
© Lydia Heuser
Haustürgeschäft: Arnold Schneider will zurück in alte Verträge mit Eon
Energieunternehmen
Nach unserem Bericht über Haustürgeschäfte von Eon-Vertriebspartnern melden sich weitere Betroffene bei uns. Arnold Schneider (72) hat mit zig Eon-Mitarbeitern gesprochen. Keiner kann ihm helfen.
Dass Eon offenbar neue Verträge über Haustürgeschäfte in Castrop-Rauxel abschließen lässt, hat viele Leser unserer Zeitung beschäftigt. Wir hatten Anfang April über den Castrop-Rauxeler Klaus Ehemann berichtet, der durch solch ein Haustürgeschäft überrumpelt wurde. Nach der Veröffentlichung meldeten sich weitere Betroffene bei uns.
Einer von ihnen ist Arnold Schneider (72). Auch bei ihm klingelte ein Mann, den Schneider als Mitarbeiter von Eon identifizierte. Schneiders Strom- und Gasvertrag würden bald auslaufen, er könne aber neue Verträge zu den gleichen Konditionen abschließen. Dass die Verträge erst im Oktober auslaufen, war Schneider zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst.
„Der hatte alle meine Daten in seinem Laptop. Er wirkte sehr glaubwürdig“, so der 72-Jährige. Seit 30 Jahren sind er und seine Frau Kunden bei Eon. Nie hatte das Ehepaar Probleme mit seinem Energielieferanten.
Ist das seriös?
Als seine Frau von den Vertragsabschlüssen an der Haustür erfuhr, bekam sie Zweifel an der Seriosität. „Ich habe dann nochmal bei Eon angerufen. Sowas gebe es bei Eon nicht, dass die Vertreter rausschicken“, fasst Arnold Schneider das Gespräch zusammen. Die Eon-Pressestelle schreibt auf Anfrage der Redaktion, dass es sich um „Vertriebspartner“ handelt.
Als Arnold Schneider die Unterlagen zu den neuen Verträgen prüfte, stellte er fest, dass die Konditionen keineswegs gleich waren. „Arbeits- und Grundpreis waren höher.“ Er nahm das 14-tägige Widerrufsrecht in Anspruch, schickte das Schreiben per Einschreiben zum Unternehmen. „Die Bestätigung kam. Und dann ging es los.“
Die neuen Verträge hatte Arnold Schneider unter der Prämisse unterschrieben, dass die Altverträge weiter Bestand hätten, er in die Verträge zurück könne, falls er widerrufen sollte. Doch in die alten Verträge kam er nicht zurück. Das Ehepaar landete in der Grundversorgung.
Für Gas sollte man plötzlich einen Abschlag von 141 statt 105 Euro zahlen. Für Strom sollte er plötzlich nur noch 56 Euro zahlen. „Da haben die mich anfangs viel zu niedrig eingestuft“, sagt Schneider. Nach einem erneuten Anruf beim Kundenservice einigte man sich auf 97 Euro monatliche Vorauszahlung.
Bewusst aus den Altverträgen gedrängt?
„Ich habe mit Sicherheit 20 Telefonate mit Eon und dem Grundversorger geführt. Und jedes Gespräch hat mindestens eine halbe Stunde gedauert.“ Arnold Schneider ist genervt und weiß nicht mehr weiter. Als er den Fall von Klaus Ehemann in unserer Zeitung liest, entdeckt er seine Geschichte wieder und meldet sich bei uns.
Tatsächlich kommt Bewegung in die Sache, nachdem wir die Pressestelle von Eon kontaktieren. Wir konfrontieren den Energieversorger mit dem Verdacht, dass Kunden aus ihren Altverträgen durch Haustürgeschäfte gedrängt werden. Diesem Vorwurf widerspricht Pressesprecher Mario Leikop.
Widerrufe seien innerhalb der gesetzlichen Frist schließlich möglich. „Im Regelfall“ würden Kunden dann „auch wieder zu ihren vorherigen Konditionen beliefert“.
Im Fall von Klaus Ehemann und Arnold Schneider ist das aber nicht passiert. Der Redaktion sind inzwischen noch zwei weitere Fälle aus Castrop-Rauxel bekannt, die dasselbe Problem haben.
Tipp vom Juristen: „Hartnäckig bleiben“
Dass Schneider nach dem Widerruf in die Grundversorgung gefallen ist, wundert den Juristen Holger Schneidewindt von der Verbraucherzentrale NRW nicht. Der Widerruf beziehe sich allein auf den neuen Vertrag und impliziere nicht, dass automatisch der alte Vertrag gelte. Aber: „Man hat Anspruch auf den alten Vertrag.“ Schneidewindt rät in solchen Fällen: „Hartnäckig bleiben.“
Die Hartnäckigkeit von Arnold Schneider hat sich offenbar ausgezahlt. Eon-Sprecher Leikop versichert in einer schriftlichen Antwort an diese Redaktion, dass es sich um „einzelne Bearbeitungsfehler“ gehandelt habe: „Wir haben die Angelegenheit für Herrn Schneider in der Zwischenzeit korrigiert und bitten ihn für die Verzögerung um Entschuldigung.“

Die Eon-Konzernzentrale steht in Essen. Eon ist für Kunden in Castrop-Rauxel auch für die Grundversorgung zuständig. © picture alliance / Ina Fassbender/dpa/Symbolbild
Schneidewindt rät grundsätzlich von Haustürgeschäften ab. „Die Mitarbeiter dort sind natürlich geschult, das ist völlig klar.“ Eon indes will das Gespräch mit dem langjährigen Vertriebsmitarbeiter suchen, der Arnold Schneider die neuen Verträge angeboten hat.
Außerdem verteidigt das Unternehmen die Preisgarantien, die mit neuen Verträgen abgeschlossen werden. Denn: Die „massiven Steigerungen in den Beschaffungspreisen“ schlügen sich künftig selbst in bestehenden Verträgen nieder. Die Tarife seien „qualitativ hochwertig“, teilweise mit Öko-Komponente und zweijähriger Preisgarantie.
Verbraucherschützer Schneidewindt rät Kunden, sich Zeit zu nehmen, um Konditionen neuer Verträge zu vergleichen. Ad-hoc-Entscheidungen zwischen Tür und Angel hält er grundsätzlich für eine schlechte Idee.
Auch die Verbraucherzentrale hilft dabei, den passenden Tarif auszuwählen. In Castrop-Rauxel an der Mühlengasse 4 ist sie montags und donnerstags von 9 bis 12 und 14 bis 18 Uhr, dienstags und freitags von 9.30 bis 15 Uhr geöffnet.
Geboren und aufgewachsen im Bergischen Land, fürs Studium ins Rheinland gezogen und schließlich das Ruhrgebiet lieben gelernt. Meine ersten journalistischen Schritte ging ich beim Remscheider General-Anzeiger als junge Studentin. Meine Wahlheimat Ruhrgebiet habe ich als freie Mitarbeiterin der WAZ schätzen gelernt. Das Ruhrgebiet erkunde ich am liebsten mit dem Rennrad oder als Reporterin.
