Klare Kante: „Mich stört, dass Politik trotzdem weiter machen darf!“

rnGastbeitrag

Er ist bekannt, er ist einer dieser „bunten Hunde“ in Castrop-Rauxel. Jetzt äußert sich Frank Ronge in einem Gastkommentar zur Wahlmüdigkeit der Menschen. „Das ist doch beschämend!“, motzt er.

Castrop-Rauxel

, 02.10.2020, 20:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

„Ich glaubet nicht!“ Das hab ich schon nach dem ersten Wahlgang gesagt, als die Wahlbeteiligung bei unserer Kommunalwahl unter 50 Prozent lag. Dass bei der sogenannten „Stichwahl“ weniger als 30 Prozent zur Wahl gehen, war weniger überraschend. Wieso stört mich das eigentlich, wenn ich doch selbst wählen gegangen bin? Tausende Nichtwähler*innen stört es auch nicht...

Aber mich stört auch, dass Politik trotzdem weiter machen darf. „Ich kannet nich glauben!“ Wie kann es sein, dass man Bürgermeister*in wird, wenn mehr als die Hälfte gar nicht mitwählt? Die Verantwortlichen für Politikverdrossenheit machen einfach weiter! Weil die Verdross*innen sie einfach machen lassen. Und das Desinteresse der Bürger*innen hat keine Konsequenzen. Politik kann weiter machen. Weiter so. Warum auch nicht?

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Wenn irgendwann nur noch 20 Prozent zur Wahl gehen... Egal. Immer weiter. Die Prozentzahlen für die Parteien bleiben ja gleich.

Frank Ronge vom Jugendtreff Café Q und dem Stadtjugendring beim Stadtfest des Bündnisses für Demokratie vor einem Jahr.

Frank Ronge vom Jugendtreff Café Q und dem Stadtjugendring beim Stadtfest des Bündnisses für Demokratie vor einem Jahr. © Tobias Weckenbrock

Ach, wenn man das doch mal auf alle Wahlberechtigten rechnen würde... Dann hat der Bürgermeister 20 Prozent, der andere ca. 10 Prozent erreicht. Das ist doch beschämend! „Isset zu glauben?“

Das scheint nicht nur ein Problem der Politik zu sein. Nein. Auch die Kirchen haben irgendwie die Verbindung zu ihren „Wähler*innen“ verloren. Diese „Politik- und Kirchenverdrossenen“! Kein Interesse mehr an ihrer Stadt, an ihrer Zukunft, an ihrem Leben?

Leere Wahllokale am Wahltag: An vielen Stellen in der Stadt sah es am Sonntag so aus wie hier in Dingen. Was lernen wir daraus?

Leere Wahllokale am Wahltag: An vielen Stellen in der Stadt sah es am Sonntag so aus wie hier in Dingen. Was lernen wir daraus? © Tobias Weckenbrock

„Dat glaub ich aber nicht!“ Von wegen! Natürlich sind die Menschen interessiert! Natürlich sind das alles unsere Themen: Tagtäglich tauschen wir uns darüber aus, was mir in meiner Stadt begegnet, wie sich Leben anfühlt, wie es uns geht, was wir erlebt haben, was wir hoffen, was wir beklagen, wer uns zum Lachen gebracht hat, wie wir etwas verändern können, wie wir mal ohne Perspektive waren, wie wir geholfen haben, wo wir Hilfe brauchen, was wir wünschen, was uns stört und was uns zu Tränen gerührt hat.

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Wir sind Menschen. Noch immer. Zu 100 Prozent. Wir brauchen wieder Gespräche! Aber auf Augenhöhe. In gleicher Sprache. Menschlich. Ehrlich. 100-prozentig!

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Der Autor

Frank Ronge ist Vorsitzender des Stadtjugendrings, arbeitet für die Evangelische Kirche in Habinghorst als Spiel- und Theaterpädagoge und schreibt als @WattbinichFRo auf Instagram.
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