
Dr. Holger Knapp von der Gemeinschaftspraxis am Ickerner Markt gibt Hilfestellung, wie man sich derzeit in der Booster-Frage verhalten soll. © Sümpelmann
Hab ich jetzt Corona? Ärztlicher Rat zur Herbstwelle in Castrop-Rauxel
Dr. Knapp klärt auf
Wir haben mal wieder um ärztlichen Rat gefragt: Viele Menschen sind zurzeit erkältet. Macht sich die Welle auch in den Arztpraxen bemerkbar? Was sollten Betroffene tun? Dr. Holger Knapp hilft.
Husten, Schnupfen, Hals- und Gliederschmerzen, Fieber und Abgeschlagenheit: Das kennt so gut wie jeder, vor allem in der dunklen Jahreszeit. Aber was ist, wenn ich jetzt Husten und Schnupfen habe? Hab ich Corona, hab ich eine einfache Erkältung? Woran erkenne ich das, was sollte ich tun – und was unbedingt lassen? Dr. Holger Knapp gibt auf Anfrage unserer Redaktion wieder ärztlichen Rat.
Es ist derzeit eine ziemliche starke Erkältungs-Grippe-Corona-Herbstwelle unterwegs. Es sind viele Leute verschnupft und erkältet. Was dem jeweils zugrunde liegt, ist sehr unterschiedlich. Es sind oft Rhino-Viren und grippale Infekte, wo sich weder im Schnelltest noch im PCR-Test eine Corona-Infektion nachweisen lässt.
Das sollte aber nicht zu Leichtsinn verleiten. Ich würde nach wie vor dazu raten, die Selbsttests auf Corona relativ großzügig durchzuführen, gerade, wenn man andere Leute trifft: bei Feiern und Familienfesten, insbesondere, wenn Personen aus den Risikogruppen (Ü60 und/oder vorerkrankt/immungeschwächt) dabei sind.
Man sollte vorher einen Corona-Test machen, auch wenn man nicht symptomatisch ist, denn bei Kindern oder auch anderen jüngeren und auch geimpften Personen treten oft bei einer Corona-Infektion gar keine Symptome auf. Insofern kann es immer passieren, dass eine Übertragung auf ältere Personen stattfindet, auch wenn man sich selbst gesund fühlt. Vor größeren Treffen, egal ob privat oder dienstlich, würde ich einen Selbsttest empfehlen.
Sollte er positiv ausfallen, entfällt inzwischen die Pflicht, das Testergebnis im PCR überprüfen zu lassen. Das halte ich auch für sinnvoll, denn es ist rausgeschmissenes Geld. Wenn Schnelltests positiv sind, ist mit sehr hoher Sicherheit klar, dass es sich um eine Corona-Infektion handelt. Man muss sie nicht durch einen teuren PCR-Test bestätigen, außer vielleicht bei medizinischem Personal. Dort will man auch CT-Wert, also die Ansteckungsgefahr für das Umfeld ermitteln.
„Statistik ist nur noch wenig aussagekräftig“
Wobei man natürlich sagen muss, dass dieser Test das sicherste Nachweis-Medium ist. Darum und weil nur PCR-Ergebnisse in die Statistik eingehen, machen wir nach wie vor PCR-Tests in unserer Praxis. Die Frage, ob die Statistik nicht Schnee von gestern ist, ist aber auch erlaubt: Die Dunkelziffer ist heute so hoch, dass die Statistik nur noch wenig aussagekräftig ist.
Die Erkältungswelle hat uns fest im Griff. Im Sommer war das Infektions-Niveau aber auch nicht viel geringer, weil uns da die Omikron-BA.5-Welle überrollte. Aber das Niveau lässt sich noch gut handlen.
Ich rate nach wie vor dazu, sich impfen zu lassen. Die neueste Stiko-Empfehlung hat mich dabei überrascht: An der Empfehlung hat sich nicht viel geändert, nur für immungeschwächte oder Personen über 60 Jahren wird die vierte Impfung empfohlen.
Stiko-Empfehlung: „Ein bisschen enttäuschend“
Ich finde das ein bisschen enttäuschend, denn wir haben den angepassten Impfstoff auf BA.4 und BA.5. Es ist doch wünschenswert, dass die Menschen sich erst gar nicht anstecken, statt nur vor schweren Verläufen und Tod geschützt zu sein. Klar, für das Gesundheitssystem und das persönliche Schicksal der Menschen ist der zweite Faktor wichtiger. Aber ich fände es auch schön, wenn die Infektionszahlen nicht in die Höhe schießen, damit man geringere Quarantäne- und berufliche Ausfallzeiten hat. Eine Corona-Infektion ist auch für jüngere Menschen oft nicht schön.
Ich rate dazu, sich Anfang November gegen die Grippe impfen zu lassen, zumindest wenn man der Risikogruppe angehört. Man kann das dann sehr schön mit Corona zusammen machen, eine fünfte Impfung gibt es aber noch nicht.
Ältere, die über 60 Jahre sind und Vorerkrankungen haben, sollten sich bei einem positiven Schnelltest zudem möglichst schnell in der Praxis vorstellen. Es gibt zwei Medikamente, Paxlovid und ein zweites, die man gegen eine Corona-Infektion einsetzen kann. Damit kann man den Verlauf abkürzen, Ich habe schon gute Erfahrungen damit gemacht.
Man muss hier die Interaktionen mit anderen Medikamenten abschätzen, aber das geht ganz gut. Man sollte sich hier nur sehr früh, möglichst schon vor Symptombeginn, melden, denn es muss sehr frühzeitig eingesetzt werden. Das Medikament ist in vielen Praxen direkt und ohne Umweg über die Apotheken vorhanden, sodass es einen schnellen Weg zur Therapie gibt.
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
