Oliver Lind, Bürgermeisterkandidat der CDU für die Wahl im September, ist in vielen Punkten ein Gegenentwurf zum Amtsinhaber Rajko Kravanja. © Thomas Schroeter
Bürgermeisterkandidat
Oliver Lind: „Rajko Kravanja ist im Moment vielleicht noch der bessere Büttenredner“
Oliver Lind tritt als Bürgermeisterkandidat für die CDU Castrop-Rauxel an. Der Reserveoffizier und Verwaltungsrechtler ist ein Gegenentwurf zum Amtsinhaber. Kann Lind denn auch bürgernah?
Oliver Lind als Bürgermeister-Kandidat der Christdemokraten stehe schon lange fest, sei nicht erst kurzfristig aus dem Hut gezaubert worden, betont CDU-Stadtverbandschef Carsten Papp bei der Vorstellung des 46-Jährigen.
Eine Ende 2018 eingerichtete Kommission habe sich intensiv mit der Kandidatenfindung beschäftigt und sei auf Oliver Lind gekommen, der als ausgewiesener Verwaltungsrechtler und Baurechtsspezialist nach CDU-Ansicht perfekt in das Anforderungsprofil für den Bürgermeisterjob passe.
Erster Seitenhieb gegen Kravanja
Lind sei ein ausgewiesener Fachmann und könne mit seinen Qualifikationen auch einen großen Verwaltungsapparat effektiv führen. „Das sind ja die wirklich wichtigen Dinge, und nicht, ob man Gebäude eröffnen und Pokale vergeben kann“, so Papp mit einem deutlichen Seitenhieb auf den amtierenden SPD-Bürgermeister Rajko Kravanja, gegen den Lind am 13. September antreten wird. Zuvor muss Lind aber am 21. Februar noch vom CDU-Stadtverband tatsächlich nominiert werden.
„Wenn man seit fast 30 Jahren kommunalpolitisch engagiert ist, dann ist das ein Angebot, das man nicht ablehnen kann“, kommentiert Lind die Idee der CDU, ihn ins Rennen zu schicken.
Er habe sich nicht danach gedrängt, sei mit seinen beruflichen Aufgaben sehr zufrieden. Gleichwohl aber sei das Angebot letztlich so reizvoll gewesen, dass er einfach nicht habe Nein sagen können. „Ich will nicht sagen, ich kann es besser, aber wenn man nicht mindestens den Eindruck hat, man könne es genau so gut, dann würde man ja nicht antreten“, so Oliver Lind zu den Aufgaben als Bürgermeister.
Inhaltlich sei die CDU gut aufgestellt
Inhaltlich sieht Lind die CDU für die anstehenden Wahlen zum Rat und zum Bürgermeister gut aufgestellt: „Wir haben in den vergangenen Jahren vieles politisch bewegt, seit die Ampelkoalition sich zerlegt hat. Das war gut für die Stadt, um Dinge mal nach vorne zu bringen.“
Man müsse gleichzeitig feststellen, dass sich in der Stadt vieles noch nicht bewegt habe. So hoffe man darauf, im Herbst das Mandat der Castrop-Rauxeler zu bekommen – als Fraktion und er selbst als Bürgermeister.
Als Beispiele, wo es massiv hake, bringt Oliver Lind die Stichworte Umlegungsausschuss, Stadtentwicklungsgesellschaft und Wirtschaftsförderung.
„Für die Stadtentwicklungsgesellschaft gibt es seit langer Zeit ein politisches Mandat, passiert ist aber noch nichts“, kritisiert Lind.
Und ohne einen Umlegungsausschuss, so seine feste Überzeugung, komme man nicht weiter. „Wenn man nicht in die Fläche gehen, sondern nachverdichten will, und das wollen ja etwa auch die Grünen, kommt man ohne dieses Mittel nicht aus. Es ist Zwangstausch, klar, aber anders kommen wir nicht weiter“, so der Rechtsanwalt.
Stillstand herrscht an vielen Stellen
In Sachen Grundstücksentwicklungs- und Wohnungsbaugesellschaft: Die CDU habe sich komplett ideologiebefreit auf die Diskussion eingelassen, „wo wir vor zehn Jahren noch vor ordnungspolitischen Mitteln gewarnt hätten und es der Selbstregelung des Marktes überlassen hätten“, so Lind. Aber trotzdem herrsche kompletter Stillstand. „Den gibt es übrigens auch am Alten Garten“, moniert der 46-jährige Kommunalpolitiker, der früher schon Chef der Jungen Union war.
Außerdem sei die Wirtschaftsförderung ein wahnsinnig wichtiges Feld für die Stadt, das man aber viel zu lange vernachlässigt habe und wo man nun mit der GmbH-Idee wohl auch scheitern werde. „Warum haben wir nicht einfach die Stelle des Wirtschaftsförderers besetzt? Dann hätte man da längst etwas tun können“, so Linds Kritik.
CDU-Stadtverbandschef Carsten Papp (l.) und Fraktionsvorsitzender Michael Breilmann (r.) bei der Vorstellung des Bürgermeisterkandidaten Oliver Lind. © Thomas Schroeter
Massive Kritik äußert Lind zudem am Sportstättenkonzept. Dazu werde der Bürgermeister übrigens auch als zuständiger Sachbearbeiter in den nächsten Betriebsausschuss 3 eingeladen. Lind: „Wenn ich lese, einen Plan B hat er nicht, dann kann ich ketzerisch sagen: Soll er doch Plan A erst einmal vorstellen. Ich halte es für ein Kommunikationsdesaster, dass es noch keine Veranstaltung gegeben hat, wo die Idee Bezirkssportanlage überhaupt vorgestellt worden ist, sodass Politik oder Vereine etwas dazu sagen können.“
In Sachen Bürgerbeteiligung hat Oliver Lind zudem komplett andere Ansichten als der Amtsinhaber und die SPD. „Natürlich sind wir auch für Bürgerbeteiligung. Aber man muss immer noch einen Vorhabenträger finden, der das auch mitmacht“, so Lind.
„Weniger an Stimmung interessiert“
Man könne keine Bürgerversammlung oder einen Workshop einberufen, bevor die Idee überhaupt ausgegoren sei. Da müsse man künftig einen gangbaren Mittelweg finden, der Bürger und Investoren gleichermaßen berücksichtige.
Den Vorwurf, dass er bisher sehr technokratisch und verkopft gewirkt habe, in seiner Ausschussführung schon mal ruppig rüber komme, als Bürgermeister aber auch andere Seiten zeigen müsste, kontert Lind vehement: „Man kennt mich seit Jahren in einer Funktion, in der es gilt, Beschlüsse herbei zu führen und eine sachgerechte Erörterung zu gewährleisten. Wenn es darum geht, bin ich weniger an Stimmung interessiert als an Ergebnissen.“
Dafür müsse er sich weder entschuldigen noch rechtfertigen. Die Aufgabe eines Bürgermeisters sei aber eine andere, das sei klar. „In die Rolle muss ich noch ein bisschen reinwachsen, das gebe ich ganz offen zu. Ich sehe mich aber nicht als kalten Verwaltungstechnokraten, der das Gespräch gar nicht führen kann.“
Diese Diskussion habe es auch schon in seiner Partei gegeben. Auch da habe er gesagt: „Ihr lernt mich in einer Fraktion kennen, ihr lernt mich in einem Ausschuss kennen, wo ich einen Auftrag habe, fertig, aus. Ich meine aber schon, dass ich mit Menschen locker sprechen und Menschen zuhören kann.“
Kravanja sei der bessere Büttenredner
Wenn er in dem Bereich noch etwas zu lernen habe, dann sei es aus seiner Sicht im Übrigen eher zu lernen als das Fachliche. Lind: „Wenn man sich den Amtsinhaber anhört, dann kann der sehr geschmeidig über alles reden, aber eine Frage sollte er lieber nicht zulassen. Rajko Kravanja ist im Moment vielleicht noch der bessere Büttenredner, ich nehme aber für mich in Anspruch, der bessere Verwaltungsführer zu sein.“
Oliver Lind und der CDU ist es bewusst, dass sich der Kandidat in der Stadt noch bekannt machen muss. Dazu ist eine große Roadshow durch alle Ortsteile und Verbände, Vereine und Bürgertreffen geplant. „Jeder, der mich kennen lernen will, wird das tun können“, versichert Lind. Darauf habe er seine weitere Jahresplanung eingestellt.
Er gebe zu, dass er vielleicht mal etwas brauche, um sich auf Leute einzustellen, „aber ich persönlich mag auch Politiker nicht, die einem direkt am Arm hängen, als ob man gemeinsam die Schulbank gedrückt habe.“
Unterstützung durch Parteien noch offen
Ob Oliver Lind in seinem Wahlkampf um das Bürgermeisteramt von anderen kleinen Parteien unterstützt wird, sei noch offen. Bekanntlich hatte die FWI Michael Breilmann im Jahr 2014 mit der CDU als gemeinsamen Kandidaten aufgestellt. Derartiges erwartet die CDU diesmal nicht.
„Wir sind immer im Gespräch mit allen anderen Fraktionen, sogar mit der Linken“, so Michael Breilmann, „da man uns aber jetzt ja wieder eine Stichwahl beschert hat, wird es wohl erst zur möglichen Stichwahl zu Empfehlungen von den anderen Parteien kommen.“ Wenn Oliver Lind tatsächlich in diese Stichwahl muss, werde man von CDU-Seite dazu noch einmal das intensive Gespräch mit anderen Parteien suchen.
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