Die schriftliche Kritik von den Fraktionsvorsitzenden Michael Breilmann (CDU) und Nils Bettinger (FDP) ließ nicht lange auf sich warten: Ihre gemeinsame Mitteilung im Zuge der Ablehnung des Haushaltssanierungsplans durch die Kommunalaufsicht hatte es in sich: „Die rot-grüne Haushaltspolitik ist de facto gescheitert“, lautet die schwarz-gelbe Bilanz.
Beide Fraktionsvorsitzende halten „zeitnahe Gespräche mit dem Verwaltungsvorstand für dringend erforderlich“. Handlungsbedarf bestehe aus ihrer Sicht vor allem die Forderung der Kommunalaufsicht, weiter nach Konsolidierungsmöglichkeiten zu suchen – also Sparmaßnahmen zu benennen. Die im Sanierungsplan aufgelisteten würden nicht ausreichen. Sich erst im Haupt- und Finanzausschuss Anfang September auszutauschen, das halten die Oppositionspolitiker für zu spät. Sie wollen schnell beraten und üben Kritik daran, dass die „rot-grüne Koalition noch im Ferien- und Urlaubsmodus“ weilt.
Auf Nachfrage bestätigt Michael Breilmann: „Wir müssen jetzt mit der Situation umgehen.“ Zwei Monate wolle er nicht warten. Während in der Oppositions-Mitteilung noch scharf gegen die rot-grüne Regierung geschossen wird, stimmt er im Gespräch versöhnliche Töne an: „Wir müssen jetzt gemeinsam mit der Situation umgehen und handlungsfähig bleiben.“
SPD-Fraktionschef Daniel Molloisch reagiert ebenfalls. Nicht auf die Mitteilung der Kommunalaufsicht, wohl aber auf die Oppositions-Attacke: „Ich bin über den Brief der Opposition überrascht, dass die Opposition überrascht ist.“ Heißt: Aus seiner Sicht sei der Haushalt, der mit den Stimmen der Koalitionsparteien beschlossen wurde, nie genehmigungsfähig gewesen. Redebedarf sieht Molloisch aber ebenfalls: „Ich spreche mit allen gerne und bin entspannt hinsichtlich der Kritik der Opposition.“

Kritik an der Landesregierung
Eine Spitze verkneift er sich aber nicht: Dass diese Kritik von jemandem komme, dessen Partei der Landesregierung angehöre, könne er nicht verstehen. Denn das Land habe die Grundlage für die Haushaltsplanungen aufgestellt. Und Kommunen, nicht nur Castrop-Rauxel, rufen bis zur Bundesebene förmlich nach Hilfe.
In einer Sache sind sich Breilmann und Molloisch einig: Eine Lösung für die Altschulden würde zu einer großen Entlastung der Stadt-Finanzen führen. Diese müsse zwingend erreicht werden.
Der Kämmerer ist entspannt
Kämmerer Michael Eckhardt ist derweil am Donnerstagmorgen (18.7.) keineswegs in Panik. „Wir haben schon ganz viele Jahre ohne genehmigten Haushalt geschafft“, sagt er und meint damit die Jahre vor den Stärkungspakt-Millionen. Die Finanzspritzen haben Castrop-Rauxel dann bis 2021 bei der Konsolidierung geholfen. In den Folgejahren 2022 und 2023 waren die leichten Plus-Haushalte nur zu schaffen, weil Corona- und Energie-Mehrkosten ausgeklammert werden durften.
„Das zeigt nochmal, dass es an der grundsätzlichen Finanzierung hapert“, sagt Eckhardt. Im Gegensatz zu anderen Kreis-Städten falle es der Europastadt auf die Füße, keine finanziellen Ausgleichsrücklagen zu haben. Dennoch bleibt er hoffnungsvoll: „Ich sehe nicht den Untergang des Abendlandes in Castrop-Rauxel.“

Dass der Haushalt einer Kommune genehmigungsfähig ist, wenn er in zehn Jahren eine positive Bilanz aufweist, hält Eckhardt für einen weiteren „Ausweg“ für zahlreiche Pleite-Kommunen: „Das ist Schön-Rechnerei auf zehn Jahre. Mit seriöser Haushaltsplanung hat das nichts zu tun.“ Schon eine Entwicklung auf fünf Jahre könne man nicht sicher vorhersehen. Natürlich habe man auch in Castrop-Rauxel hin und her gerechnet, ob man eine positive Haushaltsprognose bis 2033 errechnen kann. „Doch dann hätte ich mich als Lügen-Baron hinstellen müssen“, sagt der Kämmerer.
Und jetzt? Ohne genehmigten Haushalt werden Castrop-Rauxel Restriktionen bei der Kreditaufnahme auferlegt, die zudem besonders priorisiert werden. Auch der vom Rat verabschiedete Stellenplan kann nicht so einfach umgesetzt werden. Besonders die personalwirtschaftliche Einschränkung sei eine schmerzhafte Begleiterscheinung dieser Haushaltslage, so Eckhardt. Trotz Ratsbeschluss könnte die Kommunalaufsicht also eine zu besetzende Stelle im Rathaus nicht genehmigen.
„Wir müssen befördern können“
„Wir müssen unbedingt weiter Personal gewinnen, wir müssen auch befördern können, wir müssen verhindern, dass Mitarbeiter lieber in anderen Städten arbeiten wollen, weil sie glauben, Castrop-Rauxel sei pleite“, sagt Eckhardt.
Er hofft weiterhin auf gute Gespräche mit der Kommunalaufsicht beim Kreis Recklinghausen. Denn bei dem aktuell herrschenden Fachkräftemangel wäre das ein weiterer Schlag bei der Personalgewinnung.