomas Schulte. Und man kann sogar noch interessante Ähnlichkeiten beobachten: Die FDP textet: „Von hier aus weiter“, die Grünen „Von hier an grün.“

Wie sieht das perfekte Plakat aus?

Was die „Jacques D.“-Leute generell vermissen: Bilder, die die lokalen Kandidaten anders zeigen als auf dem üblichen Portraitbild. Vielleicht mal im Gespräch mit Bürgern.

Wie sieht es aber nun aus, das perfekte Wahlplakat? Claus Bollrath hat seine Sicht eigens für unsere Redaktion sogar zu Papier gebracht: „Mein perfektes Wahlplakat sollte eine Grafik/ein Bild/ ein Wortspiel mit kreativer Mischung aus bekannten lokalen Problemen und einer ganz klar dargestellten Lösung enthalten. Ein Claim, der sich durch die gesamte Wahlkampagne zieht, wäre eine sinnvolle Ergänzung.“

Die Farben müssten mit Bedacht gewählt werden. „Sie beeinflussen das Unterbewusstsein des Betrachters und somit die emotionale Haltung zur Partei.“

Das Plakat dürfe auch nicht zu hektisch oder unordentlich wirken, schließlich gehe es um Politik. „Ich danke da an etwas unauffällig-Auffälliges, denn das ist meist nicht so kurzlebig und hat das Potential, auch noch nach der Wahl mit der Partei verknüpft zu werden.“ Sicher, das sei alles leichter gesagt als getan, aber sicher kein Ding der Unmöglichkeit. „Die Menschen haben es schließlich geschafft, auf dem Mond zu landen.“