Ickerner wartet seit Monaten auf Fenster – Betrug?
Auseinandersetzung mit Glaserei
Der Ickerner Björn Johannsen brauchte zwei neue Dachfenster für die Lichtluken im Flachdach. Er wendete sich im Herbst 2016 an eine Glaserei und zahlte die Hälfte des Kostenvoranschlages an: 845 Euro. Doch bis heute hat er seine neuen Fenster nicht. Und erreicht seit Monaten auch niemanden mehr. Was nun?

Der Schriftverkehr zwischen Björn Johannsen und der Glaserei ist dokumentiert.
Am 31. März hatte der Ickerner Björn Johannsen, 42, Familienvater mit zwei Kindern, die Nase endgültig voll. Er ging zur Polizei im Erinpark und erstattete Strafanzeige. Die Bescheinigung darüber sowie alle weiteren Dokumente legt er unserer Redaktion vor.
Der Straftatbestand: Betrug. Konkreter ist es eigentlich das Nichterbringen einer vertraglich vereinbarten Leistung. Denn die Fenster, die er samt Einbau beim Unternehmen bestellte, sind nicht eingebaut. Bis heute. Den freundlich formulierten Kostenvoranschlag nebst Rechnung, 50 Prozent bei Auftragserteilung, 50 Prozent bei Fertigstellung, vom 8. September beglich er nachweislich am 18. Oktober per Überweisung.
Montagetermin immer wieder verschoben
„Dabei war der Herr, als er zum Aufmaß bei uns im Haus war, sehr freundlich und aufgeschlossen“, sagt Björn Johannsen. Am 15. Oktober, drei Tage vor der Überweisung, wurde Johannsens Ton dann schon etwas rauer: „Wir waren so verblieben, dass Sie sich am gestrigen Freitag, 14. Oktober, bei mir oder meiner Frau melden, um die Montage der Dachfenster in der kommenden Woche zu terminieren. Dieser Anruf ist ausgeblieben, daher würde ich gerne wissen, wie es weiter geht“, schickte er als Fax an die Firma.
Sie telefonierten, vereinbarten einen Montagetermin – und als der Tag im November kam, rief 20 Minuten vor der vereinbarten Zeit der alleinige Geschäftsführer an: Es tue ihm sehr Leid, aber die Fenster seien gerade beim Verladen kaputt gegangen. Mit der Schlechtwetterperiode im Winter verschob sich das Thema aufs nächste Jahr.
Glaserei nicht mehr zu erreichen
Björn Johannsen äußerte am 18. Dezember per Fax den Wunsch, die Rechnung für die Steuererklärung noch mit Datum 2016 zu versehen und sie ihm zuzuschicken. Er bot sogar an, sie in der Firma abzuholen, aber es kam: Keine Antwort. Das Thema ruhte weiter, und als Johannsen im Spätwinter/Frühjahr versuchte, den Faden wieder aufzunehmen, um die Reparatur endlich in die Tat umzusetzen, war die Glaserei nicht mehr zu erreichen unter den bis dato bekannten Nummern – weder per Telefon, noch per Fax.
Johannsen forscht selbst nach
Er erstattete Strafanzeige, schickte an die Postadresse der Firma, persönlich an den Geschäftsführer, eine Rücktrittserklärung vom geschlossenen Vertrag mit der Einforderung der Rückzahlung der 845 Euro.
Parallel forschte er selbst bei der Kreishandwerkerschaft nach, was aus dem Unternehmen geworden sei. Antwort des stellvertretenden Hauptgeschäftsführers Ludgerus Niklas: „Nach unseren Informationen soll die GmbH ihre Geschäftstätigkeit in den bisherigen Räumen einstellen bzw. eingestellt haben.“
Auch bei der Handwerkskammer Münster forschte er nach: Dort gibt es eine Vermittlungsstelle, die zur Beilegung von Differenzen oder Streitigkeiten zwischen selbstständigen Handwerken und ihren Auftraggebern dienen soll. Man biete auch dem Kunden, in diesem Fall Björn Johannsen, kostenlos eine neutrale Vermittlung an, so die Auskunft von Mitarbeiterin Monika Wilken.
Strafanzeige fallen gelassen
Beweiserhebungen und Sachverständigengutachten seien dabei nicht eingeschlossen, sie diene aber dazu, langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Problem: Die Teilnahme an der Vermittlung ist freiwillig – und das Unternehmen antwortete im April auf eine Anfrage der Vermittlungsstelle nicht.
Anfang April war das. Ende April meldete sich Monika Wilken wieder bei Björn Johannsen: „Nach unserer schriftlichen Aufforderung hat sich der Handwerksbetrieb leider nicht mit uns in Verbindung gesetzt. Wir müssen daraus den Schluss ziehen, dass eine Vermittlungstätigkeit durch unser Haus nicht gewünscht wird.“
Die Strafanzeige sei inzwischen aufgrund von Geringfügigkeit fallen gelassen worden. Die GmbH, so ergaben es Recherchen von Björn Johannsen, soll noch existieren. Und ein Insolvenzantrag ist bisher nicht in der öffentlich einsehbaren Datenbank aufzufinden.
Unternehmen aus Castrop ebenfalls betroffen
Die Fenster sind noch die Alten, Johannsen hat 845 Euro für nichts bezahlt. Ein Unternehmen in der Stadt ist ebenfalls geschädigt: Hier hat die Glaserei eine ausstehende Rechnung in Höhe von mehr als 800 Euro. Mahnungen wurden nie beantwortet. Der Vorgang in der Finanzbuchhaltung des Unternehmens wurde inzwischen zu den Akten gelegt. Johannsen sagt: „Ich gebe keine Ruhe, bis ich mein Geld habe.“ Nun sucht er weitere Geschädigte.
Susanne Voss, Leiterin der Beratungsstelle der Verbraucherzentrale, rät bei einer Anzahlung von 50 Prozent zur Vorsicht. Eine Anzahlung sollte dann erst geleistet werden, wenn der Handwerker die Fenster in die Garage stellt und man gleichzeitig für kommende Woche einen Einbautermin vereinbart. Und zwar dann bei Anlieferung, nicht vorher. Vorkasse ist immer ein großes Risiko.
Das Prinzip der Sammelklage, wie Johannsen nun vor hat, gibt es in Deutschland nicht. Jeder muss individuell seine Ansprüche geltend machen. Man muss sich die Frage stellen, was sich noch lohnt, ohne dass man selbst wieder ins Portemonnaie greifen muss. Der Kunde könnte Zivilklage einreichen, die vertraglichen Leistungen erzwingen. Nur wer will so einen Handwerker nochmal in seine Wohnung lassen?
Gerichtliches Mahnverfahren: Hat der Kunde die Rückzahlung angemahnt, kann man nun über ein gerichtliches Mahnverfahren verschärfen. Dazu muss man einen Antrag auf Erstellung eines Mahnbescheides stellen. Man kann das online veranlassen, muss mit Gerichtsgebühren in Höhe von 30 bis 40 Euro rechnen. Die werden später aber dem Angemahnten in Rechnung gestellt. Die Firma hat bis 14 Tage nach erfolgter Zustellung Zeit, kann einen Widerspruch einlegen oder zahlen. Dabei prüft das Gericht nicht, ob die Forderung berechtigt ist.
Der Vollstreckungsbescheid: Sollte die Firma in den 14 Tagen immer noch nicht reagieren, dann geht es auf die zweite Stufe: Der Vollstreckungsbescheid. Das kostet noch einmal Gebühren. Wenn dann nichts geschieht, gibt es einen Titel. Das ist vergleichbar mit einem richterlichen Urteil, aber nur auf dem Postweg. Ein Gerichtsvollzieher kann dann ermitteln, ob es etwas zu pfänden gibt mit dem entsprechenden Gegenwert.
Klagt man selbst, geht man mit auch Rechtskosten in Vorleistung. Es sei denn, man ist rechtsschutzversichert: Dann kann ein Geschädigter alles einem Anwalt übergeben. Oft hat man dabei eine Selbstbeteiligung von rund 150 Euro. Versicherungskonzerne beugen damit vor, dass man nicht mit jeder Kleinigkeit einen Anwalt aufsucht.
Es bleibt aber dabei: Selbst wenn man im Zivilverfahren Recht bekommen hat, ist nichts gewonnen, wenn man das Urteil nicht vollstrecken kann, weil der Beklagte nicht zahlt.
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