
Ich habe in dieser Woche einen Blick werfen dürfen in die neue Notunterkunft für bis zu 1020 Geflüchtete in Castrop-Rauxel. 70 Minuten Rundgang mit ein paar Verantwortlichen, die den Betrieb in diesen Tagen starten. Deren Job es ist, Menschen auf der Flucht ein Obdach zu geben. Ein Termin, der mich kopfschüttelnd zurück lässt.
Ja, was hast du denn erwartet? Diese Frage stelle ich mir seither, und die Antwort ist einfach: „Gar nichts. Und darum ist die Bitterkeit so groß.“ Nach dem Rundgang mit den Gesprächen, vielen Fragen von meiner Seite und Antworten von der Bezirksregierung Münster, bei den letzten Schritten über dieses furchtbar triste Gelände, musste ich mit dem Kopf schütteln. Es überkam mich.
„Wir wollten Ihnen eigentlich noch einen heißen Kaffee anbieten, aber die Maschine ist noch nicht angeschlossen“, sagte einer der „Gastgeber“ nach der kalten Besichtigung. „Den trinken wir wohl gleich alle zu Hause“, sagte eine der Teilnehmerinnen. Abschiedsgruß. Guten Start Ihnen! Glückauf.
So kurz vor Weihnachten fuhren wir nach 70 Minuten zurück in unsere wohligen Nester. Während hier nun bald Hunderte einziehen, Nächte in Schlaflager-Boxen verbringen, Essen im Riesen-Saal an langen Tischreihen zu sich nehmen, duschen in einer der Dutzenden neuen Kabinen und sich waschen nur mit kaltem Wasser.
Es ist alles sauber, alles neu. Es ist komfortabler als in kriegszerstörten Häusern oder Flüchtlings-Camps auf Lesbos. All das: keine Frage. Aber es ist nicht mehr möglich als reines Überleben. Leben ist denen vorbehalten, die ringsum in den Häusern von Castrop-Rauxel wohnen.
Zum Überleben sind sie geflohen. In dieser Tristesse voller Motivation einen Neuanfang zu starten: kaum vorstellbar. Klar, der Ausweg können nicht Luxus-Herbergen sein. Es gibt nur einen Ausweg: Stoppt die Kriege, weltweit! Stoppt Terror und Gewaltherschafft. Aber wer hört diesen Ruf? Ich schüttle mit dem Kopf.
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