Heiko Dobrindt, Rajko Kravanja, Marlies Graeber und Dirk Mai bei der Gründung des Bürgerausschusses im Oktober 2014.

Da war die Welt im Ausschuss für Bürgerbeteiligung und Stadtteilentwicklung noch in Ordnung: Der damalige Beigeordnete Heiko Dobrindt (von links), der Ausschussvorsitzende und heutige Bürgermeister Rajko Kravanja, seine damalige Stellvertreterin Marlies Graeber und Geschäftsführer Dirk Mai bei der Gründung im Oktober 2014. © Michael Fritsch (Archiv)

Die Politik muss Bürger mitnehmen – aber die müssen auch mitmachen wollen

rnMeinung

Das Ende des Castrop-Rauxeler Bürgerausschusses klingt schlecht. Aber es zeigt: Bürger wollen zwar gerne mitreden, aber zu selten mitmachen. Die Suche nach dem richtigen Weg muss weitergehen, meint unser Autor.

Castrop-Rauxel

, 31.08.2022, 08:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Wenn Sie sich Umfragen der vergangenen Jahre anschauen, bei denen Menschen sagen sollen, ob sie sich mehr Mitbestimmung für Bürgerinnen und Bürger wünschen, sagt eine Mehrheit immer „Ja“.

Doch allzu selten folgen diesem „Ja“ auch Taten. Dass die Zahl der Mitglieder politischer Parteien seit langem sinkt, ist dafür nicht der alleinige Indikator. Aber es ist ja nicht so, dass man sich in Deutschland außerhalb der Parteien gar nicht engagieren und nichts machen könnte.

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In Castrop-Rauxel können Bürgerinnen und Bürger an jeder politischen Ausschusssitzung teilnehmen, im Rat ihre Anliegen in der Einwohnerfragestunde loswerden – und natürlich Bürgerinitiativen gründen, wie zum Beispiel aktuell zum Bau des großen Spielplatzes am Hallenbad.

Und es gibt sogar einen eigenen Ausschuss für Bürgerbeteiligung. Der nun gestrichen werden soll, weil SPD und Grüne ihn offensichtlich nicht mehr für das richtige Instrument halten.

Tatsache ist: Wirklich viel Interesse gab es dort nicht in den vergangenen Jahren. Es gibt sie auch im Rat nicht, in dem regelmäßig ein einziger Bürger seine Fragen und Statements loswird. Von den anderen Ausschüssen gar nicht zu reden.

Schlechte Beteiligung offenbart ein Problem

Die schlechte Beteiligung offenbart ein tiefes Problem: Viele Bürger fühlen sich zwar von „ihren“ Politikerinnen und Politikern nicht gut repräsentiert. Sie meckern gerne, sie bringen auch gute Ideen ein. Aber wenn es darum geht, wirklich mitzumachen und diese Ideen umzusetzen, dann fehlt die Zeit oder es fehlt der Wille.

Allerdings wäre es grundfalsch, die Politiker aus der Verantwortung zu nehmen. Sie tragen stark zur Verdrossenheit bei, etwa durch kungelnde Hinterzimmer-Runden, in denen ein überparteilicher Konsens jenseits der eigentlich dafür vorgesehenen öffentlichen Gremien gefunden wird. Oder durch Ausschuss-Sitzungen, denen nur Fachleute folgen können.

Eine lebendige Demokratie kann es sich aber nicht leisten, auf die Bürgerinnen und Bürger zu verzichten. Die Politik ist in der Pflicht, ihnen gute Wege zur Partizipation zu zeigen. Das muss in Castrop-Rauxel die Aufgabe aller Politiker sein. Ob eine Bürgerbeteiligung per Los der richtige Weg ist, ist mehr als fraglich.