Ein Schmetterling fliegt von Blüte zu Blüte. Sie wachsen zum Teil auf bis zu 1,80 Metern Höhe. Hohe Gräser wiegen im leichten Sommer-Wind hin und her. Die Mehrfamilienhäuser mit den LEG-Schildern neben den Haustüren sieht man dahinter kaum noch. Hier waren mal kurz gemähte Rasenflächen. Jetzt ist hier eine wilde Wiese. Ein Anwohner sagt, er habe nichts gegen Artenreichtum und Wildblumen. Aber doch nicht so.
Vor seinem Haus in Ickern an der Heimstraße fahren gerade an schönen Tagen viele Menschen vorbei, wenn sie in die Emscherauen wollen. Radfahrer, Autofahrer auf der Suche nach einem Parkplatz für ihren Spaziergang am Rückhaltebecken: Hier ist Hochbetrieb. Er sei schon von Passanten angesprochen worden, in was für einem Asi-Viertel er wohne – man kümmere sich hier ja nicht mal um die eigenen Gärten, erzählt Thomas Frieling.

Der Ickerner wendet sich an unsere Redaktion. Er habe kürzlich bei der Stadt im Grünflächenamt mit einem Mann gesprochen, der auch sehr verständnisvoll reagiert habe und einen Gärtner schickte. Der sei auch gekommen, berichtet Frieling, habe aber mit einem Kollegen mit dem Mäher nur einmal rundherum entlang der Gehwege 1,5 Meter breit freigemäht.
Und dann auf Anfrage des Mieters gesagt: „Die Wiese habe ich selbst vor zwei Jahren hier angelegt, ich finde sie schön, die bleibt so.“ Viele der Mieter sähen das aber anders, und „ich bin der Letzte, der nicht für bienen- und insektenfreundliche Bepflanzung ist“.
Die LEG übernahm das Quartier vor drei Jahren von Vivawest. Die große Grünfläche in der Sackgasse gehörte aber nie dem Eigentümer, sondern schon immer der Stadt. Das bestätigt eine Sprecherin auf Anfrage unserer Redaktion. Und das bestätigt auch die Pressestelle der Stadt. „Wir haben lediglich als Mieter Jahrzehnte lang die Grünpflege auf diesem Stück mit bezahlt, da der Dienstleister diese immer mit gepflegt hat“, berichtet Frieling.

Das änderte sich dann: Die Stadt übernahm in Absprache mit der LEG die Pflegedienstleistung. „Aus dem berühmten von der Stadt Castrop-Rauxel gerne angeführten Grund des Personalmangels wurde darum hier eine ‚Blumenwiese‘ angelegt“, sagt Frieling. Aber so? Bei dem trockenen Sommerwetter erkennt er sogar eine akute Brandgefahr. „Die Hausfassaden sind alt, brennbar und sehr nah an der Wiese“, meint er.
Verletzend sei zudem ein anderer Punkt: „Wir hören immer wieder, wie schon letztes Jahr, wie ‚asozial es bei euch aussieht‘. Mit Blick auf unsere Hausschilder heißt es dann ‚Ach ja, typisch LEG, da wohnen ja eh nur Asis.‘“
Die LEG habe schon um Entschuldigung gebeten und Besserung zugesagt. Und als wir die Stadt anfragen, bis zu welchem Grad ihre Abwägung Ökopunkte gegenüber unschönem oder gar gefährlichem Wildwuchs reicht, reagiert sie auch gleich: „Ihr Leser hat ganz recht mit der Wildwiese“, sagt Maresa Hilleringmann.

Was meint sie? „Dass die Stadt mit Ausnahme einiger priorisierter Flächen keinen kurzen Rasen mehr pflegt, sondern für mehr Biodiversität und zur Erleichterung der Pflege Wildwiesen anlegt und durchaus auch wachsen lässt, heißt aber nicht, dass nicht hin und wieder doch eine Maht erfolgen muss.“
Eigentümerin des Grundstücks sei die Stadt, so Hilleringmann am Freitag weiter. Und dann kommt die gute Nachricht für die Anwohner und Beschwerdeführer Thomas Frieling: „Der Bereich Stadtgrün und Friedhofswesen wird den Wuchs zeitnah herunterschneiden.“
Die Wildblumenwiese von verschiedenen Seiten und ein Kommentar unseres Reporters auf rn.de/castrop
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