
Jörg Haase in seiner Werkstatt zu Hause, in der er viele kaputte Dinge repariert. © Ronny von Wangenheim
Ehrenamtler verlässt Repair-Café Castrop-Rauxel: Ein Zeichen setzen
Ehrenamt in der Krise
Das Ehrenamt in Castrop-Rauxel hat unter der Corona-Pandemie gelitten. Der Neuanfang ist schwer. Das spürt auch das Team des Repair-Cafés. Ein Mitglied steigt aus. Er will ein Zeichen setzen.
Lange lief nur wenig in den Vereinen. Treffen waren über Monate nicht oder nur eingeschränkt möglich. Das Ehrenamt leidet unter der Corona-Pandemie. Wieder in Schwung zu kommen, scheint schwierig zu sein. Jetzt meldet sich einer der Ehrenamtlichen aus dem Repair-Café Castrop-Rauxel zu Wort.
Jörg Haase ist seit der Gründung des Repair-Cafés dabei, erzählt er im Gespräch mit unserer Redaktion. Als technischer Leiter war er auch für die Beschaffung der Ersatzteile zuständig. Sein Wissen gibt er gerne weiter, auch in vielen Videos, die er über Youtube veröffentlicht. Doch jetzt ist er ausgestiegen. „Ich wollte ein Zeichen setzen“, sagt er.
Die Gründe sind vielfältig. Einer davon: „Ich ärgere mich über die Untätigkeit der Politik, über fehlende Unterstützung.“ Hilfe könnte das Repair-Café dringend gebrauchen, findet er. Es geht um feste Räume, so Jörg Haase, wo das Material und die Werkzeuge bleiben und nicht wieder immer neu herangeschleppt werden müssen.
Seniorenzentrum wegen Corona keine gute Option mehr
Diese Räume gab es nach den Anfängen mit wechselnden Veranstaltungsorten: Die Awo stellte 2018 Räume im Wilhelm-Kauermann-Seniorenzentrum kostenlos zur Verfügung.
Doch in der Corona-Pandemie sind die Besuchsbestimmungen streng, und das gilt bis heute. „Das wird auch in den nächsten zwei Jahren nichts“, vermutet Jörg Haase. Zeitweise hat man durchs Fenster hinweg gesprochen und defekte Geräte zur Reparatur angenommen. Doch das sei ja nicht Sinn der Sache: Es geht um das gemeinsame Reparieren, das Gespräch, das Vermitteln von Technik-Know-How und Wertschätzung den alten Geräten gegenüber.
Das Gemeindehaus St. Josef in Habinghorst ist jetzt die Ausweichadresse. Doch hierher muss wieder alles mitgebracht werden. Zusätzlich gibt es donnerstags Sprechzeiten im Kauermann-Zentrum. Der Aufwand sei für ihn zu groß, das arbeiten damit nicht effizient, findet der gelernte Maschinenschlosser, Radio- und Fernsehtechniker.

Jörg Haase macht seit vielen Jahren mit im Repair-Café, das Bild zeigt ihn im Einsatz 2016. © Volker Engel
„Wir müssten feste Räume haben, ohne Miete zu zahlen“, sagt Haase. Denn man wolle als Ehrenamtlicher den Zwang nicht, regelmäßig Geld erwirtschaften zu müssen. Es habe dazu in der Vergangenheit Gespräche mit der Stadt gegeben. Doch erfolglos, so der Castrop-Rauxeler.
Repair-Café ist Botschafter für die Stadt
Dabei sei das Repair-Café durchaus auch Botschafter für die Stadt Castrop-Rauxel geworden. Anfragen erhalte man bundesweit. Dies vor allem durch den Youtube-Kanal, dessen Namen „Repair-Café“ Jörg Haase nach seinem Ausscheiden aber jetzt in VE99 geändert hat. Mehr als 11.000 Abonnenten zählt er bereits.
Daneben sieht der 62-Jährige auch, dass es schwer ist, wieder da anzuknüpfen, wo man vor Corona aufgehört hat. Rund 24 Ehrenamtliche seien es „vor Corona“ gewesen. „Vom Knowhow her absolute Spitze, alles Profis und sehr engagiert“, sagt er. Aber längst nicht alle seien wieder da: „Ich vermisse das Wir im Team.“
Und ja, auch die fehlende Anerkennung durch die Kunden des Repair-Cafés macht dem Ehrenamtler zu schaffen. Wenn Menschen völlig selbstverständlich einen kaputten Staubsauger bringen, der völlig verdreckt sei, oder der Prütt noch die Kaffeemaschine verklebe, dann werde es schwierig, die richtige Motivation aufzubringen.
Jörg Haase findet einen Masterplan für das Ehrenamt gut
Mit Interesse habe Jörg Haase gelesen, dass Marc Frese erklärte, dass er den Verein Mein Ickern nicht weiter führen wolle. Dessen Forderung nach einem Masterplan teilt Jörg Haase. Auch er glaubt, dass Politik und Stadt helfen müssen, das Ehrenamt wieder in Schwung zu bringen.
„Durch mein Weggehen will ich ein Signal setzen“, sagt er. Das Potenzial beim Repair-Café sei hervorragend. „Ich hoffe, dass wieder Schwung reinkommt“, so Jörg Haase. Und wie er das alles erzählt, ist klar: Wenn Hilfe benötigt würde, er wäre bereit.
Repair-Café Castrop-Rauxel
- Im Repair-Café geht es um Nachhaltigkeit, Einsparung von Ressourcen, Umweltschutz und gemeinschaftliches Handeln.
- Menschen können elektrische und mechanische Kleingeräte, Kleinmöbel, Spielzeug, PC-Hardware und Software, Mediengeräte und kleinere Haushaltsgeräte bringen und unter Anleitung der ehrenamtlichen Fachleute reparieren.
- Termine sind einmal im Monat, am 9. Juli, 13. August und 10. September, im Gemeindehaus St. Josef, Lessingstraße 22. Reparatur müssen vorher angemeldet werden unter Tel. (02305) 9209589. Infos auch online unter www.repaircafe-castroprauxel.de
- Jeden Donnerstag, 17 bis 19 Uhr, ist eine Sprechzeit im Kauermann-Seniorenzentrum, Bahnhofstr. 83a. Hier ist dann mindestens ein Mitarbeiter vor Ort.