Offenbar kommt es über die Online-Terminplattform im Bürgerbüro immer wieder zu Mehrfach-Buchungen. Ein Grund, warum die Stadtverwaltung zurzeit vor allem telefonisch Termine vereinbart. © Lena Seiferlin (A)
Digitale Verwaltung
Ratlos: Castroper pocht wochenlang auf Online-Terminvergabe für Bürgerbüro
„Als Bürger gebe ich jetzt auf!“ Nils Bettinger war ratlos. Er wollte nur einen Termin im Castrop-Rauxeler Bürgerbüro vereinbaren, zwingend aber online via Terminbuchungsplattform. Eine Odyssee.
Zwei Monate lang hat der Castroper Nils Bettinger versucht, einen Termin im Castrop-Rauxeler Bürgerbüro zu bekommen. Dabei war er strikt zu sich selbst: Er wollte ihn über die Buchungsplattform im Internet reservieren, auch wenn er längst wusste, dass man via Telefon oder E-Mail ziemlich sicher schneller zum Ziel gekommen wäre. Es war ein öffentlicher Test.
Im Juli wollte sich der örtliche FDP-Chef und Ex-Bürgermeisterkandidat Bettinger um seinen bald ablaufenden Personalausweis kümmern. Der Lehrer, der bei Facebook zu den aktivsten und debattenkräftigsten Castrop-Rauxelern zählt und auch sonst ziemlich digital tickt, wollte seinen Termin digital reservieren.
Nahezu täglich, erklärt er, habe er es über das Onlinesystem versucht. „Erfolglos“, schreibt Bettinger in einer E-Mail unserer Redaktion und der Stadtverwaltung. Im Buchungssystem sei er dabei stets gebeten worden, von Anrufen abzusehen. Stattdessen die Aufforderung: Versuchen Sie es zu einem anderen Zeitpunkt noch einmal!
Öffentlicher Aufruf bei Facebook
Genauso handelte er. Etwa sechs oder sieben Wochen lang. Dann wurde es ihm zu bunt: Bettinger schrieb öffentlich auf Facebook von seiner Odyssee zu einem Termin und bat andere Bürger, ihre eigenen Erfahrungen auf Facebook zu schildern.
Dann erschien unser Bericht über Andreas Foltmann, den Polizisten aus Ickern, der ebenfalls nach eigenen Angaben wochenlang versuchte, einen Termin zu reservieren. Nachdem der sich bei Facebook offen beschwert hatte, bekam der Ickerner einen Anruf und einen Termin für Anfang Oktober. Ob der mit seiner Beschwerde zusammenhing oder nicht, lässt sich nicht klären.
Online ist es zurzeit nicht so einfach, einen Termin im Bürgerbüro zu bekommen. Nils Bettinger versuchte es nach eigenen Angaben acht Wochen lang. © Tobias Weckenbrock
Bei Bettinger jedenfalls regte sich die Verwaltung nicht. Daraufhin schrieb er eine E-Mail an Bürgermeister Rajko Kravanja, den er als Kommunalpolitiker selbstverständlich gut kennt. Er gab offen an, dass er bei der Terminvergabe aber nicht wie der FDP-Politiker, sondern wie der ganz normale Bürger behandelt werden wolle. „Welche Empfehlung haben Sie als Bürgermeister für mich?“, fragte Bettinger. „Als Bürger gebe ich jetzt hier auf.“
„Die Kollegen melden sich zeitnah zurück“
Antwort aus dem Vorzimmer des Bürgermeisters: „Neben den durch Sie bereits genannten Möglichkeiten, online oder telefonisch einen Termin im Bürgerbüro zu vereinbaren, besteht weiter die Möglichkeit, per E-Mail unter buergerbuero@castrop-rauxel.de mit den Kolleg*innen des Bürgerbüros in Kontakt zu treten. Dies wird auch auf der städtischen Website kommuniziert. Gerne kann in der E-Mail eine Telefonnummer hinterlegt werden – die Kolleg*innen melden sich dann zeitnah zur Terminvereinbarung zurück.“
Genauso kam es bei vielen Personen, die ihre Erfahrungen mit dem Bürgerbüro bei Facebook schilderten. In der Antwort heißt es weiter: „Ich leite Ihre E-Mail nun an das Bürgerbüro weiter, so dass Ihnen schnellstmöglich ein Terminangebot gemacht werden kann.“
Das Ende vom Lied: „Vielen Dank für die schnelle Rückmeldung“, schrieb Bettinger zurück. „Eine Mitarbeiterin des Bürgerbüros hat mich bereits kontaktiert und für kommenden Freitag einen Termin mit mir vereinbart.“
Offenbar viele Termine nicht wahrgenommen
Hintergrund der Probleme: Die Terminbuchungsplattform zeigt nur dann freie Termine an, wenn in den nächsten sechs Wochen welche frei sind, wie die Stadt auf unsere Anfrage hin erklärte. Das ist offenbar derzeit nur sehr selten der Fall. Ein Grund: Viele Bürger haben sich wohl gleich mehrere Termine reserviert, erschienen dann aber maximal zu einem davon. 125 solcher Buchungen hatte eine Mitarbeiterin entdeckt, berichtete kürzlich der neue Bürgerbüro-Leiter Detlef Grunau. Da Doppel-Buchungen zu viel Leerlauf bei den Mitarbeitern der Stadt führen, wählt man nun bei der Stadt offenbar lieber den Weg per Telefon.
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