Eigentlich wollte Oliver Turrek mit seinem Plattenladen nur drei Monate am Biesenkamp bleiben. Nicht umsonst hat er ihn einen Vinyl-Pop-Up-Store genannt. Als er die Ladenfläche im Dezember 2020 anmietete, kam dann jedoch ziemlich schnell, und coronabedingt, noch ein Wort hinzu: aus dem Vinyl-Pop-Up-Store wurde der Lockdown-Vinyl-Pop-Up-Store.
„Und ich hatte mir also für drei Monate ein teures Schaufenster angemietet“, sagt der 53-Jährige heute und lacht. Damals entschloss er sich, immer noch im Lockdown, den Versuch zu verlängern und in der Folge auch den Mietvertrag um ein ganzes Jahr. Im Juni 2021 konnte er schließlich erstmals öffnen. War zufrieden, stellte fest: „Es funktioniert.“ Und verlängerte den Vertrag erneut, dieses Mal gleich um zwei Jahre.
Über drei Jahre statt drei Monate
Ausschlaggebend war für Turrek damals letztlich die finanzielle Unterstützung durch die Stadt im Rahmen des Förderprogramms gegen Leerstände. Der eigentliche Mieter im Ladenlokal zahlte nur 20 Prozent der Altmiete und zwar als Untermieter an die Stadt Castrop-Rauxel. 30 Prozent erließ der Vermieter, die Stadt übernahm die übrigen 50 Prozent der Kosten, gefördert vom Land NRW.
Nun sind aus drei Monaten also längst über drei Jahre geworden. Ende März aber ist wirklich Schluss am Biesenkamp – Oliver Turrek wird den Mietvertrag kein weiteres Mal verlängern und das Ladenlokal verlassen. „Für den Einstieg war das hier ganz gut, ich konnte erstmals ausstellen und es ausprobieren. Und die direkte Nachbarschaft gefällt mir auch sehr, hier fühle ich mich wohl“, sagt er. Aber …
Laden ist zu klein
Die Verkaufsfläche von, so schätzt er, knapp 45 Quadratmetern ist ihm einfach zu klein. „Ich hab ja nicht nur die Platten“, erklärt der Castroper, „sondern auch noch Musikinstrumente.“ E-Gitarren, E-Bässe, Schlagzeuge &Co. kauft er – ebenso wie die meisten Schallplatten – gebraucht auf, und repariert und pimpt sie, um sie schlussendlich weiterverkaufen zu können. „Dass ich sie hier aber nicht ausstellen kann, ist einfach schade.“

Deshalb auch ist Oliver Turrek vor etwa einem Jahr bereits in Kontakt mit dem Innenstadtmanagement der Stadt Castrop-Rauxel getreten. Denn, so sein Gedanke: Wenn jemand ein passendes Ladenlokal für sein Vorhaben kennt, dann doch wohl die Mitarbeitenden dort. „Aber bislang war leider noch nichts Passendes dabei“, erzählt der Castroper, der gerne weiter irgendwo in der Altstadt zu finden sein würde. Sein Geschäft habe sich schließlich über die Jahre gut etablieren können in der Szene, selbst aus den Niederlanden oder aus Polen kämen Musikliebhaber regelmäßig vorbei. „Womöglich ergibt sich ja noch einigermaßen kurzfristig etwas“, hofft er also.
Seine Traum-Immobilie gäbe es
Eine Traum-Immobilie gäbe es aus seiner Sicht in der Altstadt auch: die alte Schlatholt-Filiale mit den verschiedenen Ebenen an der Münsterstraße. Die allerdings ist seit dem Spätsommer bekanntlich anderweitig vermietet – Ibrahim Sharbawi und Munzer Safaya eröffneten hier damals ein Geschäft für Industrienähmaschinen. „Schade“, findet Oliver Turrek das irgendwie. „Denn genauso wie auch die neue Produktionsstätte von ‚Meine Kette‘ am Biesenkamp ist das ja eigentlich kein Geschäft für Publikumsverkehr und für eine Innenstadt“, sagt er.
Lieber wäre ihm gewesen, im alten Schlatholt-Haus so etwas zu schaffen, wie es das schon lange und in größerem Stil in Essen gibt: das Unperfekthaus. Eine kulturelle Einrichtung, wo es Gastronomie und Übernachtungsmöglichkeiten gibt. Wo aber vor allem Kreative zusammenkommen und künstlerisch tätig werden können. „Wenn ich dort Vinylplatten und Instrument verkauft hätte, und vielleicht jemand anderes Kaffee oder selbst designte Kleidung – das wäre ein schöner Farbtupfer für die Altstadt gewesen“, findet Turrek. „Aber da war ich einfach zu spät dran.“
Falls es nicht klappt, bis April etwas Neues zu finden, will der gelernte Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik aber trotzdem weitermachen. „Dann lager ich die Sachen eben wieder ein und verkaufe sie, so wie früher auch, auf Plattenbörsen“, sagt er. Betont aber auch, dass das nur eine Notlösung sei. In seinen eigentlichen Job zurückzukehren, ist jedenfalls keine Option für den Zweifach-Vater: „Ich möchte mich mit Dingen beschäftigen, die mir Spaß machen“, sagt er. Und Musik sei eben so ein Ding.
Öffnungszeiten und Kontakt
- Der Lockdown-Vinyl-Pop-Up-Store von Oliver Turrek am Biesenkamp hat bis Ende März noch wie folgt geöffnet: dienstags, mittwochs und freitags von jeweils 15 bis 18 Uhr sowie samstags von 11.30 bis 14 Uhr.
- Darüber hinaus ist der Musikliebhaber für Fragen telefonisch unter 0172/2658323 zu erreichen.
Oliver Turreks Platten-Popup-Store in Castrop-Rauxel hat eine Zukunft
Lockdown-Lückenfüller: Was wird aus dem Castroper Platten-Pop-Up-Store?