
© Tobias Weckenbrock
Bürgerbüro-Posse: So verschläft Castrop-Rauxel die Digitalisierung
Meinung
Rajko Kravanja ist Bürgermeister von Castrop-Rauxel. In der IT ausgebildet. Er sollte für digitalen Wandel stehen. Doch auch er kommt offenbar schwer voran. Unser Autor meint: Ein schlechtes Zeichen!
Wenn der Lehrer und FDP-Kommunalpolitiker Nils Bettinger etwas bei Facebook postet, und das geschieht oft, dann hat er fast immer ein Motiv. Ein Ziel. Einen Hintergedanken. Mit einem kleinen Bürgerbüro-Experiment wollte er die Stadtverwaltung offenbar ein wenig am Nasenring durch die Manege ziehen. Oder einfach seiner Verwunderung oder seinem Ärger Luft machen.
Er bekam einen Termin. Aber über den Weg, den er explizit und absichtlich nicht wählen wollte: per telefonischem Rückruf auf eine E-Mail.
Dieser Weg ist nicht so undigital wie Briefe zu schreiben oder Faxe zwischen Behörden hin und her zu schicken. Aber er ist doch aufwendig: Da muss eine Mitarbeiterin eines Call-Centers einen Bürger anrufen, um ihm auf eine Anfrage händisch zu antworten und mit ihm einen Termin zu vereinbaren.
Eigentlich könnte man das einfacher haben: Terminbuchungsplattform ins Netz stellen, dann kann jeder Bürger sich selbst einen Termin reservieren.
Gibt es. Aber es ist offenbar zu einfach für die Menschen in Castrop-Rauxel. Oder zu unverbindlich. Viele haben Mehrfach-Termine gebucht, die sie dann gar nicht wahrnahmen.
Darum ist es der Stadtverwaltung gerade ganz recht, dass online so gut wie nie Termine verfügbar sind und fast jeder in der Sackgasse landet. Die Telefonie übernimmt derweil auf Basis des Dienstleistungsvertrages das Call Center in Bochum.
Das zeigt aber: Deutschland ist nicht bereit für den digitalen Wandel. In vielerlei Hinsicht. Bitter!
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
