
© Tobias Weckenbrock
Missbrauchsskandal: Kirche vor Ort muss Gläubigen Orientierung geben
Meinung
Das Münchner Gutachten zu sexuellem Missbrauch erschüttert die Katholische Kirche. Die Initiative „Out in Church“ setzt sich für eine Kirche ohne Angst ein. Über beides wird vor Ort zu wenig geredet.
Erschütterung und Enttäuschung sind zwei der Worte, die häufig fallen, wenn es um den Missbrauchsskandal von München geht und um die Rolle von Papst Benedikt. Für viele Katholiken waren die jüngsten Entwicklungen Anlass, aus der Kirche auszutreten.
Auf der anderen Seite können Initiativen wie „Out in Church“ Mut machen, dass sich die Institution Katholische Kirche doch noch bewegen könnte. Doch wie sieht es vor Ort aus?
Ich kann mir gut vorstellen, dass es für viele Gläubige, vor allem für Ehrenamtliche in Kolpingsfamilien, Frauengemeinschaften oder bei der Tafel aktuell schwer sein muss, sich mit der Kirche zu identifizieren. Dass auch Geistliche tief in ihre Glaubensgeschichte eintauchen müssen, um Mut und Hoffnung zu vermitteln.
Man darf auch in den Gemeinden nicht zur Tagesordnung übergehen
Und ja, es ist ein Riesenunterschied zwischen der Kirchengemeinde vor Ort und dem anderen Ende der Kirchen-Hierarchie – dem Ende, an dem allzu oft in der Vergangenheit vertuscht und geschwiegen wurde, wo Opfer kein Gehör fanden.
Auch wenn viele Missstände weit weg sind: Man darf auch vor Ort in Castrop-Rauxel nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, es braucht Stellungnahmen zu den neuesten Entwicklungen. Geschwiegen wird anderswo genug.
Doch ein Blick auf die Homepages oder in die Pfarrnachrichten der Pastoralverbünde in Castrop-Rauxel hilft nicht. Von dem, was viele Christen gerade bewegt, ist da nichts zu lesen. In anderen Kirchengemeinden in der Region haben Pfarrer Klartext geredet, Missstände benannt und den Gemeindemitgliedern Orientierung geboten.
Sie interessiert sicher auch, wie die Pastoralverbünde die Initiative „Out in Church“ sehen. Auch da ist man anderswo weiter. Die Katholische St.-Paulus-Gesellschaft, zu der das Rochus-Hospital gehört, hat sich mit der Initiative solidarisiert. Oder: Der Kirchenvorstand einer großen Bochumer Kirchengemeinde fordert als Arbeitgeber eine Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts. Der Appell geht an die Bischöfe: Kirche müsse ein angstfreies Arbeits- und Lebensumfeld werden. Da kann man sich nur anschließen.