Die Kaufland-Filiale in Castrop-Rauxel hatte in den vergangenen Wochen an Streiktagen regulär geöffnet – obwohl sich auch in dem Geschäft am Widumer Tor ein Teil der Belegschaft daran beteiligte. „Wie der Konzern eine reguläre Öffnung sicherstellt, entzieht sich meines Wissens. Entweder gibt es genug StreikbrecherInnen oder die gewerkschaftliche Mobilisierung in diesem Betrieb tendiert gegen null“, erklärt Sabine Seibel, Vorsitzende des DGB-Ortsverbands Castrop-Rauxel, gegenüber unserer Redaktion vor etwa zwei Wochen, als wir versuchten zu erklären, wie diese reguläre Öffnung sichergestellt werden kann.
Sabine Seibels Vermutung, dass die gewerkschaftliche Mobilisierung in diesem Betrieb gegen null tendiert, konnten wir durch eine Anfrage an Kaufland bereits ausschließen, denn: Laut Unternehmenssprecherin Alisa Götzinger beteiligten sich von den regulär über 90 Mitarbeitenden rund 25 Personen an jedem Streiktag. „Also ungefähr ein Drittel der Belegschaft“, wie sie sagt. Eine Mitarbeiterin der Kaufland-Filiale in Castrop-Rauxel hat nun im Gespräch mit unserer Redaktion erzählt, wie das Unternehmen dies aus ihrer Sicht ermöglichen kann. Da sie sich vor möglichen Konsequenzen fürchtet, möchte sie anonym bleiben.
„Nachbarschaftshilfe“
Die Mitarbeiterin sagt, dass es bei Kaufland in solchen Fällen eine intern genannte „Nachbarschaftshilfe“ gibt. „Das heißt, dass die sich dann Leute aus einem anderen Laden, wo es – anders als bei uns in Castrop-Rauxel – keinen Betriebsrat gibt, holen“, erklärt sie. Diese „Nachbarschaftshelfer“ bekämen neben ihrem regulären Lohn auch die Fahrtkosten erstattet und würden mit 110 Euro extra bedacht.
Dass es eine Prämie gibt, bestätigt Alisa Götzinger auf Nachfrage unserer Redaktion, wenngleich sie dabei weniger konkret ist. Die Kaufland-Unternehmenssprecherin schreibt: „Wie gesetzlich geregelt besteht für unsere Filialen daher die Möglichkeit, an Streiktagen Hilfe aus benachbarten Filialen einzubeziehen. Dafür erhalten sie eine extra Vergütung.“
„Streikbrecherpauschale“
Diese „Nachbarschaftshilfe“ ist auch der DGB-Ortsverbandsvorsitzenden Sabine Seibel bekannt. „Wir haben davon unter der Hand auch schon gehört, wenngleich wir dazu natürlich nicht ‚Nachbarschaftshilfe‘ sagen, sondern ‚Streikbrecherpauschale‘“, sagt sie im Gespräch mit unserer Redaktion am Dienstag (25.7.). Wie sie ausführt, sei gegenüber dem DGB auch schon von höheren Pauschalen bis zu 250 Euro die Rede gewesen.
Für den Deutschen Gewerkschaftsbund und die ihm angeschlossenen Einzelgewerkschaft Verdi sei das Unternehmen Kaufland „im Moment so ein Buch mit sieben Siegeln. Wir wissen einfach nicht, was dort hinter den Kulissen abgeht“, sagt Sabine Seibel. Das liege daran, dass es zwischen dem DGB und der Kaufland-Mitarbeiterschaft keinen bis kaum Austausch gebe. Auch zum Betriebsrat der Kaufland-Filiale in Castrop-Rauxel habe bislang kein Kontakt bestanden.
Die Kaufland-Filiale in Castrop-Rauxel ist übrigens bei weitem nicht die einzige, die an den Streiktagen regulär geöffnet hatte. Wie Sabine Seibel sagt, „ist das bundesweit in den Filialen so gewesen. Auch diesbezüglich stehen wir derzeit mit Verdi in Kontakt und versuchen, mehr über das Vorgehen des Unternehmens herauszufinden.“
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