Andreas Kemna und Marcus Liedschulte sitzen jetzt für Die Partei im Rat. Zur ersten Sitzung kamen sie mit einer Stretch-Limousine und einem (alkoholfreien) Bier.

© Thomas Schroeter

Partei-Fraktion gönnte sich vor der Ratssitzung einen großen Auftritt

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Der Auftritt war groß, den sich die die beiden Partei-Politiker Andreas Kemna und Marcus Liedschulte am Donnerstag vor dem Rat gönnten. Im Stadtrat blieben sie unauffälliger. Bleibt das so?

Castrop-Rauxel

, 07.11.2020, 08:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Gerade einmal 775 Stimmen hat „Die Partei“, genauer „Die Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“ am 13. September in Castrop-Rauxel bekommen. 2,94 Prozent der Stimmen haben für zwei Sitze im neuen Stadtrat gereicht. Genau so viele wie Linke, UBP, FWI und FDP bekommen haben.

Am Donnerstag (6.11.) hatten Andreas Kemna und Marcus Liedschulte, der für den eigentlich gewählten Jan Philip Schluer nachrückte, ihre Jungfernsitzung im neuen Rat zu absolvieren. Kasperei, Satire oder ernsthafte Sacharbeit? Was würde man von den Neuen im Rat zu erwarten haben? Das fragten sich viele.

Stichelei gegen FDP-Mann Nils Bettinger

Der Auftritt von Kemna (40) und Liedschulte (50) fiel so aus, wie man es erwartet hatte: Alles andere als unauffällig. Die beiden Politiker fuhren nämlich an der Europahalle mit einer weißen Stretch-Limousine vor, deren Tür standesgemäß von einer Partei-Gefolgin geöffnet wurde.

„Das Auto ist ein Statement dafür, dass Kommunalpolitik natürlich ein reines Ehrenamt ist, wie ein bedeutender Politiker einer Castroper Spaßpartei es in den letzten Jahren so häufig erwähnt hat. Auch wenn er 1600 Euro mit der Politik macht. Mehr, als eine Friseurin verdient“, sagte Liedschulte. Direkt zu Beginn ein Seitenhieb auf Nils Bettinger (FDP). Die gegenseitigen Sticheleien sind Facebook-Nutzern längst bekannt, könnten jetzt aber wohl auch Einzug in die analoge Rats- und Ausschussarbeit halten.

Bürger werden auf Getränke eingeladen

Von dem Geld, das man für die Ratsmitgliedschaft erhält, wolle man als Partei künftig „auch Wirtschaftsförderung betreiben“, versprach Liedschulte. Jeden Monat wolle man sich eine Gaststätte aussuchen „und dort für Bürger, die wir herzlich einladen, Getränke spendieren, 100 Euro auf den Kopf hauen.“ Und dabei gern auch über Politik reden.

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Im November klappt das wegen des Gaststätten-Lockdowns noch nicht, dafür wolle man das Geld einem Gastronomen stiften, so Liedschulte. „Oder im Dezember 200 Euro versaufen“, so Kemnas Überlegung. Wenn das Geld denn schon da sei. Da musste ihn der gerade an der Europahalle vorfahrende Bürgermeister Rajko Kravanja allerdings vertrösten: „Das wird erst nächste Woche überwiesen.“

Ein angebotenes Bier wollte Kravanja, mit dem gerade Liedschulte seit Jahren gut bekannt ist, vor der Sitzung nicht trinken, flachste aber angeregt mit den Partei-Männern herum. Etwa über die Stretch-Limousine: „Habt ihr nicht auch was zu Ökologie im Programm stehen?“, wollte er wissen. „Nee, nur Tierschutz. Und der Fahrer hat keine Katze überfahren“, konterte Kemna.

Marcus Liedschulte und Andreas Kemna sitzen für Die Partei jetzt erstmals im Rat. Der Fraktionsvorsitzende Kemna saß in der ersten Reihe, gleich neben Grünen-Chef Bert Wagener.

Marcus Liedschulte und Andreas Kemna sitzen für Die Partei jetzt erstmals im Rat. Der Fraktionsvorsitzende Kemna saß in der ersten Reihe, gleich neben Grünen-Chef Bert Wagener. © Thomas Schroeter

Wer erwartet hatte, dass die beiden neuen Ratsmitglieder dann auch bei der Sitzung des Rates gleich auf sich aufmerksam machen würden, wurde eines Besseren belehrt. Kemna und Liedschulte standen wie alle Neulinge brav zur Verpflichtung der Ratsmitglieder auf, sprachen ihre Verpflichtungsformel „Ja, ich verpflichte mich“ und waren ansonsten: unauffällig.

Keine Opposition um der Opposition willen

Ob das so bleiben wird, wollten wir vom Fraktionsvorsitzenden Kemna und seinem Fraktionsmitglied Liedschulte wissen. Politik oder Posing? „Wir kriegen vom Steuerzahler wie alle Ratsmitglieder 400 Euro dafür, dass wir uns mit der Politik herum schlagen und die Bürger vertreten.“ Man werde daher nicht Opposition um der Opposition willen machen, das sei nicht das Politikverständnis der Partei, unterstrich Kemna.

„Das wäre Blödsinn. Ob wir dafür oder dagegen sind, wird vom Einzelfall abhängen“, so Kemna weiter. Einen Fraktionszwang werde es laut Abkommen dabei für Kemna und Liedschulte nicht geben. Satire aber soll es auch im Rat geben. Und nicht zu wenig. Man darf gespannt sein.

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