Er sagt, so schütze man die Menschen vor der Obdachlosigkeit. Ulrich Tückmantel, Sprecher der Bezirksregierung Münster, hat jetzt mit einem Team von Verantwortlichen die Gitter und Türen zur Notunterkunft für Geflüchtete in Castrop-Rauxel Habinghorst geöffnet. Wenige Tage vor dem Einzug der ersten Menschen konnten wir einen Blick reinwerfen.
Schneeregen fällt vom Himmel, es ist grau, nass und kalt. Es ist ein unschöner Vormittag, an dem man eigentlich nur zu Hause sein möchte. Aber wir sind auf einer Brachfläche, auf der gut ein Dutzend Leichtbauhallen stehen. Wie Festzelte, nur ohne Fest. Es ist eine Behausung für über 1000 Menschen in Not, die in diesen Tagen ihren Betrieb aufnehmen wird.
Eine Notunterkunft wie die, die es hier vor sieben Jahren schon einmal gab. Damals, als man von Flüchtlingskrise sprach und in der Spitze mehr als 500 Menschen gleichzeitig hier in Habinghorst eine vorübergehende Bleibe fanden. Jetzt soll sie auch ein Dach überm Kopf sein für Menschen, die aus dem Ukraine-Krieg geflohen sind, ebenso für Asylsuchende aus anderen Krisen- und Kriegsgebieten dieser Welt.
Sie haben hier alles, was man zum Überleben braucht: ein Bett, Waschbecken, WCs und Duschen, einen Speisesaal, in dem das Catering-Unternehmen Stolzenhoff Essen zubereitet und ausgibt, W-Lan und Strom zum Aufladen der Smartphones. Zum Leben aber fehlt praktisch alles: Privatsphäre, Unterhaltsames, hier mal eine Pflanze, da mal etwas Deko, ein einladendes Gelände rundherum – all das gibt es hier nicht.
Die Geflüchteten aus der Ukraine genießen die Freizügigkeit wie jeder EU-Bürger: Sie können sich selbst zum Beispiel Wohnung und Arbeit suchen. Für Asylsuchende gelten ganz andere Regeln. Darum war erst der Plan, diese Notunterkunft nur für Ukraine-Flüchtlinge zu nutzen. Nun aber sagte die Landesregierung NRW, man brauche auch Unterbringungs-Möglichkeiten für Asylsuchende. „Wir als Bezirksregierung machen das, was wir tun sollen“, sagt Ulrich Tückmantel: „Wir sorgen für eine bestmögliche Unterbringung, egal für wen.“
Für Familien hat man in den Achter-Kammern die Möglichkeit, je nach Notwendigkeit eines oder zwei der vier Etagen-Betten herauszunehmen, sodass etwas mehr Platz ist als nur für die Betten und einen kleinen quadratischen Tisch pro Kabine. Alleinstehenden Personen wird man gemeinsame Kammern mit Fremden zuweisen. Steckdosen gibt es aus Brandschutzgründen nur an einer zentralen Stelle in jedem der vier 120- und der drei 180-Personen-Zelte. WLAN soll überall verfügbar sein. Gegessen wird im großen Speisezelt an langen Tischen für je 30 bis 50 Personen.

„Wir haben eine schwierige Lage“, sagt Ulrich Tückmantel: schwer einzuschätzen, sie ändere sich laufend, vor dem Winter jedenfalls sei der Bedarf nun da. Anders als im Sommer, darum habe man den Aufbau nicht schnell vorangetrieben und im November sogar noch gewartet mit der Inbetriebnahme: „Wir wussten, dass der Winter kommt, aber wollten sie noch nicht eröffnen, wenn sie nicht gebraucht wird.“
Das sei nun eben anders. Und Tückmantel zeigt sich sicher, dass man die Notunterkunft diesmal länger brauche als 2015/16. Damals war sie nach rund neun Monaten praktisch leer, wurde nach zwölf Monaten geschlossen und wenig später abgebaut. An selber Stelle errichtete man nun seit Frühjahr, als der Krieg in der Ukraine begann, die neue Notunterkunft.
Leiter war auch schon 2015 hier
Leiten wird die Einrichtung Ragnar Eitelberg. Er ist Mitarbeiter der Bezirksregierung, ist auch Leiter der Zentralen Unterbringungs-Einrichtung (ZUE) in Marl mit 250 Plätzen, kennt sich also aus. Er war auch 2015/16 schon im Leitungsstab der Notunterkunft in Habinghorst.
Für die Betreuung ist Ina Hartwig vom Betreuungsverband des Deutschen Roten Kreuzes zuständig. Ukraine-Flüchtlinge seien erfahrungsgemäß nur eins, zwei Wochen in Notunterkünften, wenn überhaupt. Asylsuchende könnten bis zu 24 Monate in einer solchen Unterkunft bleiben.
Draußen, zwischen Asphalt, Geröll und den Schalen der Leichtbauhallen, rattern Heizöl-Brenner. Mit ihnen werden die Zelte belüftet und beheizt. Warmwasser gibt es in den dutzenden Duschen. Ulrich Tückmantel deutet auf ein Fenster: „Hier sehen Sie die Außenwand und innen den Aufbau mit der zweiten Schale, der Kabine. Sie sehen: Das hier ist kein Campingplatz.“
Ein Rundgang und wie Ulrich Tückmantel die Gegebenheiten aeinordnet: jetzt auf rn.de/castrop
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