Leerstände: In der Altstadt in Castrop-Rauxel Castrop-Rauxel gibt es immer mehr verwaiste Ladenlokale.

© Nora Varga

Kampf gegen Leerstände: Stadt wird Mieter in der Castroper Altstadt

rnImmobilien

Mit der Commerzbank verlässt wieder ein Mieter die Altstadt. Ein Castrop-Rauxeler Makler zeigt Wege auf, wie das Castrop-Rauxeler Stadtzentrum wiederbelebt werden kann.

Castrop

, 09.07.2021, 15:45 Uhr / Lesedauer: 3 min

Verrammelte Fenster und verwaiste Schaufenster: In der Castroper Altstadt stehen viele Ladenlokale leer. Bei einem Spaziergang haben wir mehr als 20 Leerstände ausgemacht - oder Ladenlokale, die aktuell nicht genutzt werden.

Immer wieder hört man, dass die kleinen Innenstädte aussterben. Gerade während Corona waren die Existenzsorgen der Händler vor Ort groß.

Für einige der Leerstände sucht Makler Uwe Blase nach neuen Mietern. Einer seiner Mitarbeiter, Immobilienkaufmann Michael Dschaak, sagt: „Grundsätzlich ist es gerade ziemlich schwierig mit Leerständen in der Innenstadt.“ Nach dem langen Lockdown und der Ungewissheit sei die Stimmung unter möglichen Mietern nicht die Beste.

„Viele haben Angst sich niederzulassen, mit Provision, Miete und Ausstattung, nur um dann einen Monat später wieder zu schließen.“ Die Stimmung habe sich zwar mit der Lockerung der Maßnahmen gebessert, aber sei dennoch angespannt.

Lob an die Stadtverwaltung

Michael Dschaak: „Viele Mieter wünschen sich jetzt kurze Laufzeiten für Mietverträge oder wollen Klauseln für zukünftige Lockdowns haben, um sich abzusichern.“ Ein großes Lob gibt es von dem Immobilienkaufmann an die Stadt Castrop-Rauxel und das Land NRW. Mit einem groß angelegten Förderprogramm wollen sie versuchen, den Leerstand zu bekämpfen.

Jetzt lesen

Bei dem Projekt wird nicht das (private) Unternehmen zum Mieter, sondern die Stadt. Und das für bis zu zwei Jahre. Sie zahlt in diesem Zeitraum 70 Prozent der Miete, die der letzte Pächter gezahlt hat. Der Vermieter verzichtet also auf 30 Prozent der Miete.

Der eigentliche Mieter im Ladenlokal zahlt nur 20 Prozent der Altmiete und zwar als Untermieter an die Stadt Castrop-Rauxel. Die übernimmt die übrigen 50 Prozent der Kosten, gefördert vom Land NRW. 70 Millionen Euro stehen über das Sofortprogramm Innenstadt für alle Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung.

Das Land NRW begründet das Förderprogramm mit der Bedeutung des Stadtkerns für die Lebensqualität der Bürger: „Von ihrer Qualität, Vielfalt und baulichen Attraktivität hängt die Wettbewerbsfähigkeit der Städte und Regionen ab.“ Wie Stadtsprecherin Uta Stevens erklärt, sei das Projekt in Castrop-Rauxel gerade noch im Aufbau. Zusätzliche Stellen würden momentan noch eingerichtet, um zu garantieren, dass alle Interessenten betreut werden können.

Für Michael Dschaak ein Konzept, das wirklich Veränderung bringen kann: „Die Mieter können dann erst mal Fuß fassen. Nach den zwei Jahren kann man dann noch mal schauen. Mieter und Vermieter setzen sich an einen Tisch.“

Jetzt lesen

„Da muss ich die Stadt und das Land wirklich mal loben, das ist eine tolle Idee.“ Er habe bereits erste Besichtigungen mit einem Interessenten und der Stadt gehabt. Aber die Förderung sei nicht für jedes Objekt geeignet. Dschaak: „Das macht natürlich nicht jeder Vermieter mit und wenn ich ein begehrtes Objekt in Top-Lage habe, dann wird sich auch normal jemand finden.“

Neue innovative Ideen

In Castrop-Rauxel sieht er anders als in den Großstädten wenig frische Ideen für Ladenlokale und Leerstände: „Da gibt es viele Handyläden und Friseure, aber es mangelt an neuen Konzepten.“ Ein Beispiel aus jüngerer Zeit zeigt, dass auch andere Geschäftsideen fruchten können, wie der Donut-Anbieter „Royal Donuts“.

Mit ausgefallenen Kreationen und extravaganten Donuts hatte die Verkaufsstelle in Castrop-Rauxel gleich zum Start Erfolg. „Das war eine gute Sache. Solche Start-ups oder Trendgeschäfte beleben die Innenstadt.“ In seinen Augen haben klassische Dienstleister keine Zukunft. „Früher oder später werden die vom Online-Handel aufgefressen.“

Was ist ein Franchise?

Ein Franchise ist ein Vertriebssystem. Es gibt zwei Parteien. Den Franchise-Geber und den Franchise-Nehmer. Der Franchise Geber will seine Produkte oder Dienstleistungen verkaufen und sucht sich dafür einen Partner, den Franchise-Nehmer. Im Endeffekt wird der Laden dann nicht von der Firma selbst, sondern von dem Partner geführt. Ein berühmtes Franchise ist die Fast Food Kette McDonalds. Die Lebensmittel, Einrichtung und Ausstattung wird von McDonalds gestellt, aber der Inhaber des Lokals ist ein eigenständiger Unternehmer. Weitere Franchise Ketten sind Burger King, Back Werk, Kamps oder Royal Donuts.

Wenn er sich zwischen Franchise-Nehmer oder unabhängigen Ladeninhabern entscheiden muss, sind für ihn die Ketten zukunftsfähiger. Michael Dschaak: „Die haben einfach die großen Ketten dahinter stehen, die das Zeug dazu haben, am Ball zu bleiben.“ Natürlich dürfe man Familienunternehmen und kleine Händler nicht vernachlässigen, aber die Risiken und Einstiegshürden seien höher.

Cafés wie in Italien

Die zweite wachsende Branche seien Cafés und Restaurants. „Wenn man mal an kleine italienische Städte denkt, dann punkten die nicht durch die tollen Läden, sondern durch die schönen Cafés, die Stimmung erzeugen.“ Auch hier gibt es in Castrop-Rauxel ein Paradebeispiel. Das 1910 am Markt ist an schönen Tagen oft komplett belegt.

FOTOSTRECKE
Bildergalerie

Leerstände in Castrop-Rauxel

Ladenlokale, in denen keine Geschäfte sind. In Castrop-Rauxel gibt es viele Leerstände oder Lokale, die aktuell nicht vermietet werden.
09.07.2021

Schwierig zu vermarkten seien Flächen mit ungünstig geschnittenen Grundrissen. „In dem Ladenlokal, in dem früher Schlatholt war, liegt ein Großteil der Fläche im Untergeschoss. So was möchte heute keiner haben.“ Auch zu große Lokale seien nicht gefragt. „Kleine Flächen mitten an der Einkaufsstraße gehen dagegen immer gut.“

Jetzt lesen

Trotz aller Sorgen würden in Castrop-Rauxel viele Grundfaktoren stimmen. Michael Dschaak hat selbst jahrelang in unmittelbarer Nähe zur Castroper Altstadt gewohnt. „Castrop ist ganz gut angebunden. Man kommt aus allen Stadtteilen ziemlich schnell zum Münsterplatz.“ Für eine kleine Ruhrgebietsstadt wie Castrop-Rauxel sei das schon gut. Parkplätze könne es zwar immer mehr geben, aber grundsätzlich sei das in fast allen Städten so.

Langfristig müsse man schauen ob Castrop-Rauxel gegen die Leerstände ankämpfen kann. Denn klar sei: Je mehr Leerstände es gibt, desto unattraktiver wird die Stadt und mehr Geschäfte schließen. Ein Teufelskreis. Ob Castrop seine Altstadt retten kann? Michael Dschaak: „Das geht schon. Es müssen eben alle Beteiligten an einem Strang ziehen.“

Lesen Sie jetzt