Massenschlägerei von Castrop-Rauxel Polizei übergibt vier Umzugskartons an Staatsanwalt Dombert

Massenschlägerei: Polizei übergibt vier Umzugskartons an Staatsanwalt
Lesezeit

Das 19-köpfige Team in der Ermittlungskommission „Wartburg“ hat seine Aufgabe abgeschlossen. Nun liegt die weitere Arbeit auf dem Schreibtisch von Carsten Dombert. Der Dortmunder Oberstaatsanwalt berichtet im Gespräch mit unserer Redaktion, wie die Strafverfolgung in Sachen Massenschlägerei von der Wartburgstraße im Juni 2023 nun weiter geht.

„Die Polizei hat vor zwei Wochen vier Umzugskisten an Ermittlungsakten gebracht“, berichtete Dombert am Donnerstag (22.2.2024) im Gespräch mit unserer Redaktion. Mit einem baldigen Ende der Ermittlungen sei also nicht zu rechnen, auch wenn das 19-köpfige Team mit seiner Arbeit fertig sei.

69 Beteiligte einer Massenschlägerei auf der Wartburgstraße konnte die Polizei identifizieren. In den Ermittlungsakten sollen 32 Tatnachweise enthalten sein, heißt es nach Medienberichten.
69 Beteiligte einer Massenschlägerei auf der Wartburgstraße konnte die Polizei identifizieren. In den Ermittlungsakten sollen 32 Tatnachweise enthalten sein, heißt es nach Medienberichten. © dpa

So viel Material, das sei schon ungewöhnlich für die Fälle, mit denen er sonst konfrontiert ist. „Das hat den Charakter von organisierter Kriminalität, explizit ohne dass ich gesagt haben will, dass es sich in diesem Fall um organisierte Kriminalität handelte“, so Dombert über die Massenschlägerei.

Im Juni 2023 gerieten zwei arabischstämmige Familien aneinander. Sichtbar wurde der Streit der Syrer und der türkisch-libanesischen Widersacher an einem Donnerstagnachmittag auf der Wartburgstraße, wo rund 70 Personen in eine Auseinandersetzung verwickelt waren. Dabei kamen Baseballschläger und Latten, Fäuste und Fußtritte, aber auch Messer zum Einsatz. Auf dem Parkplatz bei K+K nutzte wohl auch ein Beteiligter sein Auto als Waffe und fuhr in zwei Fällen wild auf andere Leute zu.

Riesiger Polizeieinsatz: Hundertschaft und Hubschrauber

Daraus resultierte einer der größten Polizeieinsätze, den Castrop-Rauxel in den vergangenen Jahren gesehen hat. Polizeibeamte in Streifenwagen waren zunächst vollkommen überfordert, weil um sie herum Männer wie wild aufeinander losgingen. Mit nachgeforderter Verstärkung, darunter auch stark geschützte Hundertschaften in Montur und Helm sowie ein Hubschrauber, der über eine Stunde lang über dem Viertel kreiste, sperrte man die Straße ab, kesselte Beteiligte ein und brachte Ruhe in die brenzlige Lage.

Tags darauf kam es zu einem Zusammentreffen von über 100 libanesisch-stämmigen Personen an der B235 in Merklinde, komplett durch kontrolliert von der Polizei. Tage später setzte sich die Familien-Fehde bei einem Angriff auf ein syrisches Café in Essen fort, ehe sie von einem „Friedensrichter“ in Duisburg geschlichtet und beigelegt wurde.

Für die Ermittlungsbehörden war sie damit jedoch nicht vorbei. Im Gegenteil: Innenminister Herbert Reul wollte sie haarklein nach deutscher Rechtssprechung aufklären. Nachdem die Essener Straßenschlacht keinen Ermittlungserfolg gebracht hatte, war das in Castrop-Rauxel aber anders. Zwar bestätigt Oberstaatsanwalt Carsten Dombert die Zahl von 32 Personen nicht, gegen die man konkrete Tatnachweise in der Hand habe. Aber er sagt schon, man habe 69 Personen identifiziert. Alles Weitere sei Bestandteil der Akten.

Organisierte Kriminalität habe er aber schon von Anfang an nicht gesehen. Nun sehe er sich bestätigt: „Es sieht vielmehr danach aus, was ich von Anfang gesagt habe, nämlich, dass Auslöser einfach familiäre Streitigkeiten waren“, sagte er am Donnerstag.

„Die vier Kisten muss ich durcharbeiten“

Die weitere Arbeit liege nun nicht mehr bei einem 19-köpfigen Team, sondern bei ihm: „Das ist jetzt allein meine Aufgabe, die Akten zu sichten. Ich bin derjenige, der das Verfahren bearbeitet. Die vier Kisten muss ich also durcharbeiten.“ Er könne Verfahren einstellen, aber auch Anklage erheben gegen einzelne. „Dafür muss ich genau hinsehen, was vorliegt.“

Es werde also noch einige Zeit vergehen, bis der Vorfall vor Gericht geht und dort in einzelnen mündlichen Verhandlungen justiziabel wird. Denn es müsse auch Akteneinsicht für die Verteidiger gewährt werden, all das sei mit entsprechenden Fristen ausgestattet und so weiter. Und: Sechs weitere Tötungsdelikte hat Dombert aktuell auf seinem Schreibtisch, unter anderem den Polizisten-Prozess um den erschossenen Mouhamed Dramé aus der Dortmunder Nordstadt.

In Sachen Wartburgstraße hat er es mit anderen Delikten zu tun. Versuchter Totschlag, Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung, schwerer Landfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte: Das sind die Tatvorwürfe, für die er nun Beweismaterial auswerten muss.

Und das durchaus unter Beobachtung: Die Öffentlichkeit, aber auch Innenminister Herbert Reul (CDU) werden, das zeigte auch sein Statement am Mittwoch (21.2.2024), auch hier wieder ganz genau hinschauen.