Nachdenkliche Gespräche beim Willkommensfest

Flüchtlinge in Castrop-Rauxel

Eine Hüpfburg, ein Grill mit Halal-Würstchen (ohne Schweinefleisch) und Partymusik – so unbeschwert ging es am Samstag beim Flüchtlingsfest auf dem Fußballplatz des VfR Rauxel zu. Wer mit den Partygästen ins Gespräch kam, merkte jedoch schnell, dass die Besucher des fröhlichen Sommerfestes die Sorge um ihre Zukunft plagt.

CASTROP-RAUXEL

, 09.08.2015, 13:20 Uhr / Lesedauer: 3 min
um großen Flüchtlingsfest hatten der VfR Rauxel und die SPD am Samstag auf den Sportplatz an der Vördestraße eingeladen.

um großen Flüchtlingsfest hatten der VfR Rauxel und die SPD am Samstag auf den Sportplatz an der Vördestraße eingeladen.

Für einen Tag wenigstens sollten die Flüchtlinge, die der VfR Rauxel und die SPD zum Willkommensfest an die Vördestraße eingeladen hatte, diese Alltagssorgen ein wenig ausblenden. Die Idee dazu hatte Patrick Hübner bereits im Februar. Der Vereinsvorstand des VfR war einer der Bürger, der den Bürgermeisterkandidaten Rajko Kravanja zum Kaffeegespräch eingeladen hatte. Schnell wurden sich die beiden im Gespräch einig: „Wir zeigen den Flüchtlingen, dass sie in Castrop-Rauxel willkommen sind.“

 

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Willkommensfest für Flüchtlinge

Eine Hüpfburg, ein Grill mit Halal-Würstchen (ohne Schweinefleisch) und Partymusik – so unbeschwert ging es am Samstag beim Flüchtlingsfest auf dem Fußballplatz des VfR Rauxel zu. Wir haben viele Fotos vom Fest gemacht.
09.08.2015
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um großen Flüchtlingsfest hatten der VfR Rauxel und die SPD am Samstag auf den Sportplatz an der Vördestraße eingeladen.© Foto: Volker Engel
um großen Flüchtlingsfest hatten der VfR Rauxel und die SPD am Samstag auf den Sportplatz an der Vördestraße eingeladen.© Foto: Volker Engel
um großen Flüchtlingsfest hatten der VfR Rauxel und die SPD am Samstag auf den Sportplatz an der Vördestraße eingeladen.© Foto: Volker Engel
um großen Flüchtlingsfest hatten der VfR Rauxel und die SPD am Samstag auf den Sportplatz an der Vördestraße eingeladen.© Foto: Volker Engel
um großen Flüchtlingsfest hatten der VfR Rauxel und die SPD am Samstag auf den Sportplatz an der Vördestraße eingeladen.© Foto: Volker Engel
um großen Flüchtlingsfest hatten der VfR Rauxel und die SPD am Samstag auf den Sportplatz an der Vördestraße eingeladen.© Foto: Volker Engel
um großen Flüchtlingsfest hatten der VfR Rauxel und die SPD am Samstag auf den Sportplatz an der Vördestraße eingeladen.© Foto: Volker Engel
um großen Flüchtlingsfest hatten der VfR Rauxel und die SPD am Samstag auf den Sportplatz an der Vördestraße eingeladen.© Foto: Volker Engel
um großen Flüchtlingsfest hatten der VfR Rauxel und die SPD am Samstag auf den Sportplatz an der Vördestraße eingeladen.© Foto: Volker Engel
um großen Flüchtlingsfest hatten der VfR Rauxel und die SPD am Samstag auf den Sportplatz an der Vördestraße eingeladen.l© Foto: Volker Engel
um großen Flüchtlingsfest hatten der VfR Rauxel und die SPD am Samstag auf den Sportplatz an der Vördestraße eingeladen.© Foto: Volker Engel
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Und die Erleichterung, dass sie es tatsächlich geschafft haben, endlich in Sicherheit sind, ist den Menschen, die der Einladung nach Rauxel gefolgt waren, anzusehen. Hussam (30) erzählte, wie es ihm zusammen mit seiner 19-jährigen Frau Batool und seinem einjährigen Sohn bei der Flucht ergangen ist. Weil die syrische Familie noch kein Deutsch spricht, übersetzte Adil Tamour das Gespräch:

 

Hussam, woher kommen Sie? Wir kommen aus Damaskus. Wir hatten Angst um unser Leben und sahen in der Flucht die einzige Chance, zu überleben.

Wie haben Sie Ihre Flucht erlebt?  Wir waren zunächst zwei Jahre in Ägypten. Dort darf aber nur der bleiben, der eine Arbeit und eine Wohnung hat. Beides hatten wir nicht und bekamen von heute auf morgen den Befehl zum Abmarsch.

Was haben Sie dann gemacht? Wir haben mit meiner Mutter gesprochen, die uns das Geld für die Flucht gegeben hat. Dafür musste sie ihr ganzes Hochzeitsgold verkaufen, damit wir den Schleppern jeweils 2000, also insgesamt 4000 Dollar geben konnten. Für uns stand fest, dass es zwei Möglichkeiten gab: Hinter uns lag Damaskus – das bedeutete den sicheren Tod. Vor uns lag das Meer – das bedeutete, dass wir eine kleine Chance hatten.

Wie lange waren Sie auf dem Meer?  In einem 24 Meter langen Floßboot haben wir, eingeklemmt zwischen 435 Menschen, sechs Tage aufrecht gestanden. Zwei Tage haben wir weder etwas zum Essen oder Trinken bekommen. Dadurch hatte Batool keine Milch mehr für unseren Sohn. Die Lage war echt kritisch. Dann erreichten wir Italien.

Wie ging es weiter?  Von Italien aus sind wir weitergeschickt worden und dann endlich in Castrop-Rauxel gelandet. Jetzt wohnen wir in der Janusz-Korczak-Turnhalle.

Was wünschen Sie sich im Moment am meisten?  Erst mal sind wir froh, dass wir es überhaupt geschafft haben. Eine kleine Wohnung oder ein Zimmer, in dem wir für uns ganz allein sein dürfen, wäre eine echte Erleichterung für uns.

Die kleine Familie wirkte glücklich, aber am Ende ihrer Kräfte. Blass und ausgemergelt genoss sie die Feier auf dem Fußballplatz. Hussam, der in seiner Heimat sein Geld als Schneider verdiente, öffnete den Reißverschluss seiner Bauchtasche. 40 Euro kamen zum Vorschein. Das sei alles, was die Familie zurzeit besitze.

Fehlende Privatsphäre ist ein Problem

Nach dem Gespräch mit Hussam erzählten Kravanja und Tamour, dass in der großen Ickerner Turnhalle 153 Personen zusammen leben. Dort gibt es weder Trennwände noch irgendeine Privatsphäre. Tamour, der der privaten Facebook-Gruppe „Flüchtlingshilfe Castrop-Rauxel“ angehört, erzählte, dass es die normalen Dinge seien, mit denen man den Menschen eine Freude machen kann. Er selbst stellt Familien gelegentlich sein Badezimmer zur Verfügung, damit sie ganz ungestört duschen könnten.

Auch Sandra Stegemann, ebenfalls ein Mitglied der Flüchtlingshilfe, erläuterte, dass Patenschaften für die Familien eine große Hilfe seien. „Hilfe zur Selbsthilfe ist wichtig. Wir wollen die Leute nicht verhätscheln sondern ihnen zeigen, wie öffentliche Verkehrsmittel funktionieren oder wie man mit Behörden umgeht.“

Sieben Kinder schon beim Training dabei

VfR-Vorstand Hübner sieht gute Chancen über den Sport. „Bei uns zählt die Nationalität nicht. Das ist auf der ganzen Welt so, darum ist der Fußball eine gute Möglichkeit, Mensch zu integrieren.“ Er erzählte, dass bereits sieben Flüchtlingskinder regelmäßig zum Training kommen.

Rajko Kravanja schließlich lobte das Engagement der vielen Helfer. Es sei wichtig, Vorurteile abzubauen. „Kennenlernen hilft“, so Kravanja. „Ich habe erlebt, dass Nachbarn in Ickern oder an der Vördestraße zunächst Bedenken äußerten. Genau nach einer Woche schwärmten mir dieselben Leute vor, wie nett die Menschen aus den Flüchtlingsländern seien.“