
Sie gründen eine Bürgerenergie-Genossenschaft: Ulrich Werkle, Jens Langensiepen und Sebastian Land (v.l.) wollen so die Energiewende in Castrop-Rauxel vorantreiben. © Tobias Weckenbrock
50 Euro gegen den Klimawandel: Castrop-Rauxel gründet Energiegenossenschaft
Gemeinschaftsenergie
Die Energiewende klingt abstrakt. Aber nun wird sie vor Ort konkret: Jetzt kann in Castrop-Rauxel jeder selbst Teil der Bewegung werden. Dafür braucht man nur einmalig 50 Euro.
Das Thema Energiewende ist nicht von heute auf morgen geschafft. Aber es braucht mehr als Regierungen und Unternehmen, die es vorantreiben. Darum gründet sich am Mittwoch (7.9.) im Castroper Dieze eine Bürgerenergie-Genossenschaft. Sie soll den Genossen Rendite bringen, aber vor allem das gute Gefühl, dem Klimawandel etwas entgegen zu setzen.
Ulrich Werkle, Sebastian Land und Jens Langensiepen sind voller Energie, als sie am Montag mit unserer Redaktion darüber sprechen, was am Mittwoch passieren wird: Im Erin-Park gründet sich eine neue Genossenschaft. Sie wird klein starten und es wird wohl noch ein halbes Jahr dauern, bis sie sichtbar wird. Aber dann will sie Teil der Bewegung werden, Windkraftanlagen und Solaranlagen in großem Stile in Castrop-Rauxel zu bauen.
Jens Langensiepen erläuterte dieses Ansinnen schon im Ausschuss für Wirtschaftsförderung: „In den letzten Monaten haben wir hart daran gearbeitet“, berichtete er dort. „Im Laufe des Septembers gehen wir in die Gründung. Die Satzung ist zu 99 Prozent fertig.“
Projektname „Gemeinschaftsenergie Castrop-Rauxel eG“
Und in der Tat: Am Montag (5.9.) legte die Gründungs-Crew um den Bochumer Familienvater und ITler Sebastian Land, Grünen-Urgestein Ulrich Werkle und der Stadtwerke-Geschäftsführer Langensiepen ein 25-seitiges Papier vor: Unter dem Projektnamen Gemeinschaftsenergie Castrop-Rauxel eG wird sich eine Genossenschaft gründen.
„Wir brauchen konkrete Projekte, um gründen zu können“, sagte Jens Langensiepen kürzlich noch. Und: „Wir haben den Wunsch, dass wir weitere Player finden, die sich für erneuerbare Energien stark machen. Wir brauchen jede Kraft, jede helfende Hand.“

Das Ernst-Barlach-Gymnasium könnte mehr Photovoltaik-Anlagen vertragen, so wie viele andere Gebäude und Freiflächen in Castrop-Rauxel auch. © RVR 2022
Neben den Stadtwerken, die mit ihrer Expertise aus dem bisherigen Aufbau erneuerbarer Energiekraftwerke (Windkraft und Solaranlagen) unterstützen wollen, kann jeder dabei sein: Man muss nur eine Mindesteinlage von 50 Euro für einen Genossenschaftsanteil beitragen, gern auch schon 500 Euro für zehn Anteile, um als einer von vielen Köpfen in der Genossenschaft mitentscheiden zu können und einen Kapitalstock aufzubauen, mit dem sich ab Frühjahr 2023 etwas bewirken lässt: Zwei Dächer von großen Scheunen-Neubauten, das Dach des Ernst-Barlach-Gymnasiums, aber auch einige Freiflächen sind schon als Kandidaten dabei, wo man PV-Anlagen realisieren könnte.
Man kann mit bauen an einer Photovoltaik-Anlage
Die Genossenschaft entscheidet dann gemeinschaftlich und schüttet eine Rendite an die Genossen aus. Später soll man sich außer bei Versammlungen auch beim Aufbau einzelner Anlagen mit eigener Handarbeit einbringen können. „Das ist ein tolles Gefühl“, sagt Sebastian Land, „wenn man so ein Modul mal in der Hand hat und es mit eigener Kraft festschraubt. Man tut etwas für seine Kinder und deren Kinder.“
Man trete nicht in Konkurrenz zu anderen Genossenschaften wie denen von Bürgersolaranlagen oder Bürgerwindrädern. Und schon gar nicht zu den Plänen der Stadtwerke. „Wir wollen bis 2030 einen Anteil von 80 Prozent erneuerbarer Energien in Castrop-Rauxel erreichen“, sagt Jens Langensiepen. Und Ulrich Werkle ergänzt die Zahlen der Stadt aus dem letzten Umweltausschuss: „Wir erkennen in unserem Entwicklungspfad für den Ausbau, wie groß diese Aufgabe nun Jahr für Jahr wird. Wir haben 2021 immerhin schon wieder neue 135 Anlagen in Castrop-Rauxel, nachdem in der Delle 2015 nur 25 gebaut wurden. Aber wir hätten laut dem Entwicklungspfad über 300 gebraucht.“ 2022 habe man jetzt schon 130 neue Anlagen, die Tendenz stimme also.
Bei 20 Prozent erneuerbaren Energien ist Castrop-Rauxel heute. Mit der Bürgerenergie-Genossenschaft will man ab Mittwoch selbst den Ausbau vorantreiben. Und wer nicht selbst PV-Anlagen bauen kann, weil er kein Eigentum besitzt, kann nun auch selbst mitmischen.
So kann man mitmachen
- Gründungsversammlung ist am Mittwoch, 7.9.2022, 19 Uhr: Dieze, Erinstraße 6.
- Wer nicht teilnehmen kann, kann trotzdem Genosse werden. Mit 50 Euro ist man mit einem Anteil dabei. Mehr Infos auf der neuen Website www.gemeinschaftsenergie.org.
- Anteilseigner können mit Renditen von 5 bis 7 Prozent rechnen und sich aktiv an Entscheidungsprozessen beteiligen, müssen das aber nicht.
- Den erzeugten Strom kann man allerdings nicht selbst nutzen.
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.

Geboren und aufgewachsen im Bergischen Land, fürs Studium ins Rheinland gezogen und schließlich das Ruhrgebiet lieben gelernt. Meine ersten journalistischen Schritte ging ich beim Remscheider General-Anzeiger als junge Studentin. Meine Wahlheimat Ruhrgebiet habe ich als freie Mitarbeiterin der WAZ schätzen gelernt. Das Ruhrgebiet erkunde ich am liebsten mit dem Rennrad oder als Reporterin.
