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Kommentar: Nach Corona-Datenpanne sind die Bürger gefragt
Corona
Offiziell ist der Kreis Recklinghausen direkt von der Corona-Warnstufe Grün auf Rot gesprungen. Wegen einer ärgerlichen Datenpanne. Nun stehen wir Menschen umso stärker in der Verantwortung.
Unsere Redaktion hat es schon am Donnerstagmittag (8.10.) geschrieben: „Infizierten-Zahl im Kreis Recklinghausen liegt über Grenzwert.“ Da hatte der Kreis gerade bekannt gegeben, dass sich kreisweit pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen knapp 40 Menschen mit dem Coronavirus infiziert hatten.
Ab dem Schwellenwert von 35 gilt die sogenannte Warnstufe Gelb, die Schutzmaßnahmen zur weiteren Verbreitung des Coronavirus müssen verschärft werden. Doch am Donnerstag wurde nichts Entsprechendes beschlossen. Denn nicht die Zahlen des Kreises sind entscheidend dafür, ob die Schwelle erreicht ist, sondern die des Landeszentrums für Gesundheit (LZG). Und da lag der Kreis noch bei unter 35.
Doch am Freitag, da waren sich alle Verantwortlichen einig, würde es soweit sein. Am Freitagmorgen beschlossen die Bürgermeister, welche Vorschriften gelten sollten. Nur: In Kraft traten sie noch immer nicht. Weil die Zahl des Landeszentrums für Gesundheit wiederum einen Wert von unter 35 auswies, im Vergleich zum Vortag sogar sank. Verwirrung allenthalben. „Eine Datenpanne“, hieß es am Freitagnachmittag aus dem Kreishaus. Doch korrigiert wurde nichts.
Am Samstagmorgen nun ist die Datenpanne korrigiert worden und zwar so einschneidend, dass direkt Warnstufe Rot gilt.
Verspätung wegen Datenpanne
Die Folge: Weil Daten, die Jedermann kostenlos im Internet einsehen kann, falsch von Behörde A an Behörde B übertragen wurden, gelten kreisweit erst einen ganzen Tag später neue Schutzmaßnahmen, derweil die Zahlen steigen und steigen.
Nun kann man zu dem Schluss kommen, dass sich der eine Tag Unterschied nicht allzu sehr bemerkbar machen wird. Zu den zusätzlichen Vorschriften gehört beispielsweise eine Maskenpflicht an weiterführenden Schulen oder an Kitas für Erzieherinnen und Erzieher.
Und die wäre wohl so oder so nicht noch gestern Nachmittag umgesetzt worden, sondern erst am Montag. Und in den Schulen dank der Ferien erst in zwei Wochen.
Datenpanne darf sich nicht wiederholen
Aber bei den Warnstufen geht es nicht nur um die Vorschriften, nicht nur um Maßnahmen der Stadtverwaltungen. Sondern es geht auch darum, die Gefahr des Virus in die Köpfe der Menschen zu bekommen, um die Sensibilisierung der Menschen.
Zu viele von uns sind zuletzt zu sorglos geworden, bei Partys zu Hause, an Sportplätzen, generell in der Öffentlichkeit. Und da macht es durchaus einen Unterschied, ob ich mit dem Gefühl in den Tag starte, in einem stark von Corona betroffenem Gebiet zu leben oder eben nicht.
Weil wir die Stufe Gelb offiziell übersprungen haben, geht es nun direkt ans Eingemachte, werden vielleicht noch am Wochenende schärfere Maßnahmen beschlossen, brauchen reisewillige Bürger schnell einen negativen Coronatest, um viele Urlaubsziele anfahren zu dürfen.
In all das schlittern wir Bewohner des Kreises Recklinghausen nun unvorbereiteter, unsicherer, weniger sensibilisiert. Weil eine Datenpanne verhindert hat, dass jemals die Warnstufe Gelb galt. Nun müssen wir selbst uns umso schneller auf die neue Situation einstellen – vor allem, damit die Zahlen wieder sinken.
Als Journalist arbeite ich seit mehr als 25 Jahren. Im Kreis Unna bin ich dagegen noch recht neu, aber voller Neugier auf Menschen, Städte und Gemeinden. Schreiben habe ich gelernt, komme aber viel zu selten dazu. Dafür stehe ich gerne mal vor der Kamera.
