Wer bei der „Fuckmühle“ an Böses denkt... Die kuriosesten Straßennamen in Castrop-Rauxel

Die kuriosesten Straßennamen in der Stadt und deren Bedeutung
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Mit einem Post in der Facebook-Gruppe „Du bist Castroper, wenn...“ brachte ein kürzlich zugezogener Stadtbewohner einen humoristischen Stein ins Rollen. Er fragte die Community nach den lustigsten Straßennamen in der Europastadt, mehr als 100 Kommentare sammelte der Beitrag in kurzer Zeit. Vorgeschlagen wurde eine Vielzahl an Namen, jedoch stach eine Handvoll besonders hervor.

Auffällig oft fiel in der Kommentarspalte der Name „An der Fuckmühle“, eine unscheinbare Seitenstraße der Westheide in Dingen. Doch offenbar ist sie in der ganzen Stadt bekannt. Thomas Jasper vom Stadtarchiv kann versichern, dass hinter der Bezeichnung nichts Obszönes steckt. Tatsächlich gehe der Straßenname auf eine Getreidemühle zurück, die vom nahe gelegenen Deininghauser Bach angetrieben wurde. Bis heute ist die Landwirtschaft in dem Umfeld präsent.

Der vulgär anmutende Name komme wahrscheinlich aus dem Mittelhochdeutschen, erklärt Thomas Jasper. Genauer gesagt handele es sich dabei um einen sogenannten Flurnamen. Diese stammen aus längst vergangenen Zeiten, in welchen Gebiete politisch nur recht unscharf getrennt wurden. Als erstmals Straßen angelegt wurden, übernahmen die Verantwortlichen häufig die Bezeichnungen für das umliegende Land. So sei es auch mit der „Fuckmühle“ passiert, sagt der Leiter des Stadtarchivs.

Straßenschild "An der Fuckmühle" in Dingen
Ob die Straße "An der Fuckmühle" in Dingen obszön klingt, hängt von der Aussprache ab. © Tim Türke

Zudem bestehe die anstößige Assoziation überhaupt erst, seitdem sich Anglizismen großer Beliebtheit erfreuen, so Jasper. Das klingt logisch: Wer kein Englisch versteht, dem wird der Straßenname vermutlich nicht weiter auffallen.

Einfluss der Emscher

Auf Belustigung stieß bei den Facebook-Nutzern ebenfalls die Straße „In der Wanne“, die in Ickern eine Ost-West-Verbindung bildet. Der Name hat wahrscheinlich nur wenig mit der Wanne im Badezimmer zu tun. Vielmehr spiele hier die parallel verlaufende Emscher eine Rolle, meint Thomas Jasper. Anzunehmen sei, dass sich die Bezeichnung auf eine Senke beziehe, in welche der Fluss bei Hochwässern übertrat. Durch den Ausbau der Emscher sei davon heute nichts mehr zu sehen, so der Historiker.

Straßenschilder "In der Wanne" und "Am Knie"
Mindestens zwei der Top-Kandidaten sind auf die Emscher zurückzuführen. © Tim Türke

Ähnlich ist die Erklärung des Archivleiters für den Straßennamen „Am Knie“ in Ickern-Nord. Auch über diese Bezeichnung amüsierten sich die Castrop-Rauxeler auf Facebook. „Wie kaum ein anderer Fluss wurde die Emscher in ein enges Korsett gedrängt“, schildert Thomas Jasper. Der Flussverlauf sei im Verlauf der Industrialisierung nahezu kerzengerade geworden. Doch den Knick, den die Emscher in Ickern nimmt, kann man auch heute noch auf Karten erkennen. Er gab der Straße ihren Namen.

Bergbau-Vergangenheit der Stadt

Wie auch in den anderen Städten des Ruhrgebiets hat die Kohleförderung in Castrop-Rauxel Spuren hinterlassen. Wahrzeichen ist bis heute der Erinturm, der einst zur gleichnamigen Zeche gehörte. Aber nicht alle Überbleibsel des Bergbaus sind so offensichtlich. Dazu gehören Straßennamen wie „Finefrau“, „Sonnenschein“ und „Dickebank“, allesamt in Habinghorst vertreten. Sie wurden nach Kohleflözen des Ruhrgebiets benannt, weiß Stadtarchivar Thomas Jasper. Da die umliegenden Häuser als Bergarbeitersiedlung erbaut wurden, habe man sich für thematisch passende Namen entschieden.

Straßenschild "Dickebank"
Die Dickebank in Castrop-Rauxel gehört zu dem Erbe des Kohlebergbaus in der Europastadt. © Tim Türke

Besonders kurios erscheint das Straßennamen-Paar aus Dickebank und Dünnebank, finden auch die Facebook-User. Dieser unterhaltsame Gegensatz entstamme einer Tradition der Bergleute, Kohleflöze nach ihrer Ergiebigkeit zu taufen. Während sie der Dickebank relativ viel Kohle entnehmen konnten, ließ der Ertrag der Dünnebank wohl zu wünschen übrig.

Derartige Hinweise auf Bergbau-Vergangenheit sind nicht nur in der Europastadt zu finden, merkt Thomas Jasper an. In Witten gibt es ebenfalls eine Straße namens „Sonnenschein“, in Bochum führt die Finefraustraße durch den Stadtteil Hordel und in Dortmund-Dorstfeld verläuft die Dickebankstraße.

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