Massen-Kündigung der Stadtwerke Castrop-Rauxel Eon reagiert mit „großer Verwunderung“

Eon reagiert mit „großer Verwunderung“
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Eon muss zum Jahresende aller Wahrscheinlichkeit nach Tausende Kunden aus Castrop-Rauxel aufnehmen, die aktuell Strom oder Gas von den Stadtwerken Castrop-Rauxel beziehen. Die Stadtwerke haben allen Kunden zum Jahresende gekündigt, die einen Vertrag mit Preisbindung haben.

Gleichzeitig geben die Stadtwerke ihren Kunden die Möglichkeit, ihnen eine Vollmacht zu erteilen, die besagt, dass die Stadtwerke den Kunden wieder unter Vertrag nehmen, wenn sie wieder günstigere Verträge anbieten kann als der Grundversorger.

Doch was sagt Eon zu diesem wohl einzigartigen Vorgehen?

Ein Unternehmenssprecher spricht auf Anfrage unserer Redaktion von beunruhigenden Tendenzen: Als Grund- und Ersatzversorger müsse man aktuell in vielen Regionen Deutschlands einspringen und umplanen, um Kunden weiter zu versorgen, denen von ihrem bisherigen Anbieter gekündigt wurde. Dann äußert er sich gezielt zu den Castrop-Rauxeler Stadtwerken.

„Mit großer Verwunderung“ habe man die Ankündigung zur Kenntnis genommen, „Kunden über eine vorgelegte Vollmacht wieder zurückholen zu wollen – aber erst bei sinkenden Preisen, also wenn die Krise vorüber ist. Dass sich Anbieter durch solch ein Verhalten bewusst ihrer Verantwortung entziehen, ist für uns in keiner Weise nachvollziehbar und nicht im Sinne der Kunden.“

Preisentwicklung unsicher

Eon sei in vielen Regionen als Grund- und Ersatzversorger zuständig. „Wir nehmen unsere gesellschaftliche Verantwortung ernst. Dazu gehört, dass wir seit Beginn der Energiekrise noch häufiger als verlässlicher Versorger für Verbraucherinnen und Verbraucher einspringen, deren bisherige Energieanbieter sich aus dem Geschäft zurückgezogen haben.“

Wie sich die Preise weiter entwickeln werden, da ist aber auch Eon trotz seiner Größe nicht sicher. „Trotz zeitweiser Entspannungen an den so genannten Spotmärkten bleiben die Beschaffungskosten für Energie hoch und weiterhin über dem Vorkrisenniveau“, sagt der Eon-Sprecher.

„Bislang konnten wir die teils massiven Preissteigerungen aufgrund unserer langfristigen Beschaffungsstrategie abfedern, Verbraucher müssen sich jedoch darauf einstellen, dass sich die gestiegenen Beschaffungskosten künftig noch stärker in den Preisen widerspiegeln werden.“ Eine konkrete Entwicklung der Preise sei nicht seriös prognostizierbar.

Doch im Klartext heißt das wohl: Eon schließt baldige Preiserhöhungen bei der Grundversorgung nicht aus.

Grundversorgung für neue Kunden

Fest steht: Eon nimmt am 1. Januar 2023 die Kunden in den Grundversorgungstarif auf. Ob der bei Strom und Gas noch zu den Preisen angeboten wird, die aktuell gelten, ist offen. Derzeit liegen die Preise mit 12,1 Cent pro Kilowattstunde Gas und 30,85 Cent/kWh Strom deutlich unter den günstigsten Angeboten, die man in Castrop-Rauxel auf dem freien Markt bekommen kann. Aber die Preise können anders als bei Preisgarantie-Verträgen kurzfristig angepasst werden.

Ohnehin ist in diesem Herbst noch zu erwarten, dass der Gesetzgeber aktiv wird. Angekündigt sind sowohl bei Strom- als auch bei Gaspreisen ein Deckel. Für Privathaushalte ist eine Obergrenze von 40 Cent je Kilowattstunde Strom und bei 18 Cent für Erdgas im Gespräch.

Dieser Höchstpreis soll für 80 Prozent des Jahresverbrauchs gelten. Der Marktpreis bei den günstigsten Anbietern für Laufzeitverträgen laut Vergleichsportal Verivox bei rund 50 Cent je Kilowattstunde, für Gas bei rund 20 Cent. Die Stadtwerke Castrop-Rauxel verlangen ab 1. Januar 20,99 Cent/kWh für Gas und 69,99 Cent/kWh Strom.

VZ sagt Nein zu Vollmacht

Die Verbraucherzentrale Castrop-Rauxel riet im Gespräch mit unserer Redaktion Stadtwerke-Kunden dazu, die Vollmacht für die Rückholaktion nicht zu unterschreiben. Sie verweist darauf, dass man zu Jahresanfang selbst Preise vergleichen könne. Dann wird auch die Preisbremse der Bundesregierung konkreter geregelt sein.

Kunden der Stadtwerke können sich am Dienstag (22.11.) ab 19 Uhr auf einer Veranstaltung in der Stadthalle am Europaplatz über die Einzelheiten der Kündigung und der Vollmacht informieren.

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