Erst einer, dann zwei und schließlich kurzzeitig drei Polizeiwagen sowie ein Rest des Polizei-Flatterbandes an einem Pfosten: Das sind die einzigen Dinge, die am Freitagmittag (16.6.) an der Wartburgstraße in Castrop-Rauxel noch daran erinnern, was sich hier am Abend und bis in die Nacht zuvor abgespielt hat.
Es waren dramatische Szenen, die sich hier zwischen einem Wohnhaus, das ein Bestattungsinstitut beherbergt, und den Supermarktparkplätzen von K+K und Netto zugetragen haben: Zwei Gruppen sind gegen 17.30 Uhr aufeinander losgegangen – und prügelten sich mit Baseballschlägern, Messern, Schlagstöcken, Holzlatten und mehr.
Das teilen die Staatsanwaltschaft Dortmund und das Polizeipräsidium Recklinghausen am Freitagmittag (16.6.) in einer gemeinsamen Pressemeldung mit. Vor dem Wohnhaus, aber auch mitten auf der Wartburgstraße, auf dem hier befindlichen Kreisverkehr und auf den Parkplätzen der beiden Supermärkte gingen die Menschen aufeinander los. Das belegen zahlreiche Videos, die längst im Netz zu finden sind. Und Anwohnerinnen und Anwohner, die die Prügeleien selbst mitbekommen haben.
Mit Knüppeln und Macheten
Sie allerdings schätzen im Gespräch mit unserer Redaktion am Donnerstagabend gegen 18.30 Uhr, „dass es so 70 bis 80 Leute waren“, sagt zum Beispiel Micha. Er wohnt unweit der beiden Supermärkte und war gerade im Bad, um sich die Hände zu waschen, als er durch das auf Kipp stehende Fenster erst Geschrei und dann auch quietschende Reifen hörte. „Natürlich bin ich dann sofort rausgegangen, um nachzugucken, was da los ist“, sagt er.

Die Szenerie, die sich dann vor ihm abspielte, entsetzt ihn. „Die Leute sind von den Parkplätzen aus hier mit irgendwelchen Knüppeln und Macheten die Wartburgstraße hochgerannt. Dann haben sie aufeinander eingeprügelt, auf der Straße und im Kreisverkehr.“ Wenig später habe sich die Auseinandersetzung dann auf die Parkplätze der Supermärkte ausgeweitet. Neben den sich prügelnden Menschen sei dort auch ein älterer Herr mit seinem Auto gefahren, sagt Micha. „Als wenn das Kegel wären, ist der mutwillig im Kreis gefahren. Mit dem Ziel, die Menschen zu überfahren. Locker vier Menschen sind hier eben überfahren worden.“ Markus, der die Szenerie ebenfalls von Anfang an hat beobachten können, weil er gerade in einem der beiden Supermärkte war, bestätigt das. „Es war einfach nur krass.“ Beide schätzen, dass es eine Familienfehde war.
Überrascht und geschockt
Das legt auch das Gespräch mit Mirsad Freiberg am Freitag (16.6.), dem Tag nach der Massenschlägerei, nahe. Er wohnt ebenfalls an der Wartburgstraße und sagt, dass er die beiden Familien mit einmal libanesischer und einmal syrischer Herkunft, die tags zuvor aneinandergeraten sind, gut kennt. „Beide Familien sind sehr nett und freundlich. Sie leben beide seit Jahren hier und sind gut integriert. Die Kinder grüßen immer und winken“, sagt er.
Laut Freiberg wohnen beide Familien im gleichen Haus. Es sei nie zu Problemen gekommen – bis Dienstag (13.6.). Da habe es einen Streit gegeben. „Und gestern, also am Donnerstag, da wollten sich die Familien bei Kaffee oder Tee zusammensetzen, um diesen aus dem Weg zu räumen.“ Als er sie am frühen Nachmittag gesehen und mit ihnen darüber gesprochen habe, da „hörte es sich auch noch so an, als sei alles okay und die Unstimmigkeit aus dem Weg geräumt“, sagt Freiberg. Doch kurze Zeit später eskalierte die Situation bekanntlich.
„Ich bin überrascht, dass so etwas passieren konnte. Ich bin geschockt. Ich lebe seit 20 Jahren hier und kann sagen: Das gestern ist nicht Castrop gewesen.“
Messer durchstieß Dünndarm von 23-Jährigem: So geht es den Verletzten nach der Massenschlägerei
Massenschlägerei mit Waffen in Castrop-Rauxel: Person in Lebensgefahr – Video zeigt brutale Szenen
Brutale Szenen bei Schlägerei in Castrop-Rauxel: Video zeigt das Ausmaß der Massenschlägerei
Massenschlägerei in Castrop-Rauxel: „Friedlich klären?“ „Nein, wir schlagen euch kaputt!“
Bürgermeister Kravanja nach der Massenschlägerei: „Rassismus oder Schönreden macht keinen Sinn“